01.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 73 / Tagesordnungspunkt 37i

Brian NickholzSPD - Erleichterung des Erwerbs von Wohneigentum

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! „ Es war einmal im Land der Eigentümer“: Die AfD versucht sich wieder einmal an einer Märchenstunde, und wie in jedem Märchen verstecken sich auch in diesem Antrag lauter Unwahrheiten und allerlei Kokolores.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Schauen wir uns doch mal den Antrag genauer an. Natürlich, Steuern abschaffen ist immer die Patentlösung der AfD. Hier kann man aber sehr deutlich das Märchen von Steuerentlastungen entlarven, die allen zugutekämen. Gerade bei der Grundsteuer ist das der Fall. Deswegen möchte ich mich zu Beginn genau darauf konzentrieren.

Wir haben gerade gehört, über 400 bis 500 Euro im Jahr könne sich jeder freuen. Aber ist das eigentlich so? Kriegt jeder diese Entlastung? Da ist nicht nur die Begründung im Antrag fehlerhaft, sondern auch das, was wir soeben gehört haben. Das ist Streusand im Getriebe. Und wer da die Worte „soziale Gerechtigkeit“ in den Mund nimmt, der sollte sich schämen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf des Abg. Marc Bernhard [AfD])

– Nein, das hat die Fraktion beim Tankrabatt anders diskutiert: dass immer auch kritisch ist, ob das, was wir an Entlastung über Dritte an Bürgerinnen und Bürger weitergeben, überhaupt eins zu eins ankommt.

(Marc Bernhard [AfD]: Es muss eins zu eins ankommen!)

Und hier ist es doch augenfällig, dass das nicht der Fall ist. Seien Sie doch ehrlich und sagen Sie, wer davon garantiert profitiert und wer nicht!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es sind doch die Vermögenden, diejenigen, die schon Eigentum haben, die vor allem davon garantiert entlastet werden, übrigens deutlich mehr als die 400 bis 500 Euro, weil sie viel besitzen, und diejenigen, die es nicht tun, die vielen also, profitieren entweder wenig oder gar nicht. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD – Marc Bernhard [AfD]: Bei der Nebenkostenabrechnung!)

Natürlich, Sie wollen die Wahrheit nicht hören;

(Marc Bernhard [AfD]: Nein! Sie haben keine Ahnung!)

aber das können Sie weiterhin kommentieren, das stört mich nicht.

(Marc Bernhard [AfD]: Dass Sie keine Ahnung haben?)

Es ist auch absurd, wie Sie in Ihrer Ahnungslosigkeit sagen: „Dann soll der Bund einfach mal 15 Milliarden Euro irgendwie an die Kommunen als Kompensation geben“, weil Sie damit eigentlich Stadtentwicklung dauerhaft verhindern, weil Sie einen Stand heute festzementieren wollen in diesem Land.

Aber wir wollen Stadtentwicklung, wir wollen eine Selbstverwaltung der kommunalen Familie. Dafür ist die Grundsteuer – das haben Sie als Einziges in Ihrem Antrag richtig beschrieben – nämlich das wichtigste Instrument, die Haupteinnahmequelle, und die wollen Sie den Kommunen nehmen. Diesen Spielraum wollen Sie den Kommunen nehmen. Das führt einfach zu einem Abbau an Infrastruktur, einem Abbau an Demokratie vor Ort, und das schwächt unseren Staat. Das können sich vielleicht Reiche leisten, aber die Mehrheit in diesem Land kann es sich eben nicht leisten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mal eine ganz andere Frage, die vielleicht auch zu stellen ist und die Sie sich auch mal stellen sollten: Will wirklich jeder Eigentum in diesem Land, will jeder eine Eigentumswohnung, ein eigenes Haus?

(Zuruf des Abg. Marc Bernhard [AfD])

Sie haben selber gesagt, über 25 Prozent wollen das nicht, und das in einer Umfrage, die sehr eigentumsfreundlich ist, was klar wäre, wenn Sie die Quelle benannt hätten.

Und deswegen: Es gibt immer mehr verschiedene Wohnformen, und das ist zu berücksichtigen. Eine Politik, die auf der Höhe der Zeit ist, berücksichtigt das. Unsere Bauministerin hat auch schon bei mehreren Anlässen dargestellt, dass wir darauf reagieren, die Vielfältigkeit des Wohnens zu fördern, und das ganz konkret.

Und deswegen einmal zu ein paar Maßnahmen, die wir hier auf den Weg gebracht haben und noch auf den Weg bringen: 1 Milliarde Euro jährlich für den sozialen Wohnungsbau; eine neue Wohneigentumsförderung ab nächstes Jahr, 350 Millionen Euro; ein neues Förderprogramm „Klimafreundliches Bauen“ mit 650 Millionen Euro; die Bundesförderung genossenschaftlichen Wohnens ist schon im Oktober gestartet; das KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“ und im nächsten Jahr das Thema „Neue Wohngemeinnützigkeit“ und ein Programm „Junges Wohnen“, gerade auch mit Blick auf Azubis und Studierende, die sich das Wohnen vielleicht anders vorstellen als alte Herren hier im Bundestag. Aber es gibt auch viele, die das wissen und die auf die Jungen hören; nur da sitzen sie leider nicht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und all das führt doch immer zu einer Konsequenz: Wir brauchen Wohnraum für alle, und er muss bezahlbar sein. Und genau das ist es, was wir mit dem Bündnis für bezahlbaren Wohnraum mit über 180 Maßnahmen umsetzen, die wir im Oktober auf den Weg gebracht haben, Maßnahmen, die wir jetzt nach und nach umsetzen. Zum sozialen Mietrecht, das viele strukturelle Probleme lösen wird, wird der Bundesjustizminister uns bald – da bin ich mir sicher – auch einen Entwurf vorlegen. Dazu gehört natürlich auch das Wohngeld, das übrigens zu deutlich mehr Entlastung für Familien führt als der Vorschlag, den Sie hier skizziert haben.

Da hilft es übrigens nicht, wenn wir uns auf allen Ebenen beim Wohngeld gegenseitig mit dem Finger zuweisen, wer jetzt für die Umsetzung der Reform verantwortlich ist. Klar, es ist gesamtstaatliches Handeln, von der kommunalen Ebene bis zur Landesebene und zum Bund. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten, und das werden wir auch tun.

Eine solche Debatte zum Thema Wohnen zu führen, ohne über die Leute zu sprechen, denen es vollkommen egal ist, ob es um eine Eigentumswohnung oder eine Mietwohnung geht, weil sie gar kein Dach über dem Kopf haben, und dann soziale Gerechtigkeit zu propagieren, das ist ein Unding. Wir haben über 300 000 Menschen in Deutschland, die von Wohnungslosigkeit betroffen sind; wir haben noch mehr Menschen, die davon bedroht sind. Die müssen wir im Blick haben, denen müssen wir helfen. Das machen wir mit dem Nationalen Aktionsplan Wohnungslosigkeit im nächsten Jahr ganz konkret.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Daniel Föst [FDP])

Zum Schluss möchte ich noch mal ganz klar sagen: Wohnen ist ein Menschenrecht, ein Recht, welches noch nicht für alle verwirklicht ist. Deshalb brauchen wir unsere gesamte Aufmerksamkeit bei diesem Thema und nicht bei solch unsinnigen Anträgen der AfD. Deswegen lehnen wir den Antrag auch entschieden ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Nächste Rednerin in dieser Debatte ist für die CDU/CSU-Fraktion Anne König.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7549026
Wahlperiode 20
Sitzung 73
Tagesordnungspunkt Erleichterung des Erwerbs von Wohneigentum
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