Michael BreilmannCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Bedrohung durch Netzwerke von Reichsbürgern und Rechtsextremisten
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute viel von wehrhafter Demokratie gesprochen worden, und es ist heute oft erwähnt worden, dass die demokratischen Parteien zusammenstehen müssen. Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich kann mich nur wundern – und es ist auch wirklich ärgerlich und auch nicht gut für unsere Demokratie –, wenn ich die Rede der Kollegin Kaiser höre und auch die Reden von Vorrednerinnen und Vorrednern, die der Unionsfraktion vorwerfen, sie hätte zu wenig gegen Extremismus getan.
Ich kann Ihnen nur eins sagen: Es war die unionsgeführte Bundesregierung, die einen Kabinettsausschuss gebildet hat, die 89 konkrete Einzelmaßnahmen mit auf den Weg gebracht hat und mehr als 1 Milliarde Euro für die Jahre 2021 bis 2024 zur Verfügung gestellt hat – für den Kampf gegen Rechtsextremismus. Ganz konkret: Wir haben uns von Ihnen nicht belehren zu lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau!)
Wenn wir von wehrhafter Demokratie sprechen, dann sage ich auch, dass eine Regierung dazugehört, die sich bei den richtigen Fragen und Lösungen einig ist.
(Zuruf des Abg. Christian Dürr [FDP])
Wir haben von der Ministerin heute viel zum Waffenrecht gehört. Das sind aber allgemeine Ankündigungen; das ist nichts Konkretes. Der Bundesjustizminister von der FDP schweigt sich aus. Die FDP-Fraktion lässt über einen Fraktionsvize vermelden, dass man eine generelle Verschärfung des Waffenrechts ablehnt. Sie wollen uns kritisieren, dass wir zu still und zu ruhig waren? Das kann doch wohl nicht wahr sein!
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Christian Dürr [FDP])
Es ist auch viel zur AfD gesagt worden. Ich kann nur sagen: Die Debattenbeiträge, aber auch die Zwischenrufe der AfD-Fraktion zeigen, dass Sie von der AfD völlig zu Recht als Verdachtsfall des Verfassungsschutzes eingestuft werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)
Ich finde, es ist jetzt auch richtig und wichtig, dass Ihre Rolle, die Rolle der AfD-Fraktion als Sammelbecken für sich radikalisierende Gruppen, Stück für Stück weiter offengelegt wird. Denn es gibt keine Gründe zur Verharmlosung der Reichsbürgerszene. Nein! Die Beschuldigten besaßen weitgehende Pläne, scharfe Waffen und nicht unerhebliche Geldmittel. Die Lage ist zwar beherrschbar, aber definitiv nicht harmlos. Das muss man ernst nehmen. Die festgenommenen Personen hätten Schaden anrichten können; die Szene wirbt ja über unzählige Telegram-Kanäle weiter um Sympathisanten.
Denken wir nur – das ist auch gerade angeklungen – an die Todesfälle unter und die Verletzungen von Polizeibeamtinnen und ‑beamten bei vorherigen Aktionen gegen Reichsbürger. Daher an dieser Stelle noch mal: Herzlichen Dank an alle Einsatzkräfte und Sicherheitsbehörden für ihren geleisteten Dienst!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich möchte einen weiteren Dank anschließen. Ich möchte mich, auch im Namen meiner Fraktion, bei Bundestagspräsidentin Bas bedanken. Es ist schon erstaunlich – das wurde vorhin auch schon angesprochen –, dass die wichtigen und wirklich sehr zielführenden Sondersitzungen des Rechts- und Innenausschusses nur gegen den Willen der Ampelkoalitionäre zustande kamen.
(Katrin Helling-Plahr [FDP]: Stimmt doch gar nicht! – Gegenruf der Abg. Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Natürlich stimmt das! Sie haben sich dagegen ausgesprochen!)
Als Begründung gaben Sie von der Koalition an, den Behörden solle genügend Zeit gegeben werden, um den Sachverhalt aufzuarbeiten. Es ist heute noch mal klar geworden – Sie haben es ja auch selber eingestanden –: Das war ein sehr, sehr schwaches Argument.
(Beifall bei der CDU/CSU – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Ja, so ist es!)
Ich muss nach der Sitzung am Montag sagen: Ich bin in dieser Legislaturperiode noch nie so umfassend,
(Zuruf der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
auch zeitlich, in einem Gremium von BKA, Generalbundesanwalt und Bundesamt für Verfassungsschutz informiert worden. Das hat Maßstäbe gesetzt, und es bleibt auch hoffentlich so. Aber es war richtig, und es zeigt ja auch noch mal, dass wir handlungsfähig waren und gehandelt haben. Es war richtig so, dass wir diese Sondersitzung als CDU/CSU-Fraktion beantragt haben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Sebastian Hartmann [SPD])
In dieser Sondersitzung ist im Übrigen auch deutlich geworden – adressiert an Die Linke –: Die Reichsbürger- und Selbstverwalterszene ist schon eine sehr, sehr eigene, ganz besondere Mischung von Personen, die gefährlich ist. Es ist eine Mischung von ganz verschiedenen Charakteren: Verschwörungstheoretikern, QAnon-Gläubigen, Querdenkern – auch aus der Mitte der Gesellschaft. Die Sicherheitsbehörden schätzen, dass von den 22 000 bis 23 000 Personen im Szenebereich circa 5 Prozent klassische Rechtsextreme sind. Deswegen sollten wir nicht so tun, als seien das alles Rechtsextreme und könnten wir die Reichsbürgerszene pauschal mit dem Etikett „Rechtsextremismus“ versehen; das wäre fatal. Wir brauchen einen 360-Grad-Blick.
(Beifall bei der CDU/CSU – Elisabeth Kaiser [SPD]: Fragen Sie die Wissenschaftler, was die Forschung dazu sagt!)
Eines möchte ich noch zum Schluss sagen: Unsere Demokratie ist wehrhaft. Demokratie lebt, wenn die Bürgerinnen und Bürger für sie eintreten und starke Stimmen sie verteidigen; deswegen sollten wir alle gemeinsam als Demokraten handeln.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dirk Wiese hat das Wort für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549354 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 75 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Bedrohung durch Netzwerke von Reichsbürgern und Rechtsextremisten |