Fabian FunkeSPD - Unterstützung des EU-Beitrittskandidaten Moldau
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Botschafter! Ich versuche, den Blick wieder zurück auf den Antrag zu lenken.
Wir haben in diesem Jahr viel darüber diskutiert, was die Zeitenwende für deutsche und europäische Außenpolitik in den verschiedenen Bereichen bedeuten kann. Ein zentraler Punkt, den Bundeskanzler Scholz auch in seiner Rede an der Karls-Universität in Prag klargemacht hat: Die Zukunft Europas entscheidet sich nicht mehr zwischen wenigen großen Staaten Westeuropas, sondern auch im Umgang und in der Zusammenarbeit mit den Staaten in Zentral- und Osteuropa. Deswegen ist es wichtig, dass wir heute auch über die Republik Moldau reden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Hagen Reinhold [FDP])
Kaum ein anderes Land in Europa – abgesehen natürlich von der Ukraine selbst – leidet so stark unter den Folgen des russischen Angriffskrieges. Russland nutzt die jahrelange Abhängigkeit Moldaus von russischem Gas, um das Land gezielt zu destabilisieren. Wir haben es schon gehört: Die Gaspreise haben sich versiebenfacht, die Strompreise vervierfacht, die Inflation liegt über 30 Prozent. Die Menschen in Moldau geben stellenweise über die Hälfte ihres Einkommens für Energie aus. Cyberattacken, ein Dauerfeuer von russischer Propaganda und Desinformation sowie militärische Drohgebärden führen bei den Menschen in der Republik Moldau außerdem zur Furcht, bald selbst zum Opfer von russischer Aggression zu werden. Den Bürgerinnen und Bürgern der Republik Moldau gilt in diesen schwierigen Zeiten unsere volle, uneingeschränkte Solidarität.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Merle Spellerberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich bin froh, dass wir heute mit diesem Antrag unsere Solidarität als Deutscher Bundestag noch einmal bekräftigen, und zwar mit mehr als bloßen Bekundungen. Bereits seit Februar hat die Bundesrepublik gemeinsam mit der EU viel getan, um die Republik Moldau in dieser beispiellosen Krise zu unterstützen. Unmittelbar nach Kriegsbeginn hat der europäische Zivilschutzmechanismus die Republik Moldau schnell und unbürokratisch bei der Aufnahme von Hunderttausenden Geflüchteten unterstützt und gemeinsam mit der Regierung in Chisinau einen Kollaps an der Grenze zur Ukraine verhindert. Hier gilt es, noch einmal die Hilfsbereitschaft der Menschen in Moldau hervorzuheben, die viele Geflüchtete meist in ihren Häusern und Wohnungen aufgenommen haben,
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
im Verhältnis zur Einwohnerzahl so viele wie kein anderes Land in Europa.
Gemeinsam mit den Regierungen von Frankreich, Rumänien sowie der Europäischen Kommission organisierte die Bundesregierung dieses Jahr drei Geberkonferenzen, auf denen die internationale Gemeinschaft insgesamt über 1,5 Milliarden Euro an Soforthilfen und Krediten für die Republik Moldau zur Verfügung gestellt hat. Auch mit dem Einsatz des THW, das seit Ende November vor Ort ist und im Notfallmanagement ausbildet, leistet die Bundesregierung einen wichtigen Beitrag.
Die Bundesregierung und die Europäische Union haben durch ihr praktisches, konkretes und solidarisches Handeln bekräftigt: Die europäische Familie beschränkt sich nicht auf EU-Mitgliedstaaten. Die Republik Moldau ist ein unverrückbarer Teil unserer europäischen Familie. Und gerade weil sie ein Teil unserer europäischen Familie ist, braucht es mehr als die kurzfristige Unterstützung in der Krise. Was es braucht, ist eine dauerhafte europäische Verankerung und einen konkreten Weg in die Europäische Union.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auf diesem Weg möchten wir die Republik Moldau unterstützen und begleiten. Seit Juni ist sie offiziell EU-Beitrittskandidatin. Mit diesem Antrag leisten wir einen Beitrag dazu, diesen abstrakten Status mit konkreten Schritten zu untermauern, die der EU-Mitgliedschaft der Republik Moldau nicht nur eine Perspektive, sondern einen beschreitbaren Weg bereiten. Denn so groß der europäische Wille auch ist: Die Republik Moldau hat noch viel vor sich. Reformen sind insbesondere in den Bereichen Justiz und Rechtsstaatlichkeit bitter nötig. Es ist dementsprechend beachtenswert, dass die Regierung in Chisinau trotz der vielen Krisen, des dauerhaften Ausnahmezustandes und der fortwährenden politischen Angriffe durch kremltreue Oligarchen, ihre ambitionierte Justizreform und die umfassende Korruptionsbekämpfung weiterhin kraftvoll vorantreibt.
(Beifall bei der SPD)
Dieser Antrag aus unserer Mitte setzt ein wichtiges Zeichen. Wir stehen an der Seite der Republik Moldau und unterstützen sie weiter; denn wir dürfen nicht die Fehler wiederholen, die wir in der Vergangenheit unter anderem auf dem Westbalkan gemacht haben, und so lange abwarten, bis vielversprechende Ambitionen sich zu Frust über unerfüllte Versprechungen wandeln. Der Wille zu Europa in der Republik Moldau existiert jetzt. Deswegen müssen wir ihn auch unterstützen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Funke. – Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Tilman Kuban, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549366 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 75 |
Tagesordnungspunkt | Unterstützung des EU-Beitrittskandidaten Moldau |