01.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 73 / Tagesordnungspunkt 11

Matthias HauerCDU/CSU - Sanktionsdurchsetzungsgesetz II

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sanktionen – zum Beispiel gegen russische Kriegsprofiteure – müssen auch in Deutschland endlich konsequent umgesetzt werden. Dieses Ziel verfehlen SPD, Grüne und FDP mit ihrem Gesetz leider, und sie handeln gegen die einhelligen Ratschläge der Fachleute. Als – Zitat – „unausgegoren, untauglich, halbherzig und behäbig“ bewertet es zum Beispiel die Gewerkschaft der Polizei. Das Gesetz ist ein Totalausfall mit Ansage.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Die Ampel blockiert Nutzungsverbote weiter, lässt also die sanktionierten Oligarchen, die Kollege Herbrand gerade erwähnt hat, weiter unbehelligt in ihren Villen wohnen und Luxusautos fahren. Keine Fortschritte gibt es auch bei den Vermögen unklarer Herkunft. Bei der Transparenz im Geschäftsverkehr begnügen Sie sich leider mit einer Minimallösung.

Herzstück des Gesetzes ist aber die neue Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung. Die soll erst einmal bei der Generalzolldirektion angesiedelt werden, aber auch das nur vorübergehend – also eine Übergangslösung nach der anderen. Die Ampel schafft ein Zuständigkeitswirrwarr und eine neue zahnlose Behörde ohne klare Kompetenzen.

(Zuruf von der AfD)

Wir als Unionsfraktion schlagen stattdessen vor, die Zuständigkeiten bei einer Zollpolizei zu bündeln und sie mit angemessenen Befugnissen auszustatten. Damit könnten Vermögen aufgespürt werden: sanktioniertes Vermögen, verdächtiges Vermögen und auch Vermögen unklarer Herkunft. Das wäre ein großer Schritt bei der Sanktionsdurchsetzung und bei der Geldwäschebekämpfung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und das bestätigen auch die Sachverständigen. Auf die Sachverständigen will die Ampel aber bekanntlich nicht hören. Als Sie das Gesetz geschrieben haben, spielten die ja auch keine Rolle. Gewerkschaften und Berufsverbände hatten damals 45 Stunden Zeit von der Ampel bekommen, um diesen knapp 100-seitigen Referentenentwurf zu bewerten.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Eine Farce!)

Damit haben Sie die Beteiligung zu einer Farce gemacht.

Als die Sachverständigen dann endlich zu Wort gekommen sind – in der öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss –, da haben die Sachverständigen kein gutes Haar an der von der Ampel vorgesehenen Struktur gelassen.

(Markus Herbrand [FDP]: Wahrscheinlich hatten sie keine Zeit mehr!)

Das hat zum Beispiel auch der SPD-Kollege Fiedler zutreffend vor wenigen Tagen bei einer öffentlichen Veranstaltung bei Transparency International festgestellt. Komisch, dass ich ihn heute auf der Rednerliste gar nicht finde; dazu hätten mich seine Ausführungen doch interessiert.

Trotz all dieser einhelligen Ratschläge der Sachverständigen ziehen SPD, Grüne und FDP diesen Totalausfall weiter durch. Sie ignorieren den fachlichen Rat der Profis. Und weil die Ampel ihr Gesetz im Finanzausschuss über den grünen Klee gelobt hat – mein Folgeredner, Dr. Zimmermann, wird das gleich auch tun; da bin ich sicher –, möchte ich mal die Sachverständigen in dieser Debatte zu Wort kommen lassen. Dafür stelle ich gerne die Hälfte meiner Redezeit zur Verfügung.

Die Gewerkschaft der Polizei – Bezirksgruppe Zoll – hat in der Anhörung gesagt: Die GdP „rät von diesem Konstrukt insgesamt ab“. Wenn diese „Behörde … keinen Unterbau“ hat, dann ist sie „vor Ort … vollkommen zahnlos“.

(Zuruf des Abg. Markus Herbrand [FDP])

„Die … Aufgaben können alle in bereits bestehenden Strukturen wahrgenommen werden.“

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter äußerte sich in der Anhörung in genau die gleiche Richtung – Zitat –: Unser Vorschlag ist, dass wir „die bestehenden Kompetenzen … nutzen“. – Der BDK sagte, dass wir es uns nicht leisten können – Zitat –, noch „Jahre auf den Aufbau und die Strukturierung einer Behörde zu verwenden“.

Auch das Netzwerk Steuergerechtigkeit hat sich der Kritik in der Anhörung angeschlossen – Zitat –: Wir haben auch mit der GdP und dem BDK „relativ ähnliche Vorstellungen …, wie das in bestehende Strukturen einsortiert werden soll“.

(Zuruf des Abg. Marcel Emmerich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Genau die gleiche Kritik kam in der Anhörung auch von der Wissenschaft. Der Strafrechtler Professor Wegner sagte – Zitat –, dass es „sinnvoller wäre, die bestehenden Strukturen … aufzuwerten“. Und auch er kritisierte die von der Ampel geplante Zentralstelle – Zitat –: „Auf keinen Fall wird es funktionieren, sich auf eine intellektuelle Kopfbehörde und deren Amtshilfeersuchen zu verlassen“.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Wirtschaftswissenschaftler Professor Winkler fasste zusammen – Zitat –: „In vielerlei Hinsicht enttäuscht dieser Entwurf uns alle, die wir im Sanktionsbereich arbeiten, massiv.“

Auch das Presseecho der Anhörung war eindeutig – Zitat –: „Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung stößt auf Ablehnung“, um nur ein Beispiel zu nennen.

Breite Ablehnung also für Ihre Strukturvorschläge. Es gab dann doch eine einzige Sachverständige, die das Gesetz nicht verbal zerrissen hat, nämlich die von der Generalzolldirektion. Zufällig genau die Stelle, bei der die Ampel diese Zentralstelle zunächst ansiedeln will.

(Zuruf von der LINKEN: Die bekommen mehr Geld!)

Und sogar diese Generalzolldirektion baut für den Fall des Scheiterns schon einmal vor. Ihre Vertreterin sagte – Zitat –:

Allerdings sehen wir Schwierigkeiten aufgrund des relativ kurzfristigen Zeitpunktes, zu dem die Arbeitsfähigkeit gesichert sein soll.

Weiter führt sie aus – Zitat –:

Für diese Aufgabe existiert kein speziell ausgebildetes Personal …, da diese Aufgabe ja vollständig neu ist.

Also selbst diejenigen, die die Aufgabe nach Wunsch der Ampel übernehmen sollen, schrauben die Erwartungen schon einmal nach ganz, ganz unten. Mit der Sanktionsdurchsetzung geht es mit der Ampel jedenfalls nicht voran.

Die Ampel weiß eigentlich selbst, dass ihr Gesetz schlecht ist. Sie hat seitenweise Protokollerklärungen verlesen, was alles noch fehlt im Gesetz. Nach dem schlechten SDG I haben Sie ein zweites angekündigt, nach dem zweiten schlechten kündigen Sie jetzt ein drittes an. Sie verbrennen bis dahin viel Steuergeld, Sie verlieren Zeit, Sie schaffen Doppelstrukturen, und das Ganze bringt keinerlei Vorteile.

Schaffen Sie stattdessen jetzt eine Zollpolizei, mit der die Durchsetzung der Sanktionen sofort funktioniert und bestehende Strukturen gestärkt werden! Dazu können Sie gerne unserem Antrag folgen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege Dr. Jens Zimmermann.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7548964
Wahlperiode 20
Sitzung 73
Tagesordnungspunkt Sanktionsdurchsetzungsgesetz II
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