Fritz GüntzlerCDU/CSU - Erbschaftsteuer
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lieber Max Mordhorst, ich frage mich gerade, ob Sie dem Antrag nun zustimmen werden; denn das haben Sie nicht gesagt.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Simone Borchardt [CDU/CSU]: Er hat ihn gar nicht gelesen!)
Die Argumentation war schlüssig. Ich bedanke mich für die klaren Worte. Von daher: Stimmen Sie gleich entsprechend ab!
Als Redner ziemlich am Ende der Tagesordnung
(Maximilian Mordhorst [FDP]: Nicht der Tagesordnung! Es geht heute noch bis 3 Uhr!)
hat man ja den Vorteil, dass man sich vorher schon mal alles anhören durfte. Und ich finde es schon spannend, wie da die Argumentationslinien laufen.
Ich muss Ihnen von FDP, SPD und Grünen ganz ehrlich sagen: Sie kommen mir so ein bisschen vor wie meine Söhne. Ich kenne das von zu Hause: Wenn ich meine Söhne ertappe, dass sie irgendwas gemacht haben, was ich nicht sehen sollte, dann reagieren sie ähnlich wie Sie, nämlich völlig hektisch, planlos und aufgeregt.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich war sehr unaufgeregt, Fritz! – Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich weiß ja nicht, was bei Ihnen so los ist! – Dr. Christoph Hoffmann [FDP]: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm!)
Wo haben Sie das denn untergebracht? Sie haben versucht – oder haben es sogar gemacht; morgen soll es ja beschlossen werden –, das im Jahressteuergesetz unterzubringen, das über mehrere Hundert Seiten geht. Dort haben Sie das hinten so ganz klein reingeschrieben, damit das möglichst nicht gesehen wird. Aber da haben Sie nicht mit uns als Opposition gerechnet.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir sehen so was nämlich, weil wir eine aufmerksame Opposition sind, meine Damen und Herren.
(Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie in der Zeitung gelesen! – Zuruf von der SPD: Da muss er selber lachen! – Zuruf des Abg. Maximilian Mordhorst [FDP])
– Ich sehe ja schon wieder die Aufregung. Ich finde das gut. Es sind natürlich verschiedene Gründe, die Sie so aufregen.
Zum einen die FDP – der Kollege Brehm hat das ja schon zitiert –: Vor drei Tagen, am Montag, hat Bundesminister Lindner gesagt – das ist so schön; das muss man noch mal zitieren –:
Fürchtet euch nicht. Mit dieser Koalition und diesem Bundesfinanzminister wird es keine Steuererhöhungen geben.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Hat der eine rote Mütze auf?)
Nun machen wir mal den Faktencheck, wie das so schön neudeutsch heißt. Wir reden ja bei der Steuererhöhung nicht nur über die Erbschaftsteuer. Das erste Steuergesetz dieser Ampelkoalition war eine Erhöhung der Steuern bei den Landwirten, als die Vorsteuerpauschalierungssätze geändert worden sind.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jörn König [AfD])
Morgen beschließen wir im Jahressteuergesetz die nächste Steuererhöhung, die sogenannte Übergewinnsteuer.
(Beifall des Abg. Christian Görke [DIE LINKE] – Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Energiekrisenbeitrag!)
Die heißt bei Ihnen „Energiekrisenbeitrag“;
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
aber letztendlich machen Sie damit die nächste Steuerhöhung.
Wenn Sie das auf Europa schieben wollen, Herr Bundesfinanzminister, dann frage ich mich, wieso Sie dennoch am Montag so eine Aussage treffen konnten, weil Sie ja wussten, dass die Aussage gar nicht richtig sein kann, weil Sie die Steuern erhöhen. Es ist auch egal, warum Sie sie erhöht haben. Sie erhöhen hier permanent Steuern und handeln gegen Ihr Wahlversprechen und gegen Ihre klaren Aussagen. Das werden wir immer wieder anmerken.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)
Man hat ja die Chance, ein paar Dinge richtigzurücken. Richtig ist, dass es die Immobilienwertermittlungsverordnung gibt, die auch auf die Bewertung übertragen werden sollte; das war immer so angelegt. Aber richtig ist auch, dass die entscheidenden Parameter – das sind die Liegenschaftszinsen – völlig frei durch das Bundesfinanzministerium gewählt worden sind.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: So ist es!)
Sie sind erheblich gesenkt worden.
Wenn man sich mit Kapitalisierung auskennt, weiß man, dass die Senkung des Liegenschaftszinses von über 30 Prozent dazu führt, dass die Immobilienwerte um 30 Prozent steigen.
(Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Marktgerecht! Marktgerecht, Kollege Güntzler!)
Das wäre nicht nötig gewesen. Das hat dieses Bundesfinanzministerium gemacht, und dadurch wird es auch zu hohen Werten kommen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Schließlich ist es – das ist mehrfach angesprochen worden –, glaube ich, auch reine Logik, dass, wenn der Wert steigt – das wäre nicht ganz zu vermeiden gewesen; das gebe ich auch zu –, man dann den Freibetrag anheben muss, damit man zum gleichen steuerlichen Ergebnis kommt. Ansonsten ist es eine Steuererhöhung; denn eine Steuererhöhung ist nicht nur eine Erhöhung des Tarifs, sondern auch eine der Bemessungsgrundlage, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Es ist auch angesprochen worden, wann die Freibeträge zuletzt angepasst worden sind: Das war mit der Erbschaftsteuerreform zum 1. Januar 2009. Damals sind die Werte von 307 000 Euro auf 500 000 Euro gestiegen bzw. für Kinder von 205 000 Euro auf 400 000 Euro. Und wer war damals Bundesfinanzminister? Peer Steinbrück. Das will ich nur mal für die SPD erwähnen. Und in die Gesetzesbegründung hat Peer Steinbrück damals reingeschrieben – weil er schon der Meinung war: wenn Werte steigen, müssen auch die Freibeträge steigen; ich zitiere aus der Gesetzesbegründung –:
Die Freistellung des Familiengebrauchsvermögens orientiert sich am Wert durchschnittlicher Einfamilienhäuser.
(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Nach diesem Wert werden wir gerecht vermitteln!)
Was damals richtig war, ist heute auch richtig; von daher müssen die Freibeträge hoch. Darum hatte Friedrich Merz völlig recht, als er dies vor der Wahl geäußert hat.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Es gibt keinen Steinbrück mehr bei der SPD! Das ist das Problem!)
Außerdem möchte ich sagen: Das ist kein Geschenk des Gesetzgebers, wenn wir Freibeträge erhöhen. Sie alle erwähnen hier Bundesverfassungsgerichtsurteile; leider haben Sie den Beschluss vom 22. Juni 1995 vergessen.
(Tim Klüssendorf [SPD]: Ah!)
Ich darf den Leitsatz gerne zitieren:
Der Spielraum für den steuerlichen Zugriff auf den Erwerb von Todes wegen findet seine Grenze dort, wo die Steuerpflicht den Erwerber übermäßig belastet und die ihm zugewachsenen Vermögenswerte grundlegend beeinträchtigt ...
Auch diesen Verfassungsgrundsatz müssen wir berücksichtigen, der zwingend zur Erhöhung der Freibeträge führen müsste.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Zuruf des Abg. Michael Schrodi [SPD])
Noch mal auf den Punkt gebracht: Wer die Bewertung erhöht, muss meines Erachtens auch die Freibeträge erhöhen. Von daher ist es völlig unverständlich, dass Sie das nicht machen, und die Folgen sehen Sie ja. Das Ganze ist zurzeit ein Konjunkturprogramm für Notare.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja, da kriegen Sie keinen Termin! – Frauke Heiligenstadt [SPD]: Dann freuen Sie sich doch! – Zuruf des Abg. Michael Schrodi [SPD])
In den Kanzleien der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer und bei den Anwälten häufen sich jetzt die Fragen, weil die Menschen nervös werden, weil sie Sorge haben, zu übertragen.
(Tim Klüssendorf [SPD]: Erst machen Sie sie nervös, und dann kommen sie in Ihre Kanzlei!)
Da kommen Sie immer mit Ihrem Familienheim; ich kann Ihnen sogar den Paragrafen nennen: § 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstaben a bis c Erbschaftsteuergesetz. Es ist nicht so, dass sie ein Familienheim einfach übertragen können – Sie müssen es mindestens zehn Jahre nachnutzen –, und bei Kindern ist es auch bei Schenkung nicht zulässig, nur noch beim Erwerb von Todes wegen.
Die Lebenswirklichkeit ist doch heute so: Selbst wenn Sie es schaffen, unmittelbar in das Elternhaus zu ziehen, was ja allen zu wünschen ist, kann es doch sein, dass Sie innerhalb der zehn Jahre beruflich vom Ort A in den Ort B ziehen müssen. Dann fällt die komplette Erbschaftsteuer rückwirkend an.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das wissen die da drüben alle nicht!)
Das ist ein Fehler im System. Wir sollten mal gemeinsam darüber nachdenken, ob wir da wenigstens eine Pro-rata-Betrachtung hinbekommen; denn so einfach, wie Sie sich das vorstellen, funktioniert das nämlich nicht.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wusste ich gar nicht!)
Von daher gibt es viel zu tun.
Ich gucke noch mal in die Reihen der FDP. Mein guter Kollege aus dem Niedersächsischen Landtag, Christian Dürr, hat ja gesagt: Das geht alles schnell und unbürokratisch. – Da hat er völlig recht. Morgen steht das Jahressteuergesetz an. Entweder nehmen Sie die Bewertungsfragen da raus, oder Sie erhöhen die Freibeträge. Das wäre schnell und unbürokratisch, ganz im Sinne der Familien in Deutschland, –
Herr Kollege.
– ganz im Sinne der Vermögenden in Deutschland, die nur ein Familienheim übertragen wollen. Wir haben hier nicht über die gesamte Erbschaftsteuer diskutiert, wie es hier versucht wurde.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Frauke Heiligenstadt [SPD])
Das Wort hat Frauke Heiligenstadt für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7548887 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 73 |
Tagesordnungspunkt | Erbschaftsteuer |