01.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 73 / Tagesordnungspunkt 10

Johannes SteinigerCDU/CSU - Einführung eines Familiensplittings

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Ich weiß nicht, ob Sie das alle gehört haben. Ich finde es unmöglich, wie hier reingeblökt wird von den Kolleginnen und Kollegen der AfD. Hier wird der Kollege Schrodi als „vaterlandsloser Geselle“ beleidigt. Ich finde das eine Unverschämtheit!

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Unpatriotisch in diesem Land ist Ihre Fraktion, die sich vor wenigen Wochen noch gewünscht hat, dass es mit Deutschland bergab geht, damit Sie Ihr braunes Süppchen hier kochen können. Von daher lassen Sie bitte diese Zurufe!

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Präsidentin hat zu Beginn der Debatte darauf hingewiesen, dass wir eine Tagesordnung bis 3 Uhr heute Nacht haben und wir uns alle an unsere Redezeiten halten sollen. Eigentlich hätte man sich diese Debatte sparen können,

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

weil wir den Antrag zum Familiensplitting und den Antrag zur Umsatzsteuer genau so vor anderthalb Jahren hier im Deutschen Bundestag schon mal diskutiert haben. Ich habe mir gerade die Rednerliste angeschaut und sie mit dem Protokoll verglichen. Wir sprechen alle wieder, jedenfalls die, die damals mit dabei waren.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Ergebnis wird am Schluss nicht anders sein: Wir lehnen diesen Antrag ab.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kollegen der AfD, Sie haben letztlich kein wirkliches Interesse an der inhaltlichen Arbeit, an der Kärrnerarbeit, die zur Arbeit hier im Deutschen Bundestag dazugehört,

(Martin Reichardt [AfD]: Sagen Sie doch mal was zur Sache!)

dass man sich mal mit Experten zusammensetzt, dass man mal die Fachliteratur liest, dass man auch mal durchrechnet, was es im Einzelnen bedeutet. Das sieht man daran, dass Sie uns hier einfach diesen Copy-and-paste-Antrag vorlegen. So geht es nicht. Das ist unseriös.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich frage mich auch, wo Sie die letzten Wochen waren. Wir haben doch das Thema Kinderfreibetrag gerade erst vor wenigen Wochen diskutiert. In der Debatte über das Inflationsausgleichsgesetz hätten Sie doch zum Beispiel den Änderungsantrag über eine Erhöhung des Kinderfreibetrages auf die Höhe des Grundfreibetrages einbringen können. Das haben Sie nicht gemacht.

(Martin Reichardt [AfD]: Wir wollen ja was anderes!)

In der letzten Woche war Haushaltswoche. Wo waren eigentlich Ihre Anträge, Ihre Vorschläge, das Ganze hier zu finanzieren? Die haben wir auch nicht gesehen.

(Leni Breymaier [SPD]: Da müsste man ja arbeiten!)

Insofern: kein Interesse an inhaltlicher Arbeit. Es ist unseriös, wie Sie hier agieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Martin Reichardt [AfD]: Sie halten sich doch nur an Formalien auf, die Sie herbeireden! – Gegenruf von der SPD: Das nennen Sie Formalien?)

Bei einem weiteren Punkt hat der Kollege Schrodi recht: Wenn man die beiden Anträge vergleicht, dann fällt auf, dass es einen großen Unterschied gibt: Sie haben nämlich diesmal nicht reingeschrieben, was Ihr Vorhaben eigentlich kostet. Das kostet 67,3 Milliarden Euro.

(Martin Reichardt [AfD]: Ja, das wissen wir doch!)

Wenn man das Kindergeld noch dazunimmt, sind wir wahrscheinlich bei 70 Milliarden Euro, die diese Maßnahme kostet.

(Jörn König [AfD]: 6,7 Prozent Inflation! Das finanzieren wir ganz locker!)

Da ist es ja nochmals völlig unseriös, wenn Sie sagen: Na ja, dann sollen die Ministerien mal eine Prioritätenliste von Platz eins bis Platz zehn machen, und dann gucken wir, was wir rausstreichen. Also, Leute, der Haushaltsgesetzgeber, das sind doch wir! Der Haushalt wird in diesem Plenarsaal verabschiedet. Da müssen Sie doch mal selber Vorschläge machen, wie Sie die 67 Milliarden Euro zusammenkriegen.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Können sie doch nicht!)

Also auch hier: unseriös.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dann stellt sich ja tatsächlich auch die Frage: Ist es am Ende des Tages wirklich so monokausal, dass die Entscheidung für Kinder nur am Steuerrecht hängt? Das glaube ich nicht.

(Martin Reichardt [AfD]: Natürlich nicht nur, aber auch!)

Es gibt sehr viele andere Aspekte, beispielsweise die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Da haben wir, glaube ich, einiges zu tun.

(Beifall der Abg. Leni Breymaier [SPD] – Martin Reichardt [AfD]: Wie viele Kinder haben Sie eigentlich?)

Es geht auch um den Bereich der Kitas. Wir haben viel zu wenige Erzieherinnen und Erzieher in Deutschland.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Wir hatten vor wenigen Tagen Vorlesetag; viele von Ihnen werden auch in Ihren Kitas gewesen sein und vorgelesen haben. Ich habe mit den Kollegen vor Ort gesprochen: Wir haben zu wenig. Da sind die Bundesländer absolut gefragt, hier endlich mal mehr zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Martina Stamm-Fibich [SPD])

Ich sage das auch als Rheinland-Pfälzer. Da wurde in einem Gesetz – Kita-Zukunftsgesetz hat sich das genannt – mehr Leistung versprochen. Es wurden aber nicht mehr Erzieherinnen eingestellt, die den Bedarf ja auch abdecken müssen. Die Erzieherinnen in Deutschland sind am Limit. Die Eltern sind auf der Straße und demonstrieren. Deswegen rufen wir auch den Bundesländern zu: Macht da endlich mehr!

Das gilt aber auch da, wo wir gefragt sind, hier im Deutschen Bundestag. Manche Programme für Kitas haben wir ja auch verabschiedet – Thema Sprach-Kitas. Das Programm wollten Sie zuerst überhaupt nicht verlängern. Jetzt ist es in den Haushaltsverhandlungen noch bis Mitte des nächsten Jahres verlängert worden.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Ländersache!)

Viele Sprachförderkräfte sind mittlerweile aus den Kitas abgewandert; das berichten uns die Fachkräfte aus der Praxis. Das war sehr schlecht, was die Ampel an dieser Stelle gemacht hat.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Gerade bei der Integration wird gespart!)

Dann hören wir, dass Politikfelder an verschiedenen Stellen feministisch durchdekliniert werden: Von feministischer Außenpolitik, feministischer Wirtschaftspolitik und Steuerpolitik haben wir letztens gehört. Jetzt haben wir gesehen, dass die Familienministerin Paus den Vaterschaftsurlaub nach der Geburt, der ja eine bessere Verteilung zwischen Vater und Mutter ermöglichen soll, jetzt noch mal schiebt. Der kommt jetzt nicht 2023, wie von der EU gefordert, sondern erst ab 2024.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ist ja skandalös!)

So geht es nicht. Wo ist da eigentlich die feministische Familienpolitik dieser Ampel? Ich sehe sie nicht.

Letzter Punkt. Bei der Frage, sich für eine Familie zu entscheiden, ist ein ganz wichtiger Punkt auch das Thema Wohneigentum. Die beim Wohneigentum jetzt schon absehbare Bilanz der Ampel für die nächsten Jahre ist desaströs.

(Markus Herbrand [FDP]: Ja, ja, ja!)

Sie wollten jedes Jahr 400 000 neue Wohnungen schaffen.

(Markus Herbrand [FDP]: Wir sind doch dabei!)

Dieses Jahr sind es 250 000, nächstes Jahr wahrscheinlich nur 200 000. Für 2024 werden weniger als 200 000 prognostiziert. Das heißt, eines der zentralen Versprechen von Kanzler Olaf Scholz wird jetzt schon gebrochen. Das ist die Politik der Ampel.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ganz zum Schluss: Wir lehnen diesen Antrag natürlich ab.

(Martin Reichardt [AfD]: Sie kennen ja Familie nur aus Büchern!)

Er enthält nichts Neues. Wir freuen uns auf die Diskussion im Finanzausschuss.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548921
Wahlperiode 20
Sitzung 73
Tagesordnungspunkt Einführung eines Familiensplittings
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