14.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 75 / Tagesordnungspunkt 6

Maja WallsteinSPD - Bildung und Forschung für geflüchtete Ukrainer

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Schön, dass Sie da sind. – In neun Tagen, vier Stunden und fünf Minuten ist Weihnachten. Warum ich das so genau weiß? Meine Tochter fragt mich praktisch jeden Tag, und da entwickelt man eine gewisse Expertise.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Gut, dass Sie Expertise haben!)

Sie freut sich sehr auf Weihnachten.

Viele Menschen tun das, ist Weihnachten doch das Fest, an dem wir besinnlich und geborgen im Kreise unserer Lieben feiern. Zu meinen Lieben gehören seit März auch Katja mit ihren kleinen Töchtern Mascha und Julia, die etwas größere Mascha mit ihrer Mutter Kateryna, außerdem Olya und der kleine Nikita und die Großeltern Luba und Sascha – alle aus Charkiw.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Sehr löblich!)

Wie vermutlich alle hier im Haus wünsche ich mir, dass alle meine Lieben Weihnachten so besinnlich und geborgen wie möglich feiern können.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Die Väter, Onkel und Söhne, aber auch die dagebliebenen Nachbarn, Freunde und Töchter werden ein anderes Weihnachten erleben. Schon jetzt sitzen sie, begleitet von regelmäßigem Sirenengeheul, bei Minusgraden in ungeheizten Wohnungen und frieren. Sie stehen stundenlang in der Kälte, wenn sie an öffentlichen Brunnen für Wasser anstehen, weil es immer wieder Notabschaltungen und Ausfälle gibt. Inzwischen ist mehr als die Hälfte des ukrainischen Stromnetzes durch die russischen Angriffe beschädigt worden. Das sind Kriegsverbrechen, und wir dürfen nicht müde werden, sie auch immer wieder als solche zu benennen, zu verurteilen und alles zu tun, um die Ukraine zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das tut der Bund, das tun wir von Beginn an. Deutschland hat Hilfen in Höhe von 5,4 Milliarden Euro geleistet oder zugesagt – die dritthöchsten weltweit. Bei der humanitären Hilfe sind wir weltweit auf Platz zwei. Die Zusagen der EU und ihrer Mitglieder zusammen sind höher als die der USA. Das ist die Solidarität, die die Menschen in unserem Land von uns erwarten. Woher ich das weiß? Weil man nur zwei Schritte rausgehen muss, um zu erkennen, dass unfassbar viele Menschen in unserem Land die Schutzsuchenden unterstützen. Das unterstreicht unser Antrag auch ganz deutlich.

Besonders hervorheben möchte ich heute unsere Hochschulen. Ich bin beeindruckt, was zum Beispiel die Hochschulen in Brandenburg auf die Beine gestellt haben, wie sie Forscher/-innen und Studis unterstützen, die direkt und indirekt unter den Auswirkungen des Krieges leiden. Es sind Geschichten wie die der Studentin aus Lwiw, die an der TH Brandenburg ist und deren Freund in der letzten Woche im Krieg gefallen ist, oder die von Margaryta Shcherbiak, die jetzt an der BTU Cottbus-Senftenberg ist, aber anschaulich berichtet, wie schuldig sich diese jungen Menschen aus der Ukraine fühlen – Zitat –: Wir sind hier und sind am Leben, und die anderen sind jung und tot und liegen kalt in einem Graben.

An der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde haben Studis Hilfstransporte in die Ukraine organisiert. In Cottbus am Lehrstuhl Umweltplanung forscht seit September Professorin Liudmyla Paliekhova vom Marketing-Lehrstuhl der Dnipro University of Technology. Mit Mitteln des DAAD hat die Technische Hochschule Wildau die Wildau-Kharkiv IT Bridge ins Leben gerufen. Dabei geht es darum, Personal an ukrainischen Hochschulen zu halten und Studienmöglichkeiten im IT-Bereich anzubieten. Auch das zeigt, wie richtig und wichtig es war, dass wir die Mittel für den DAAD am Ende deutlich erhöht haben.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])

Das hilft auch Darina Snizhko, die an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf in Potsdam Kamera studiert. Sie fühlt sich wohl in Potsdam, wo sie und ihre Mutter große Unterstützung erfahren. An der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder forscht mittlerweile Olena Zinenko. Sie ist Mutter von zwei Kindern, war Forscherin und Dozentin an der Karazin Kharkiv National University. Ihre Förderung läuft im März 2023 aus. Es muss unser Anspruch sein, diesen Forscherinnen und ihren Kindern, die ja jetzt in unsere Schulen gehen, Zukunftsperspektiven zu bieten.

Jetzt sind es noch neun Tage, vier Stunden und eine Minute bis Weihnachten.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Die Zeit bis dahin und die Zeit danach sollten wir füllen – mit der Stärke der Solidarität, des Zusammenhalts und des friedlichen Miteinanders, um Putin und seinen Trollen den Finger zu zeigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7549394
Wahlperiode 20
Sitzung 75
Tagesordnungspunkt Bildung und Forschung für geflüchtete Ukrainer
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