Andreas JungCDU/CSU - Energiepreisbremsen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen, Frau Präsidentin, zunächst herzlich danken für Ihre Würdigung von Annemarie Renger und von Wolfgang Schäuble. Wir haben größten Respekt vor ihren Lebensleistungen. Und der stehende Applaus des ganzen Hauses hat gezeigt, dass ich für viel mehr als die Abgeordneten der Unionsfraktion spreche, wenn ich sage: Lieber Herr Dr. Schäuble, wir sind stolz, dass Sie einer von uns sind.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Dr. Schäuble ist mit 50 Jahren länger dabei als wir alle. Sie, Herr Dr. Schäuble, haben nach dem 24. Februar gesagt, Sie hätten, seit Sie politisch tätig sind, keine schwerere Krise erlebt. Wir haben wieder Krieg mitten in Europa. Es geht um Frieden und Freiheit, für die wir einzustehen haben. Aber es geht auch um die Bekämpfung der Energiekrise, die uns trifft. Darum geht es hier.
Es sind wichtige Fortschritte gemacht worden, an denen wir mitgewirkt haben – mit dem Füllen der Gasspeicher, mit dem Beschleunigen des Baus der LNG-Terminals. Aber genauso gilt: Wir sind noch nicht über den Berg. Wir müssen weiter konsequent alle Möglichkeiten der Energieversorgung und alle Potenziale der Einsparung nutzen. Ich will es so deutlich sagen: Für diesen und für den nächsten Winter brauchen wir noch mehr Konsequenz.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir erleben spätestens seit dem Frühjahr eine Explosion der Energiepreise. Und darauf braucht es eine starke Antwort. Meine sehr geehrten Damen und Herren der Bundesregierung, das ist der Punkt, bei dem Sie zu viel Zeit haben verstreichen lassen. Sie haben Ihr erstes Entlastungspaket im Sommer ohne Anschlussregelung auslaufen lassen. Und als Olaf Scholz „You’ll never walk alone“ ausrief, sind Sie zunächst in die falsche Richtung losmarschiert. Mit der Gasumlage wollten Sie die Preise zunächst erhöhen.
Viel zu spät ist dann die Gaskommission eingesetzt worden, erst im September. Das ist der Grund, warum die Bremsen nicht vor dem Winter kommen, sondern erst nach dem Winter. Damit haben Sie sich selbst unter einen Zeitdruck gesetzt, der dazu geführt hat, dass um 0.25 Uhr in der Nacht auf gestern dem zuständigen Ausschuss für Klimaschutz und Energie ein Konvolut von 400 Seiten mit Änderungsanträgen zugestellt wurde.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Unfassbar! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Frechheit!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das steht einer seriösen Behandlung dieses Gesetzespaketes heute entgegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der LINKEN)
Wäre es Ihnen, Frau Lang, wirklich darum gegangen – Sie haben den Zusammenhalt beschworen –, hier nicht einfach nur die Mehrheit, die Sie haben, zu nutzen, sondern eine Mehrheit über die Regierungskoalition hinaus zu suchen, dann hätten Sie wohl die größte Oppositionsfraktion vor 0.25 Uhr in der letzten Nacht beteiligt.
Wir haben Respekt vor der Arbeit der Gaskommission, und wir unterstützen die Umsetzung ihrer Ergebnisse, um durch diesen Winter zu kommen, um jetzt dort, wo Menschen, Betriebe unter gestiegenen Preisen leiden, zu helfen. Ich sage das deutlich. Aber genauso deutlich sage ich: Wir kritisieren das, wo Sie von den Empfehlungen der Gaskommission abweichen. Das betrifft gerade die Industrie. Mit den Regelungen, mit den Hürden, Anforderungen, Begrenzungen, die Sie aufgebaut haben, werden weite Teile der Industrie, gerade der energieintensiven Industrie, diese Preisbremsen überhaupt nicht in Anspruch nehmen können. Deshalb konterkariert Ihre Umsetzung das doch auch von Ihnen ausgerufene Ziel, jetzt die industrielle Substanz unseres Landes, den industriellen Kern zu sichern. Da geht es um Tausende von Arbeitsplätzen. Es geht um Wertschöpfung in unserem Land. Es geht um Lieferketten. Ja, es geht genau an diesem Punkt um den Zusammenhalt unseres Landes. Und da konterkarieren Sie die Ergebnisse der eigenen Kommission, Ihre eigenen Ansagen. Dies setzt die Industrie, die Arbeitsplätze, die Wertschöpfung in Deutschland in dieser Krise aufs Spiel, und das halten wir für einen schweren Fehler.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])
Sie, Herr Habeck, waren derjenige, der gesagt hat: Wir werden das Programm zur Kostendämpfung für Mittelstand und Handwerk öffnen. – Ich stelle fest: Es gibt heute keinerlei Antwort für die Bäckerei, die auf Pellets umgestellt hat, die jetzt unter der Preissteigerung genauso leidet. Da gibt es weiter Lücken in Ihrem Programm, und dabei darf es nicht bleiben. Sie müssen da nachbessern.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD und der FDP sowie der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Eine letzte Bemerkung, weil Frau Lang die erneuerbaren Energien angesprochen hat. Was Sie vorlegen – Sie haben nachgebessert –, bleibt eine Bremse für erneuerbare Energien. Sie konterkarieren das, was Sie mit dem Osterpaket auf den Weg bringen wollten: Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Abschöpfung von fiktiven Erträgen statt tatsächlichen Gewinnen
(Mark Helfrich [CDU/CSU]: Unglaublich!)
ist das Gegenteil dessen, was wir jetzt zur Beschleunigung brauchen. Wenn Investitionen in anderen Ländern gemacht werden, können sie angerechnet werden. Da werden die privilegiert, die woanders investieren. Hier werden Investitionen zurückgestellt. In der Erneuerbaren-Branche ist die Rede von einem Schildbürgerstreich. Es werden Klagen angekündigt.
Ja, wir brauchen einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien, und den konterkarieren Sie mit diesem Paket.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Dr. Matthias Miersch.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549421 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 76 |
Tagesordnungspunkt | Energiepreisbremsen |