Dirk WieseSPD - Aktuelle Stunde - Bedrohung durch Netzwerke von Reichsbürgern und Rechtsextremisten
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! In der vergangenen Woche hat dieser Staat gezeigt, hat diese Demokratie, dieser Rechtsstaat deutlich gemacht, dass diese Demokratie gegen die Feinde dieser Republik, gegen die Feinde einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, gegen die, die ein anderes Deutschland wollen, eine andere Grundordnung wollen, wehrhaft ist.
Ich bin allen – das ist heute hier in dieser Debatte oft gesagt worden –, die in der letzten Woche dazu beigetragen haben, insbesondere denjenigen aus den Sicherheitsdiensten, denjenigen aus der Polizei, dankbar, dass das aufgedeckt worden ist und das, was sie vorhatten, verhindert worden ist. Da gebührt allen unser Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Helmut Schmidt hat einmal gesagt:
Mir liegt eine doppelte Einsicht am Herzen: erstens, dass unsere offene Gesellschaft und Demokratie mit vielen Unvollkommenheiten behaftet sind und alle Politiker von allzu menschlichen Schwächen gekennzeichnet bleiben. Es wäre ein … Irrtum, unsere … Demokratie zum reinen Ideal zu erheben. Das ist sie nicht.
Aber er hat zweitens gesagt, und das ist entscheidend:
Gleichwohl haben wir Deutschen – unserer katastrophalen Geschichte wegen – allen Grund, mit Zähigkeit an der Demokratie festzuhalten, sie immer wieder zu erneuern und immer wieder ihren Feinden tapfer entgegenzutreten.
Wir sind alle gefordert, das gemeinsam zu machen. Da sind wir alle in diesem Land gefordert.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich will das ganz deutlich sagen, weil Herr Baumann an der einen oder anderen Stelle Zitate von Otto Schily nicht ganz lesen kann. Herr Baumann, ich will Ihnen mal eins sagen: Die SPD wird im kommenden Jahr 160 Jahre alt. Seit 160 Jahren wissen wir, dass der Feind dieser Republik rechts steht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich kann Ihnen sagen: Wenn Otto Schily im hohen Alter heute diese Debatte gehört hat und wenn er gehört hat, was Sie hier reingerufen haben, dann würde er seinen Helm und seinen Knüppel wieder rausholen. Er weiß, wo der Feind dieser Republik steht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das waren seine Zitate! Der weiß doch, was er sagt! Der braucht Sie doch nicht!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, lassen Sie mich auf ein, zwei Punkte auch noch mal eingehen: Am vergangenen Mittwoch gab es eine Unterrichtung aller Fraktionen, auch Ihrer. Ich bin Ihnen auch durchaus dankbar, dass Sie die Sondersitzungen gerade noch mal erwähnt und hervorgehoben haben; denn – das hat man ja in den letzten 48 Stunden auch gemerkt – viele von Ihnen in der Unionsfraktion haben durch diese Sondersitzungen, glaube ich, erst mal gemerkt, was da letzte Woche vorgefallen ist.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: So ein Blödsinn! Jetzt geht das schon wieder los, die Geschichtenerzählerei! Mensch, lesen Sie mal die Pressemitteilungen, und erzählen Sie nicht die ganze Zeit so einen Mist!)
Das will ich noch mal eindeutig unterstreichen. Ein Fraktionsvorsitzender der CDU
(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)
hat Ende 2021 in der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt: Bei der Abgrenzung nach rechts sind wir konsequent. – Dass man dann in so einer Situation fünf Tage lang schweigt, das geht nicht. Das halte ich für ein Unding.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Wir haben nicht geschwiegen! Das ist einfach falsch! Das ist wirklich einfach glatt gelogen! – Michael Breilmann [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! Das ist einfach die Unwahrheit!)
Jetzt will ich auch noch mal ganz kurz auf Herrn Breilmann eingehen. Herr Breilmann, Sie sind erst seit Oktober 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages und haben hier gerade versucht, einige Punkte auf Zuruf klarzustellen.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: So eine billige Nummer hier!)
Ich war in der letzten Legislaturperiode bei vielen Gesprächen mit dem Bundesinnenministerium und bei vielen Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen Ihrer Fraktion dabei. Ich muss das noch mal deutlich unterstreichen: Am Ende der letzten Legislaturperiode, als wir den Maßnahmenplan zur Bekämpfung des Rechtsextremismus in Teilen umsetzen wollten, als wir das Demokratiefördergesetz einführen sollten, da hätte Horst Seehofer lieber auf dieser Seite des Hauses gesessen und hat sich in Teilen für Ihre Fraktion geschämt,
(Elisabeth Kaiser [SPD]: So sieht es aus! – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Unverschämtheit! Unglaublich hier! – Gegenruf des Abg. Sebastian Hartmann [SPD]]: Frau Lindholz, das sind Fakten!)
weil Sie nicht mitgemacht haben, diese Dinge umzusetzen; das gehört heute zur Ehrlichkeit mit dazu.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Christian Dürr [FDP])
Sehr geehrter Herr Innenminister Beuth, ich bin dankbar, dass Sie heute hier in dieser Debatte das Wort ergriffen haben und noch mal einiges sehr deutlich gemacht haben im gemeinsamen Kampf, dem wir gegenüberstehen. Ich glaube aber, dass ein bisschen Selbstkritik angebracht ist. Hessen, insbesondere das hessische Innenministerium, ist nicht das Beispiel, das in den vergangenen Jahren durch Transparenz und Aufklärung im Kampf gegen rechts die Vorreiterrolle eingenommen hat.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich glaube, da ist bei Ihnen einiges zu tun. Wenn Sie heute hier das Versprechen abgeben, dass es besser wird, dass besser ausgeführt wird, dann ist das, glaube ich, schon ein Erkenntnisgewinn an sich.
Von daher ist jetzt die entscheidende Frage, was wir tun wollen und was wir tun müssen. Wir müssen uns sicherlich das Sicherheitskonzept hier im Bundestag noch mal sehr genau anschauen. Wir wollen das Demokratiefördergesetz, was heute auf den Weg gebracht worden ist, zügig verabschieden.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Hoffentlich mit Extremismusklausel!)
Wir wollen gleichzeitig beim Disziplinarrecht sehr genau hinschauen. Verfassungsfeinde müssen leichter aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden und das auch durch Verwaltungsakt.
Aber ich sage auch ganz deutlich: Wir wollen auch beim Waffenrecht hinschauen. Da, wo Lücken sind, wollen wir diese schließen; das ist richtig, und das müssen wir auch gemeinsam angehen.
Lassen Sie mich zu guter Letzt noch einen Satz sagen, weil ich doch ziemlich schockiert war über die Rede des Kollegen Helferich. Die deutsche Rechte im Jahr 2022 ist eine bizarre Kreuzung von Stahlhelm und Aluhut. Das, was Sie hier geredet haben, ist dieses Hauses unwürdig. Sie sind aus Ihrer eigenen Fraktion ausgeschlossen worden.
(Zurufe von der AfD: Falsch! Fake News!)
Und das Schlimme ist: Sie haben alle applaudiert, und das macht einen fassungslos.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549355 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 75 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Bedrohung durch Netzwerke von Reichsbürgern und Rechtsextremisten |