02.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 74 / Tagesordnungspunkt 30

Andrea LindholzCDU/CSU - Änderung des Aufenthaltsgesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir brauchen in Deutschland eine umsichtige Asylpolitik und einen Rechtsstaat, der sich ernst nimmt und der keine Fehlanreize setzt. Genau diese Voraussetzungen erfüllt dieser Gesetzentwurf nicht. Ich empfehle hier auch gerne mal, in die Anhörung und die Stellungnahmen der Sachverständigen hineinzuschauen.

(Clara Bünger [DIE LINKE]: Da bin ich aber gespannt!)

Deutschland gehört seit Jahren zu den wichtigsten Aufnahmeländern weltweit. Nur die Türkei und Kolumbien beherbergen heute noch mehr Flüchtlinge als wir. Diese humanitäre Leistung lässt sich nicht unbegrenzt ausweiten, und deshalb sollten wir uns auf die wirklich Schutzberechtigten fokussieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei dem Gesetzentwurf geht es um ausreisepflichtige Ausländer. Und ja, es gibt Ausnahmen, in denen man pragmatische Lösungen braucht. Die Ampel tut aber so, als ob ausreisepflichtige Ausländer, die sich gut integriert haben, in unserem Land keine Chance hätten, und diese Behauptung ist falsch.

(Zuruf des Abg. Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Von den rund 830 000 abgelehnten Asylbewerbern, die im Ausländerzentralregister registriert sind, haben heute 75 Prozent einen regulären Aufenthaltstitel. Und warum ist das so? Weil auch mit uns, weil auch mit der Union in der vergangenen Legislaturperiode längst pragmatische Lösungen gefunden worden sind.

(Beifall bei der CDU/CSU – Beatrix von Storch [AfD]: Schlimm genug!)

Unser geltendes Aufenthaltsrecht belohnt gute Integration auch bei Ausreisepflichtigen. Ein Bleiberecht gibt es zum Beispiel, wenn man einen qualifizierten Beruf ausübt oder wenn man eine Berufsausbildung absolviert hat. Es gibt Ausnahmen für gut integrierte Jugendliche unter 21 Jahren, für Familien und gut integrierte Erwachsene.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber die zentrale Voraussetzung für diese Chance ist, dass die Betroffenen zunächst ehrlich sagen, wer sie sind, woher sie kommen und wie sie heißen. Genau mit diesem Prinzip will die Ampel jetzt brechen. Für uns gilt: Erst Identitätsklärung, dann Chance, und nicht umgekehrt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Ampel will ausreisepflichtigen Menschen auch dann ein Aufenthaltsrecht geben, wenn sie in Bezug auf ihre Identität aktiv getäuscht oder die Mitwirkung an der Identitätsklärung verweigert haben.

(Zuruf der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, belohnen damit die Falschen. Sie belohnen Identitätstäuscher, und Sie diskriminieren alle Ausländer, die sich bei ihrer Einreise an Recht und Gesetz halten und ihren Pass vorlegen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch wer seinen Pass verloren hat und keinen Ersatz beschaffen kann, kann seine Identität schon nach den jetzt geltenden Regeln mit anderen Mitteln belegen. Für uns und für das Gesetz entscheidend ist der Wille zur Mitwirkung. Sie wollen jetzt die Personen belohnen, die fünf Jahre lang diesen Willen nicht gezeigt haben.

(Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

Sie nehmen damit den Anreiz, an der Identitätsklärung mitzuwirken. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist fatal.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Mindestens genauso fatal ist Ihre Anhebung der Altersgrenze von 21 auf 27 Jahre für Jugendliche, die auch mit der jetzigen Rechtslage eine Chance haben, obwohl Sie genau wissen, dass zwei Drittel aller unberechtigten Asylbewerber junge Männer in diesem Alter sind.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Genau!)

Diese Gruppe soll nach Ihnen künftig schon nach drei Jahren ein Bleiberecht erhalten, auch wenn sie nicht schutzbedürftig ist.

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das jetzt mit jungen Männern zu tun?)

Der Entwurf von Frau Faeser hätte sogar dazu geführt, dass man direkt von der Ablehnung in den legalen Aufenthalt gerutscht wäre. Das haben Sie ja in letzter Minute gerade noch gestoppt und diesen krassen Fehler notdürftig repariert.

(Zuruf des Abg. Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber was zeigt uns das? Das zeigt uns, dass Sie an wirklicher und echter Rückführung nicht interessiert sind. Die Ampel und vor allen Dingen die FDP reden hier seit Monaten von ihrer Rückführungsoffensive. Fakt ist, dass Sie nach einem Jahr noch nicht mal einen Rückführungsbeauftragten benannt haben. Ihre Detailregelung zur Abschiebehaft heute ist nichts anderes als ein Feigenblatt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)

Seit September 2021 liegt die Evaluation des Geordnete-Rückkehr-Gesetzes, das noch wir verabschiedet haben, vor, und die Länder haben viele Maßnahmen in diesem Gesetz begrüßt und weitere Maßnahmen vorgeschlagen. Fragen Sie sich mal, warum Sie keinen einzigen dieser guten Vorschläge aufgreifen:

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sie haben ja auch keine gemacht! – Zuruf der Abg. Reem Alabali-Radovan [SPD])

weil Sie aus ideologischen Gründen überhaupt keine Rückführung wollen! Im Grunde lehnen Sie sie ab. Und Ihr hier heute eingebrachtes Gesetz hat schon dazu geführt, dass in Baden-Württemberg ein Gericht mit Verweis auf Ihren Gesetzentwurf eine Rückführung ausgesetzt hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie belohnen die Falschen. Wir als Union stehen für einen glaubwürdigen Rechtsstaat. Wir stehen für eine Asylpolitik, die von Humanität und Ordnung geprägt ist. Und das ist auch der Grund, warum wir Ihren Gesetzentwurf hier und heute ablehnen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie von der Union sind völlig gespalten in der Frage!)

Nächste Rednerin: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Filiz Polat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7549128
Wahlperiode 20
Sitzung 74
Tagesordnungspunkt Änderung des Aufenthaltsgesetzes
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