Angelika GlöcknerSPD - Barrierefreiheit und inklusiver Sozialraum
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, morgen ist der 3. Dezember, der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen. Es ist ein Aktionstag, an dem alljährlich in der Öffentlichkeit versucht wird, das Bewusstsein zu erneuern und zu schärfen, dass sich Menschen mit Behinderungen im Alltag noch immer zu vielen Barrieren gegenübersehen: sei es die Treppe im Eigenheim, der viel zu klein geschriebene Beipackzettel, die fehlende Gebärdensprache oder auch ein hoher Bordstein im öffentlichen Raum. Trotz vieler Fortschritte: Es gibt noch viele Barrieren zu beseitigen. Das ist und bleibt eine wichtige Aufgabe.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die CDU/CSU hat beantragt, mehr Tempo zu machen beim Ausbau der Barrierefreiheit. Die Überschrift des Antrags hört sich sehr ambitioniert an, doch wenn man den Antrag liest, dann merkt man schnell: Sie stehen noch immer auf der Bremse. Ich will das mal an einem Punkt aufzeigen, den Sie aufgeschrieben haben. Sie fordern schnellere Änderungen beim Personenbeförderungsgesetz, mehr Barrierefreiheit im ÖPNV. Abgesehen davon, dass wir das Thema bereits auf dem Schirm haben: Dieses Gesetz haben wir in der gemeinsamen Koalition zuletzt im Jahr 2021 geändert. Ich muss Sie schon mal ganz ehrlich fragen: Warum haben Sie diese Änderungen nicht schon damals eingepflegt, wenn es Ihnen jetzt nicht schnell genug geht? Erst auf der Bremse stehen, jetzt Tempo machen – das passt nicht zusammen, das wirkt einfach unglaubwürdig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Jens Beeck [FDP] – Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Na ja, Sie waren ja schon noch dabei!)
Weiterhin fordern Sie mehr Personal beim Service an den Fernbahnhöfen. Ich will für meine Fraktion, die SPD, ganz klar sagen: Wir wollen, dass Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt reisen können; das ist überhaupt kein Thema. Aber dieser Punkt in Ihrem Antrag ist nicht durchdacht, vor allen Dingen nicht bis zum Ende. Sie wissen schon, dass die Bahn auch ein Fachkräfteproblem hat.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wenn das das einzige Problem wäre, das die Bahn hat!)
Was sind denn eigentlich die Lösungen, die Sie anbieten? Wir arbeiten an Lösungen, und wir legen konkrete Beschlüsse auf den Tisch: heute Morgen das Chancen-Aufenthaltsgesetz, das Bürgergeld-Gesetz. Wir setzen das Fachkräfteeinwanderungsgesetz aufs Gleis. Wir tun alles für zusätzliche Fachkräfte. Und Sie? Sie blockieren.
(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Ja, ja! Reden Sie doch nicht so einen Schmarrn! – Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Das Bürgergeld-Gesetz ist also ein richtig gutes Beispiel! – Gegenruf der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch, das ist gerade ein gutes Beispiel! Gutes Beispiel für die Blockade der Union!)
– Ja, aber mit vielen Umwegen, Herr Oellers; das müssen Sie auch schon sagen.
Ich will auch noch mal darauf hinweisen: Demnächst werden wir in diesem Haus auch einen Gesetzentwurf beraten, der eine erhöhte Ausgleichsabgabe vorsieht. Dies ist auch unbedingt und dringend notwendig; denn noch immer gibt es sehr viele Unternehmerinnen und Unternehmer, die trotz Beschäftigungspflicht niemanden, der eine Behinderung hat, in ihrem Haus beschäftigen wollen. Das ist doch ein Punkt, auf den Sie in Ihrem Antrag überhaupt nicht zu sprechen kommen. Aber ohne eine höhere Ausgleichsabgabe werden wir die Barrieren für Menschen mit Behinderungen hin zum allgemeinen Arbeitsmarkt nicht überwinden können. Deswegen bin ich froh, dass wir das jetzt aufs Gleis setzen.
(Beifall bei der SPD)
Die Bundesregierung hat auch die Bundesinitiative Barrierefreiheit aufs Gleis gesetzt und ein Eckpunktepapier beschlossen.
In allen Bereichen – das wurde mehrfach erwähnt – werden wir das Thema Barrierefreiheit anpacken, gemeinsam mit Ländern und Kommunen und selbstverständlich auch unter Mitwirkung der Menschen mit Behinderungen, was in Ihrem Antrag überhaupt nicht erwähnt wird.
Ich fasse zusammen. Nach gut einem Jahr Regierungszeit haben wir ein gutes Paket vorgelegt, um Barrierefreiheit zu schaffen. Es ist ein umfassendes Paket. Ihr Unionsantrag ist meines Erachtens nicht bis zum Ende gedacht. Er ist nicht konkret genug, er wird nicht wirken. Nach heutigem Stand ist er aus meiner Sicht nicht zustimmungsfähig. Ich freue mich aber dennoch auf die weiteren Beratungen.
Herzlichen Dank und ein schönes Wochenende.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun Dr. Stefan Nacke das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549194 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 74 |
Tagesordnungspunkt | Barrierefreiheit und inklusiver Sozialraum |