02.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 74 / Tagesordnungspunkt 30

Silke LaunertCDU/CSU - Änderung des Aufenthaltsgesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Neustart in der Migrationspolitik, modernes Einwanderungsrecht,

(Rasha Nasr [SPD]: Ja! Wird Zeit, ne?)

Integrationspolitik der Zukunft – das sind wirklich sehr schöne Worte, mit denen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampelregierung, das Chancen-Aufenthaltsrecht bezeichnen.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist ein gutes Gesetz!)

Aber es geht nicht darum, ob etwas modern, toll, neu, schön formuliert ist.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee! Ob es gut ist!)

Es geht bei der Migrationspolitik darum, ob sie von Verantwortungsbewusstsein und Weitblick geleitet ist,

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Genau! – Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es macht einen Unterschied zu Ihrer Politik! Einen sehr großen!)

ob die Folgen analysiert wurden, und zwar nicht nur die unmittelbaren Jetztfolgen, sondern auch die für die nächsten Jahre, mit all den damit zusammenhängenden Aspekten wie Wohnungssituation, den Kosten usw. Das gilt auch für die Folgen für die Wirtschaft. Alles muss genau analysiert werden, und diese ausreichende Prüfung habe ich bei diesem Gesetzentwurf nicht ansatzweise feststellen können.

(Beifall bei der CDU/CSU – Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir gemacht!)

Wir reden hier nicht über die Fachkräfteeinwanderung; dazu haben Sie ja einen eigenen Entwurf. Wir reden hier nicht über das Staatsbürgerschaftsrecht; dazu hatten wir gestern schon eine Debatte. Wir reden über die, die aus der ganzen Welt zu uns kommen, verständlicherweise eine Chance wollen, „Asyl“ sagen, allerdings abgelehnt werden und abschoben werden müssen.

(Zuruf der Abg. Clara Bünger [DIE LINKE])

Über die reden wir. Für diese Gruppe ist der zukünftige § 104c Aufenthaltsgesetz letztlich nichts anderes als ein Amnestiegesetz. Er sagt ganz klar: Die Rechtsuntreuen, die ihre Identität lange verschleiert haben, zum Teil sogar getäuscht haben, die profitieren.

(Rasha Nasr [SPD]: Stimmt nicht! – Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsinn! Stimmt doch gar nicht!)

Das wurde in der Anhörung thematisiert. Schade, dass Sie nicht in der Anhörung waren. Der Sachverständige hat ganz klar ausführt, wer von § 104c profitiert:

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

die, die getäuscht haben und/oder lange nicht aktiv mitgewirkt haben;

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und auf die konzentrieren Sie sich?)

denn für die anderen gibt es schon ganz viel. Die SPD hat alles vergessen, was sie in den letzten Legislaturperioden gemacht hat. Ein Beispiel ist die Ausbildungs- bzw. Beschäftigungsduldung. Wir haben § 25 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz. Nach 18 Monaten Duldung und wenn jemand nichts dafür kann, dass er nicht abgeschoben wird, bekommt er eine Aufenthaltserlaubnis. Es gibt schon mehr, als man glaubt.

Lassen Sie mich kurz das Bundesverfassungsgericht zitieren:

Eine Rechtsordnung, die sich ernst nimmt, darf nicht Prämien auf die Missachtung ihrer selbst setzen. Sie schafft sonst Anreize zur Rechtsverletzung,

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

diskriminiert rechtstreues Verhalten … und untergräbt damit die Voraussetzungen ihrer eigenen Wirksamkeit.

Kurz: Der Ehrliche darf nicht der Dumme sein. Auch diese Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts müssen Sie beachten. Wir müssen irgendwo glaubwürdig bleiben, obwohl wir auch viele Chancen geben wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)

Die weitreichendsten Folgen – das wurde auch in der Anhörung deutlich – ergeben sich allerdings aufgrund der Änderungen in den §§ 25a und 25b. Ich kann die vielen Beispielfälle über die „Alles super toll“-Integrierten nicht mehr hören.

(Anke Hennig [SPD]: Das sollen Sie auch nicht!)

Die können übrigens meistens schon bleiben. Für die sind wir dankbar.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie haben recht: Unser Arbeitsmarkt braucht sie. Aber die §§ 25a und 25b sagen genau das nicht. Da hätte ich mir von der FDP wahrlich mehr erwartet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In der Anhörung waren die Voraussetzungen ganz klar: drei Jahre hier und bis zum Alter von 27. Als Heranwachsende zählen dieser Ampel hier plötzlich alle bis 27, im Strafrecht bis 21, wählen darf man ab 16. Aber die, die alle kommen, dürfen bis 27 bleiben.

(Stephan Thomae [FDP]: „Junge Erwachsene“ sagen wir!)

„Drei Jahre zur Schule“ ist Ihnen um die Ohren geflogen. In der Anhörung haben Sie versucht, es etwas abzuschwächen mit der zwölfmonatigen Vorduldung; das ändert aber nichts.

(Zuruf des Abg. Stephan Thomae [FDP])

Aufenthaltsrecht nach drei Jahren Schule! Sie wissen alle, wie lange das Verfahren dauert. Zusammen mit „zwölf Monate nicht abgeschoben“ heißt das: Nach drei Jahren dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland. Wenn das keine Signalwirkung hat!

(Dr. Michael Espendiller [AfD]: Ja!)

Dann haben wir noch § 25b. Da haben Sie auf diese zwölf Monate Vorduldung gleich ganz verzichtet. Es reichen also mit Kind vier Jahre in Deutschland.

(Stephan Thomae [FDP]: Ohne Kind sechs Jahre!)

Wenn sie es dann schaffen, das Sprachniveau A2 und einen 600-Euro-Job zu haben: dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland.

(Anke Hennig [SPD]: Ein Kind, das in Deutschland geboren ist, sollte automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit bekommen! Das ist überall in der Welt so!)

Das sind Signale! Das muss man doch sehen!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Das wird Auswirkungen haben, und das gerade in der aktuellen Zeit, wo die Bürgermeister und Landräte nicht wissen, wie sie die Asylsuchenden unterbringen sollen.

(Zuruf der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Verantwortung heißt: Humanität, aber auch mit den Ressourcen vernünftig umgehen. Wir wollen denen helfen, die wirklich Hilfe brauchen, aber wir können nicht die ganze Welt einladen.

(Widerspruch bei der SPD – Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer lädt die ganze Welt ein?)

Schöne Worte, hört sich toll an, Marketing perfekt – aber im Ergebnis ist es nicht gut geworden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Nächste Rednerin: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Katrin Göring-Eckardt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7549134
Wahlperiode 20
Sitzung 74
Tagesordnungspunkt Änderung des Aufenthaltsgesetzes
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