14.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 75 / Tagesordnungspunkt 1

Axel SchäferSPD - Regierungserklärung zum EU-ASEAN-Gipfel und EU-Rat

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der letzten Rede muss man feststellen: Es kann sein, wenn man lebenslang Stalinist ist und im Alter dann rechtsextrem wird, dass das beides sehr, sehr nahe beieinanderliegt. Trotzdem ist das tragisch und dramatisch. Wir müssen gemeinsam aufs Schärfste zurückweisen, was Herr Farle gerade gesagt hat.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Henning Rehbaum [CDU/CSU] – Zuruf des Abg. Robert Farle [fraktionslos])

Reden wir über Europa, und reden wir darüber, was getan werden muss, damit es gelingt! Olaf Scholz hat in seiner Prager Rede zu Recht gesagt: Damit Europa gelingt, brauchen wir Mehrheitsentscheidungen. Was Einstimmigkeit in der Praxis bedeutet, haben wir ja gesehen: Orban war in der Lage, die Ukraine in Bezug auf die Hilfen in Geiselhaft zu nehmen. Es war gut, dass wir es jetzt geschafft haben, zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Es war übrigens auch gut, dass in diesem Hause ganz viele zehn Jahre lang auf die Union eingeredet haben, Herrn Orban aus der christdemokratischen Familie auszuschließen; irgendwann ist er dann freiwillig gegangen. Ich erinnere mich sehr gut daran, wie viele Pilgerzüge es von München aus nach Budapest gegeben hat, um Orban zu unterstützen.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Sagen Sie doch mal, wie viele!)

Ich hoffe, das ist bei der Union ein für alle Mal vorbei.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Reden wir auch über die Praxis des Bundeskanzlers! Er hat schon als Finanzminister zusammen mit dem französischen Finanzminister Bruno Le Maire für globale Mindeststeuern bei Unternehmen gekämpft. Dafür hat es dann eine Mehrheit gegeben, und jetzt haben wir das – auch wieder gegen die Blockade Ungarns – innerhalb der Europäischen Union erreicht. Das ist ein großer Erfolg in der Europapolitik für diese Bundesregierung und für diesen Bundeskanzler.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Kollege Merz, es ist ja leicht, zu behaupten, man wisse, wie in anderen Ländern zurzeit über die Bundesregierung bzw. über angebliche Unzuverlässigkeiten geredet wird.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das können auch Sie wissen!)

Ich habe in diesem Haus als Einziger das Privileg, sowohl in der Zukunftskonferenz Europas mit Parlamentarierinnen und Parlamentariern der EU als auch in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats – dort sind 46 Staaten vertreten – zu wirken. Ich weiß sehr wohl, wie Parlamentarierinnen und Parlamentarier in den Mitgliedsländern über uns denken, was sie von Deutschland halten und erwarten. Das, was Sie gesagt haben, ist pauschal, oberflächlich und in der Konsequenz auch falsch.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Nein, das ist es nicht, lieber Axel Schäfer! Das ist das Bild, das im Augenblick von uns hier in Europa existiert!)

– Lieber Gunther Krichbaum, ich bin auch in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. Mein Blick geht also schon ein bisschen weiter als nur auf die Zukunftskonferenz.

(Zuruf des Abg. Gunther Krichbaum [CDU/CSU])

Bleiben wir genau bei diesem Punkt. Wir haben in der Zukunftskonferenz gesagt: Wir müssen die Bürgerinnen und Bürger stärker beteiligen. Ein zentraler Punkt, um die Demokratie zu entwickeln, ist das Wahlalter, das heißt die Einbeziehung jüngerer Menschen. In Deutschland ist es gelungen, das Wahlalter für die Bundestagswahl von 25 über 21 auf 18 Jahre zu senken. Die CDU/CSU verweigert sich einer weiteren Absenkung. Das heißt, sie gibt vielen Millionen jüngeren Menschen nicht die Chance auf politische Partizipation. Wir haben in Europa die Forderung, dass eine weitere Absenkung realisiert wird. Wir haben deshalb hier im Bundestag dafürgestimmt, dass an der nächsten Direktwahl des Europäischen Parlaments im Jahr 2024 auch 16-Jährige teilnehmen dürfen. Das haben wir in der Zukunftskonferenz gemeinsam so gefordert und hier im Bundestag beschlossen, und die Union hat geschlossen gegen diese Forderung gestimmt. Hier kann man ganz genau sehen, inwieweit Europa von Ihnen getragen und vorangebracht wird.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist wichtig, an dieser Stelle deutlich zu machen: Wir haben in diesem Jahr, im Jahr der größten Herausforderung Europas seit 1945, bewiesen, dass wir handlungsfähig sind. Wir haben bewiesen, dass wir dieses Europa zusammenhalten. Deshalb war es in diesem Jahr so entscheidend, eine Koalition aus Freien Demokraten, Grünen und Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zu haben, und so soll es auch bleiben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Kollege Schäfer, Sie haben gerade den Abgeordneten Farle als Person angegriffen. Wir haben vereinbart, uns nicht gegenseitig mit Ausdrücken zu beschimpfen. Deshalb will ich sagen: Das ist zumindest unparlamentarisch. Ich schaue mir aber im Nachgang die genaue Formulierung im Protokoll noch mal an.

Nächste Rednerin: für die CDU/CSU-Fraktion Patricia Lips.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7549309
Wahlperiode 20
Sitzung 75
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum EU-ASEAN-Gipfel und EU-Rat
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