Holger MannSPD - Energiepreisbremse für Hochschulen
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kollegen der Union haben in den letzten Wochen ein Bild vom Untergang der Wissenschaft gezeichnet, angereichert mit Szenen von sich leerenden Tierställen – ich habe noch gute Erinnerungen an die letzte Debatte – oder auftauenden Bioproben. Ich will hier erst mal feststellen: Nichts davon ist eingetreten oder ein wahrscheinliches Szenario.
In der letzten Debatte sprach Ihr Kollege von „Existenzgefährdung“, und auch heute mangelt es Ihrem Antrag nicht an Alarmismus. Dabei sind die darin beschriebenen Fälle die Ausnahme und nicht die Regel, und das ist auch gut so.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP])
Das hat einen Grund; denn die Bundesregierung hat mit ihren Maßnahmen angemessen und kraftvoll agiert. Die mobilisierten 300 Milliarden Euro zeigen, dass wir weder die Menschen noch die Wirtschaft oder die öffentlichen Institutionen alleinlassen.
(Oliver Kaczmarek [SPD]: So ist es!)
Meine Damen und Herren, das gilt auch für den Wissenschafts- und Forschungsbereich. Dieser wird komplett von den Preisbremsen bei Strom und Gas profitieren. Sie werden ab Januar in Kraft gesetzt; es entsteht also keine Lücke zwischen den Dezembersoforthilfen und den Preisbremsen. Ein Härtefallfonds wird für die institutionell geförderte außeruniversitäre Forschung verbliebene Preisanstiege um bis zu 90 Prozent mindern – wer kann das im privaten Bereich sagen? Hier ist übrigens die energieintensive Forschung ebenso erfasst wie Hochleistungsrechner, Forschungsschiffe oder internationale Forschungseinrichtungen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP] – Stephan Albani [CDU/CSU]: Aber halt nicht an den Hochschulen!)
Zudem – das war auch eine Forderung – werden die Hochschulen und die Forschungseinrichtungen von der Bundesnetzagentur in Gänze als geschützte Kunden behandelt. Das heißt, sie wären im immer unwahrscheinlicher werdenden Fall einer Gasmangellage von reduzierten Liefermengen oder Gassperren ausgenommen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP])
Das alles, meine Damen und Herren, trägt dazu bei, dass der Weiterbetrieb gesichert ist.
Ja, wir haben heute im Bildungs- und Forschungsausschuss Ihren Antrag zur Energiepreiskompensation für die Wissenschaft beraten. Hierbei – das hätten Sie ja auch sagen können – konnten wir fraktionsübergreifend feststellen, dass die Mehrheit der acht darin formulierten Punkte bereits in exekutivem Handeln oder morgen mit Beschluss der Gas- und Strompreisbremsen umgesetzt werden. Das hatte übrigens auch die Sachverständigenanhörung im November bereits ergeben. Diese hat zudem gezeigt, dass die Wissenschaftseinrichtungen zwar vor großen Herausforderungen bei der Bewältigung der Energiepreisanstiege stehen, aber diese eben nicht existenziell sind.
(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Die ersten Hochschulen schließen ja gerade!)
Sie bringen als Union dennoch zwei Restpunkte des Antrags, welche die Hochschulen betreffen, ins Bundestagsplenum ein. Da muss ich sagen: Das verwundert mich aus mehreren Gründen:
Erstens – Sie benennen es selber bzw. hatten es in Ihrem vorherigen Antrag wenigstens noch erwähnt –: die Verfassungslage. Bisher liegt die Verantwortung für Bildung und Hochschulen klar bei den Ländern. Auch bei Vereinbarungen nach Artikel 91b GG bedarf es der Zustimmung aller Länder. Ich muss daher fragen: Haben Sie wirklich das richtige Parlament gewählt?
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Zweitens: die geübte Praxis. Wir erinnern uns, wie das BMBF unter CDU-Führung die Hochschulen in der Pandemie unterstützt hat – nämlich gar nicht. Mir scheint deshalb, Ihr Sinneswandel hat viel mit der neuen Oppositionsrolle, aber wenig mit Überzeugung zu tun.
(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Euer Mechanismus zieht jetzt aber auch nicht!)
Drittens: die Sachlage. Die Berechnungen des DIW, die wir in der Anhörung beraten haben, zeigen, dass die Kostensteigerungen, wenn die Hochschulen 20 Prozent Energie einsparen, auf 1 bis 3 Prozent ihres Gesamtbudgets begrenzt werden können. Viele Bundesländer – es seien Brandenburg, Sachsen oder auch Baden-Württemberg erwähnt – haben bereits klargemacht, dass sie zu ihrer Verantwortung stehen werden. Sie werden für 90 Prozent oder mehr dieser Energiepreissteigerungen einstehen.
(Beifall der Abg. Maja Wallstein [SPD])
Angesichts der Aufwendung des Bundes und der Einnahmesituation erwarten wir und auch die Hochschulrektorenkonferenz dies auch von den anderen Bundesländern, gerade von den finanzstarken wie Bayern, Hessen oder NRW.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es geht hier eben nicht, meine Damen und Herren, um Milliardenbeträge wie beim Bund, sondern um Millionenbeträge. Deshalb ist meine dringende Bitte an die Kolleginnen und Kollegen aus diesen Bundesländern: Gehen Sie auf Ihre Landesregierung zu, gerne auch mit Ihren zwei Punkten. Unsere Unterstützung haben Sie dabei.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Mann. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Dr. Michael Kaufmann, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549372 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 75 |
Tagesordnungspunkt | Energiepreisbremse für Hochschulen |