01.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 73 / Zusatzpunkt 4

Andrea LindholzCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Pläne der Bundesregierung zur schnelleren Einbürgerung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Anfang dieser Woche hat die Bundesregierung ein weiteres Kapitel ihres Buches mit dem Titel „Unabgestimmte Alleingänge in der Ampel“ aufgeschlagen. Frau Faeser und Herr Scholz haben ihre Pläne für eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechtes vorgestellt, und prompt kam Widerspruch von der FDP.

(Gülistan Yüksel [SPD]: Nicht nur da!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei einem so wichtigen Thema sollte man verantwortungsvoller, sensibler und professioneller vorgehen; denn wir wissen doch, welche Debatten zu diesem Thema schon in diesem Hause geführt wurden und wie sensibel auch die Bevölkerung zu Recht bei diesen Themen reagiert. Die Staatsbürgerschaft ist das zentrale rechtliche Band, das den Bürger mit seinem Staat und ein Stück weit auch mit uns allen verbindet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber nun zur Sache. Künftig will die Ampel also die doppelte Staatsangehörigkeit generell ermöglichen. Mir ist zunächst Folgendes wichtig: Wir von der Union freuen uns grundsätzlich über jeden, der seit längerer Zeit in unserem Land lebt, der sich erfolgreich integriert hat, der hier eine Heimat gefunden hat und der dann auch Deutscher werden möchte.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich bin aber der Überzeugung, dass jemand, der Staatsbürger unseres Landes werden will, in der Regel seine alte Staatsbürgerschaft abgeben sollte. Nur in begründeten Fällen – das ist die geltende Rechtslage – soll es davon Ausnahmen geben. Das gilt etwa für Staatsangehörige aus EU-Ländern, weil wir mit ihnen eine gemeinsame Werte- und Rechtsordnung teilen. Und es gibt auch andere europäische Länder, die dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis kennen.

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist so schlimm!)

Die generelle doppelte Staatsbürgerschaft führt auch zu Loyalitätskonflikten. Ich will Ihnen nur zwei Beispiele nennen. Finden Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Ampel, es wirklich gut, wenn zum Beispiel deutsche Doppelstaatler Kriegsdienst für ein anderes Land leisten?

(Zuruf der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ist es nicht besser, wenn Staatsbürger aus autokratisch regierten Staaten ihre Staatsbürgerschaft aufgeben und sich damit auch ganz klar für unser demokratisches System entscheiden müssen?

(Beifall bei der CDU/CSU – Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unverschämt!)

Ich glaube nicht, dass die doppelte Staatsbürgerschaft die zentrale Lösung unseres Arbeitskräftemangels darstellt. Es braucht dafür andere Lösungen. Es braucht gute Strukturen in unserem Land. Es braucht finanzielle Anreize. Ein generelles Zulassen der doppelten Staatsbürgerschaft wird den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land nicht stärken, sondern schwächen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Götz Frömming [AfD]: So ist es!])

Genau das gilt auch für den zweiten zentralen Punkt Ihrer Staatsbürgerschaftsreform. Sie wollen die Fristen, wie lange jemand in Deutschland vor der Einbürgerung gelebt haben muss, nahezu halbieren.

(Zuruf des Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ausländer sollen künftig statt nach acht Jahren schon nach fünf Jahren eingebürgert werden und bei besonderen Integrationsleistungen statt nach sechs Jahren schon nach drei Jahren. So kurze Fristen widersprechen aus unserer Sicht dem Prinzip, dass die Einbürgerung das erfolgreiche Ende eines Integrationsprozesses sein sollte und nicht an dessen Anfang stehen darf. Und Sie verletzen das Prinzip von Fördern und Fordern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Integration braucht Zeit, und sie sollte nachhaltig sein. Sie sollte am Ende mit der Einbürgerung belohnt werden.

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Belohnt“! Danke für nichts! Ehrlich!)

Selbst Schweden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Ampelkoalition, das Sie uns jahrelang als modernes und fortschrittliches Land in der Einwanderungs- und Einbürgerungspolitik als Vorbild verkauft haben, genau dieses Land ist restriktiver geworden bei seiner Einwanderungspolitik. Als Antwort auf erhebliche gesellschaftliche Spannungen prüft dort nun eine Regierungskommission, die Einbürgerungsfrist von bislang fünf auf mindestens acht Jahre zu verlängern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

An dieser Stelle sollte man genau nach Schweden schauen, wenn man hier in Deutschland weitere Vorschläge unterbreitet.

Wir sollten in diesen Zeiten vorsichtig sein. Wir sollten unser Land und die Menschen nicht überfordern.

(Schahina Gambir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben 16 Jahre nichts gemacht!)

Ihren Gesetzentwurf werden wir, wenn er dann vorliegt, genau prüfen, genau analysieren; denn es gibt noch viel mehr Punkte zu klären als die beiden von mir angesprochenen. Allein schon die Halbierung der Aufenthaltszeiten ist kein Punkt, bei dem wir so mitgehen können. Wir werden Ihren Antrag und Ihren Gesetzentwurf, wenn Sie sich denn einig werden, ganz genau prüfen und dann dazu auch noch einmal Stellung beziehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geben Sie Herrn Curio bitte das Manuskript zurück, Frau Lindholz!)

Für die Bundesregierung hat das Wort die Staatsministerin Reem Alabali-Radovan.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548945
Wahlperiode 20
Sitzung 73
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Pläne der Bundesregierung zur schnelleren Einbürgerung
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