Albrecht GlaserAfD - Erbschaftsteuer
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Erbschaft- und die Schenkungsteuer war immer prekär. Sie knüpft nicht an eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit oder an den Konsum an, sondern greift in die Vermögenssubstanz ein. Sie stellt eine legalisierte Enteignung dar.
(Beifall bei der AfD)
Da das Sterben typischerweise für Menschen eine schmerzliche Angelegenheit ist und das Schenken als ethisch positiv und sozial wertvoll angesehen wird, erstaunt immer wieder, dass diese Ereignisse bzw. Verhaltensweisen zum Anlass genommen werden für eine extrem invasive fiskalische Intervention.
(Zuruf von der AfD: Höflich formuliert! – Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn extrem: 2,7 Prozent?)
Im wirklichen Leben hatten wir zum Beispiel im Jahr 1997 das Oderhochwasser. Viele persönliche und berufliche Existenzen waren bedroht. Es gab große Hilfsbereitschaft, etwa gegenüber Handwerkern, die gerade auf die Füße gekommen waren. Verwandte, Freunde und Berufskollegen haben sich ökonomisch engagiert. Wenn durch solche Initiativen etwa für die Neuausstattung einer Werkstatt Gegenstände im Wert von 300 000 Euro schenkweise zugewendet wurden, wurde eine solche Aktion mit 84 000 Euro Schenkungsteuer belegt, sofort zu entrichten durch den Beschenkten.
Bei der Erbschaftsteuer kommen die Besonderheit des Eingriffs in den Familienverband hinzu und das Problem der Zerschlagung von Unternehmen, und zwar speziell im Mittelstand, weil bei Steuersätzen von 20 Prozent, 30 Prozent oder 40 Prozent, bezogen auf die Verkehrswerte solcher Unternehmen, solche Steuerlasten nicht getragen werden können. Dieses Problem beschäftigt das Verfassungsgericht – der Kollege hat eine Entscheidung genannt; es gibt aber mehrere zu dieser Frage – und die Gesetzgebung seit vielen Jahren unablässig. Allein zwischen 2008 und heute hat es beim Bewertungsgesetz und beim Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz jeweils über hundert Änderungen gegeben. So wird hier herumgewurschtelt!
Im derzeit behandelten Jahressteuergesetz wird erneut das Bewertungsgesetz, unter anderem in den §§ 187 und 188, geändert. Es geht dabei um Parameter der Bewertung bebauter Grundstücke. Die beabsichtigte Änderung bedeutet Werterhöhungen gegenüber dem bisherigen Bewertungsverfahren. Dies geschieht vor dem Hintergrund seit Jahren explodierender Immobilienpreise und betrifft Millionen von Bürgern. Diese Verböserung des Rechtes ist daher abzulehnen.
(Beifall bei der AfD)
Die Verteuerung von Eigentumswohnungen betrug in den letzten zehn Jahren 130 Prozent. Der Häuserpreisindex ist von 82 im Jahr 2008 auf 154 im Jahr 2021 gestiegen, also um 90 Prozent. Erstaunlicherweise gibt es darauf keine Reaktion der Bundesregierung und der Ampelkoalition. Die Wertverhältnisse haben sich seit über zehn Jahren, als die heutigen Freibeträge und Wertgrenzen festgelegt wurden, so drastisch verändert, dass vergleichbar zur Einkommensteuer das Festhalten an nominalen Werten der Vergangenheit eine Verfälschung des seinerzeitigen gesetzgeberischen Willens darstellt.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Hört! Hört!)
Es müssen also nicht nur die Freibeträge, sondern auch die Werte der progressiven Steuertarife in den drei Steuerklassen in § 19 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz angepasst werden, und dies aus verfassungsrechtlichen Gründen.
(Beifall bei der AfD)
Erstaunlicherweise nimmt der CDU/CSU-Antrag nur die Freibeträge in den Blick, was ich nicht verstehe. Stattdessen ist eine sofortige Anpassung der Wertgrenzen, aus denen sich die Tarifbelastung ergibt, und der Höhe der Freibeträge vorzunehmen – das eine tun, und das andere auch. Wir brauchen, zumal bei den obwaltenden Inflationsschüben, eine automatische Indexierung, wie wir sie auch in der Einkommensteuer anstreben und sogar seit ein paar Jahren einigermaßen ordentlich hinbekommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mehr Rechtsstaat braucht das Land!
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Nächste Rednerin: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Katharina Beck.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Dr. Götz Frömming [AfD]: Jetzt mal auf den Niveauunterschied achten!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548877 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 73 |
Tagesordnungspunkt | Erbschaftsteuer |