15.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 76 / Zusatzpunkt 3

Kaweh MansooriSPD - Iranische Protestbewegung - frauenorientierte Außenpolitik

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Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauende! Ich möchte Ihnen von Farzaneh und ihrem Ehemann Hamid erzählen, zwei politische Gefangene im Iran, für die ich die Patenschaft übernommen habe. Es handelt sich um ein Ehepaar, das für seinen Einsatz und seine Unterstützung in Krisengebieten, bei der medizinischen Versorgung und Unterstützung von Kindern bekannt ist. Am 3. November sind sie nach der Trauerfeier für eine junge, durch das Regime ermordete Frau aus Sicht des Mullah-Regimes zur falschen Zeit am falschen Ort. In der Nacht wird das Ehepaar von Sicherheitskräften zu Hause überfallen, vor den Augen ihrer Kinder schwer misshandelt und verschleppt. Im Gefängnis werden sie gefoltert und erpresst, falsche Geständnisse abzulegen. Hamid erleidet innere Blutungen und Rippenfrakturen. Das Scheingerichtsverfahren gegen ihn und seine Frau wird ohne rechtlichen Beistand ihrer Wahl durchgeführt. Farzaneh wird eine Aussage verweigert. Hamid wird ohne Beweise und unter Missachtung rechtsstaatlicher Mindeststandards zu Tode verurteilt, seine Frau Farzaneh zu 25 Jahren Haft ohne Besuchsrecht.

Das Ziel ist, den Anschein von Rechtsstaatlichkeit zu wahren und die Menschen zum Schweigen zu bringen. Aber sie können nicht die ganze Welt zum Schweigen bringen. Das hier ist ein Haus der freien Rede, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Der freiheitlich-demokratischen Bewegung werfen die Mullahs Krieg gegen Gott vor. Doch die Menschen im Iran rebellieren nicht gegen Gott. Sie rebellieren gegen dieses Regime. Dieses Regime verwechselt sich selbst mit Gott.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Sie brechen die elementarsten Regeln menschlicher Zivilisation. Fritz Bauer bezeichnete Zivilisation als eine sehr dünne Decke, die schnell abblättert. Mit Schauprozessen, Mord an Kindern und Massenhinrichtungen beweist das Regime, wie recht er hatte. Deswegen ist es auch international isoliert, und das ist auch gut so.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Opfer der Revolution haben Gesichter. Sie haben Geschichten und Botschaften. Diese lassen sich in einer freien Welt nicht auslöschen. Viele in diesem Parlament haben Patenschaften für einzelne der über 18 000 politischen Gefangenen im Iran übernommen. Lassen Sie die Welt hören, wer die Menschen sind, die von den Mullahs in Folterkammern gesteckt werden. Es ist wichtig, dass wir laut sind für sie. Denn die Menschen im Iran können uns hören, und sie sollen wissen: Es ist ihre Revolution. Aber im Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung sind sie nicht allein. Wir stehen an ihrer Seite.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Mehrere EU-Sanktionspakete sind bereits verabschiedet. Diese Woche ist ein weiteres hinzugekommen. Unser Parlament hat dem Regime vor Wochen jegliche Legitimation abgesprochen. Im UN-Menschenrechtsrat ist auch dank der Außenministerin eine Mehrheit gegen das iranische Regime zustande gekommen, die die Gewalt im Land unabhängig untersuchen will. Aus der UN-Kommission für Frauenrechte wurde das Land nun ausgeschlossen. Es zeigt: Der internationale Druck hilft. Und wichtig ist, dass wir mit dem Druck nicht nachlassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Mit einer Regierung, die Mordanschläge in Deutschland auch schon hat durchführen lassen und offenbar weitere plante, werden wir nicht auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Die Spirale der Gewalt braucht eine unmissverständliche Antwort: maximalen Druck gegen dieses Regime.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Auch deswegen ist es wichtig, dass eine Terrororganisation wie die Revolutionswächter auf eine Terrorliste kommt. Auch deswegen ist wichtig, dass sämtliche Abgeordnete, die ihre Hand für die Massenhinrichtungen gehoben haben, ebenfalls persönlich sanktioniert werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Zugleich braucht es Unterstützung für die Zivilbevölkerung, die seit Jahren unter den internationalen Sanktionen am stärksten leidet. Keiner von uns weiß, wie lange der Kampf bis zur Befreiung des Irans dauern wird. Und weil das so ist, dürfen die Menschen im Land nicht auf sich selbst gestellt sein. Freie Kommunikation, Austausch mit Kulturschaffenden, Presse und Wissenschaft, Versorgung mit Hilfsgütern – das ist, wozu wir einen konkreten Beitrag leisten können und auch leisten müssen. Bei alldem wird auch entscheidend sein, dass dieses Parlament in den zentralen Punkten mit einer Stimme spricht.

Im Iran fragt aktuell keiner, ob du Perser, Kurde, Afghane, Araber, Belutsche oder Aserbaidschaner bist. Da wird nur gefragt: Bist du für einen freien Iran? – Das ist eine Frage, die auch unser Parlament einen sollte, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)

Die Tage der Mullahs sind gezählt. Für ihre Taten werden sie sich verantworten. Aber das kann ein langer Weg werden. Menschen, denen der Tod droht, gehen auf die Straße, weil sie an den Sieg von Freiheit, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung glauben. Und wenn sie das tun, dann sollten wir das auch. Setzen wir auf den Erfolg der Revolution!

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)

Nächster Redner ist Jürgen Braun für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7549454
Wahlperiode 20
Sitzung 76
Tagesordnungspunkt Iranische Protestbewegung - frauenorientierte Außenpolitik
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