Martin PlumCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Bedrohung durch Netzwerke von Reichsbürgern und Rechtsextremisten
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie alle Richterinnen und Richter in unserem Land habe auch ich an meinem ersten Arbeitstag geschworen, mein Amt getreu dem Grundgesetz auszuüben. Die Treue zur Verfassung ist dem Richteramt immanent, genauso wie dem Beamten- und Soldatenverhältnis; denn gerade diejenigen, die im Dienst unseres Staates stehen, müssen sich zu unserem Staat bekennen, aktiv für ihn eintreten und sich von allen Staatsfeinden distanzieren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Diese Verfassungstreue war und ist nicht nur für mich, sondern für fast alle Beamten, Richter und Soldaten in unserem Land selbstverständlich. Das zeigt auch und gerade der Einsatz der vergangenen Woche, und das kann an dieser Stelle nicht oft genug gesagt werden. Wir dürfen dankbar für die Leistung der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Frau Kollegin Mihalic, an dieser Stelle möchte ich schon noch etwas zu Ihrer Einlassung sagen, wir hätten tagelang geschwiegen:
(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, stimmt ja auch!)
Sie verdrehen die Tatsachen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann hat denn Herr Merz reagiert? – Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn Friedrich Merz? – Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo war denn Friedrich Merz?)
Ich darf daran erinnern, wer die Sondersitzungen von Innen- und Rechtsausschuss beantragt hat: die Union. Ich darf daran erinnern, wer sich dagegen ausgesprochen hat: die Ampel. Und ich darf daran erinnern, wer bereits am Samstag diese Aktuelle Stunde beantragt hat: die Union.
(Beifall bei der CDU/CSU – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau so ist es!)
Wer diese Tatsachen hier nicht zur Kenntnis nimmt, der stellt sie auf den Kopf.
Die Festnahmen der vergangenen Woche zeigen aber leider auch, dass Verfassungstreue für einige Beamten, Soldaten und Richter eben nicht selbstverständlich ist. Wer hier von Einzelfällen spricht, verkennt die Gefahr, die von diesen Personen für unseren Staat ausgeht. Er verkennt, dass sich unser Staat gerade in Zeiten, in denen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung von Extremisten und Populisten im Inneren und von Autokraten im Äußeren infrage gestellt und bekämpft wird, uneingeschränkt auf jede und jeden verlassen können muss, der in seinem Dienst steht. Für uns als Union ist deshalb ganz klar: Klare Kante gegen alle Staatsfeinde im öffentlichen Dienst!
(Beifall bei der CDU/CSU)
„Klare Kante“, das heißt erstens, dass wir bei unseren Sicherheits- und Justizbehörden verbindliche Sicherheitsüberprüfungen vor der Einstellung brauchen, damit Staatsfeinde erst gar nicht Staatsdiener werden, zweitens, dass wir auch nach der Einstellung regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen brauchen, damit wir Staatsfeinde im Staatsdienst früher erkennen, drittens, dass wir die Regelung der Union in Baden-Württemberg, Disziplinarmaßnahmen durch Verwaltungsakt statt durch Disziplinarklage zu ermöglichen, ernsthaft prüfen, damit Staatsfeinde einfacher aus dem Staatsdienst entfernt werden können,
(Zuruf des Abg. Sebastian Hartmann [SPD])
und viertens, dass gerade wir Abgeordnete in Anbetracht des Falls Birgit Malsack-Winkemann überlegen müssen, ob unser Schutz vor straf- und dienstrechtlicher Verfolgung ein Freifahrtschein für Staatsfeinde zurück in den Staatsdienst sein darf.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf des Abg. Sebastian Hartmann [SPD])
Wir begrüßen daher, dass die Bundesinnenministerin einige dieser Vorschläge aufgreifen möchte. Aber, Frau Bundesinnenministerin, an dieser Stelle muss auch eines noch mal klargestellt werden: Die Beweislast dafür, dass, wie Sie es gesagt haben, ich anständig bin und mir nichts habe zuschulden kommen lassen, trägt in unserem Staat weder der Bewerber noch der Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Denn eine solche Beweislastumkehr würde alle Bewerber und Beschäftigten unter einen Generalverdacht stellen, obwohl fast alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es war deshalb auch dringend notwendig, dass Sie sich eindeutig von Ihren eigenen Aussagen distanziert haben.
Aber ich erwarte von einer Bundesministerin, zumal von einer Verfassungsministerin, die selbst Juristin ist, dass sie sich auch etwas umgangssprachlich im Fernsehen ausdrücken kann.
(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit erhobenem Zeigefinger ist nicht so gut!)
Und ich kaufe Ihnen diese Entschuldigung auch nicht ab; denn Sie haben hier in diesem Saal am 16. März 2022 auf die Frage des Kollegen Hartmann erklärt – ich zitiere wörtlich aus dem Plenarprotokoll –:
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau! Genau so ist es!)
Wir wollen insbesondere das Disziplinarrecht und wahrscheinlich auch das Beamtenrecht insoweit ändern, dass wir beispielsweise – das treibt mich schon seit Langem um – die Möglichkeit schaffen, die Beweislast umzukehren.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau!)
War das etwa auch etwas umgangssprachlich erklärt, Frau Faeser?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Richtereid ist für mich nach meiner Wahl in dieses Haus wichtiger denn je; denn gerade wir als Mitglieder eines Verfassungsorgans haben uns zu unserem Staat zu bekennen und unsere Verfassung aktiv zu verteidigen. Ich würde mir wünschen, dass wir das vielleicht in Zukunft auch, wie viele Landtage und andere Mitglieder der Verfassungsorgane, durch eine entsprechende Verpflichtung tun.
Staats- und Verfassungsfeinde haben auch in diesem Haus keinen Platz. Wer in diesen Tagen im Zusammenhang mit der Aufdeckung der Umsturzpläne rechtsterroristischer Reichsbürger von „Inszenierung“ faselt, wer hier über den Irrglauben der vorläufig Festgenommenen sinniert und wer ihre Pläne als „Rollator-Putsch“ und „Fake-Staatsstreich“ abtut, der steht nicht aufseiten unseres Staates und unserer Verfassung, der steht aufseiten der Staats- und Verfassungsfeinde.
(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)
Und wer dort steht, ist keine Alternative, sondern eine Schande für Deutschland!
(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schämen sollte der Herr Curio sich! – Zuruf von der AfD: Wir stehen nicht auf Ihrer Seite! Das wollen wir mal klarstellen!)
Elisabeth Kaiser hat das Wort für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Christian Dürr [FDP])
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 20 |
Session | 75 |
Agenda Item | Aktuelle Stunde - Bedrohung durch Netzwerke von Reichsbürgern und Rechtsextremisten |