01.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 73 / Tagesordnungspunkt 15

Macit KaraahmetoğluSPD - Art.82 GG - Verkündungs- und Bekanntmachungswesen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir beenden heute mit der Verabschiedung des vorliegenden Gesetzentwurfs einen Prozess, der vor ziemlich genau vier Jahren ins Rollen gekommen war. Unsere damalige Justizministerin Katarina Barley verkündete damals, ab 2022 solle das Bundesgesetzblatt nur noch elektronisch verfügbar sein. Immerhin: Wir kommen im anvisierten Jahr zu einer Einigung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Was in vielen europäischen Ländern und auch einigen Bundesländern bereits praktiziert wird, ist fortan auch auf Bundesebene Standard. Wir werden in einem neuen Stammgesetz, dem Verkündungs- und Bekanntmachungsgesetz, regeln, dass alle Gesetze und Rechtsverordnungen des Bundes im Bundesgesetzblatt künftig nur noch elektronisch, unentgeltlich und barrierefrei verkündet werden. Unser Verkündungs- und Bekanntmachungswesen kommt damit endlich im 21. Jahrhundert an. Unser Staatswesen wird moderner und digitaler, meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN und des Abg. Reinhard Houben [FDP])

Das ist ein bedeutsamer Schritt, um Recht und Verwaltung in unserem Land zu vereinfachen und die Gesetzgebung für jedermann transparenter zu machen. Wir erreichen dadurch eine schnellere Verkündung von Gesetzen und Verordnungen.

Es ist auch ein ökologisches Gesetz, das wir hier verabschieden; denn durch den Wegfall von Druck und Transport sparen wir Energie, Treibhausgasemissionen und jede Menge Papier. Justizminister Buschmann hat es dankenswerterweise einmal hochrechnen lassen und die Zahl im Rahmen der ersten Beratung genannt: Das Bundesgesetzblatt hat jedes Jahr einen Papierberg von 2,5 Kilometern Höhe erzeugt. Dieser fällt künftig weg. Das ist Digitalisierung – auch im Sinne der Nachhaltigkeit ein Kurs, den diese Koalition ganz bewusst eingeschlagen hat und konsequent hält, meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Was das schwäbische Herz besonders erwärmt: Das Gesetz steht auch finanziell auf sicheren Füßen. Nach einmaligen Ausgaben für den Digitalisierungsvorgang werden Bund und Länder in Zukunft jährlich 800 000 Euro durch wegfallende Abonnementkosten bei Gerichten, Behörden und Bibliotheken einsparen. Und wir erleichtern den Zugang für Menschen und Unternehmen in unserem Land. Niemand muss ab nächstem Jahr noch in eine Bibliothek gehen oder Gebühren zahlen, um die amtliche Fassung von Gesetzen einsehen zu können.

Mit dem vorliegenden Gesetz legen wir die Veröffentlichung von Gesetzen wieder in die Hände des Bundes und treffen Regelungen hinsichtlich der garantierten Echtheit. Ein entsprechendes qualifiziertes elektronisches Siegel wird Nutzerinnen und Nutzern der neuen Verkündungsplattform versichern, dass das Dokument tatsächlich von der amtlichen Verkündungsstelle erstellt wurde und nicht verfälscht worden ist.

Ein Aspekt, der uns als SPD-Fraktion besonders wichtig war, ist, dass dieser Gesetzentwurf sich auch klar zur Frage der Maschinenlesbarkeit im Sinne von Open Data positioniert. Ja, es gibt da derzeit noch technische Hürden. Der Gesetzentwurf zeigt aber einen klaren Fahrplan auf, der am Ende ein Dateiformat für die Veröffentlichung vorsieht, welches maschinenlesbar und automatisiert auswertbar sowie verarbeitbar sein wird.

Zwei weitere Punkte aus den Verhandlungen, bei denen wir uns erfolgreich geeinigt haben, seien noch kurz erwähnt. Es ist gut, dass in der nun vorliegenden Fassung des Verkündungs- und Bekanntmachungsgesetzes das Änderungsverbot aus § 6 Absatz 1 präzisiert wird. Es bezieht sich ausschließlich auf die gesiegelten, amtlichen Fassungen, die auf den Veröffentlichungsplattformen nicht mehr geändert werden dürfen. Zudem wird im erreichten Verhandlungsergebnis klargestellt, dass sowohl die einzelnen Ausgaben des Bundesgesetzblattes als auch das elektronisch publizierte Bundesgesetzblatt in seiner Gesamtheit frei verwertbar sind. Das schafft Rechtssicherheit für den Umgang zivilgesellschaftlicher Akteure mit den Veröffentlichungen, und das ist sehr zu begrüßen, meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Clara Bünger [DIE LINKE])

Wir schaffen parallel zu diesem Gesetz auch die verfassungsrechtliche Grundlage zur Modernisierung des Verkündungswesens, indem wir in Artikel 82 Absatz 1 des Grundgesetzes einen neuen Satz 3 einfügen, der einen ausdrücklichen Ausgestaltungsvorbehalt für den Gesetzgeber formuliert. Das klingt sehr abstrakt, bedeutet aber im Kern, dass wir von der Papierform auf ein digitales Format wechseln können. Für diese Grundgesetzänderung benötigt es eine Zweidrittelmehrheit, und ich bin froh, dass wir diese heute erzielen werden.

Meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, ich danke allen am gesetzgeberischen Verfahren Beteiligten für die intensive und konstruktive Arbeit an diesem Gesetz – auf dass es eines der letzten ist, das wir im dicken Ledereinband einer Bibliotheksausgabe wiederfinden!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank. – Jetzt dürfen Sie auch: Nächster Redner ist Philipp Amthor für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7549014
Wahlperiode 20
Sitzung 73
Tagesordnungspunkt Art.82 GG - Verkündungs- und Bekanntmachungswesen
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