15.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 76 / Tagesordnungspunkt 10

Max StraubingerCDU/CSU - Tierhaltungskennzeichnung

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Geschätzte Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir unterhalten uns ja über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Tierwohlkennzeichnung. Außer Frage steht: Wir treten natürlich auch dafür ein, dass das Tierwohl im Mittelpunkt steht und dass Produkte auch entsprechend gekennzeichnet werden.

(Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl! – Carina Konrad [FDP]: Das klang bis jetzt anders!)

Aber das muss auch richtig erfolgen und darf nicht so lückenhaft und so schlecht sein, wie es in diesem Gesetz gemacht wird. Meine geschätzten Vorredner haben bereits darauf hingewiesen; selbst aus der Koalition heraus hat der Kollege Hocker ja ebenfalls auf die Defizite dieses Gesetzes hingewiesen.

Und das zeigt ja auch die Abstimmung im Bundesrat sehr deutlich.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Bundesrat hat den Minister unterstützt!)

Die Frau Kollegin hat es schon dargelegt: Die Mehrzahl der Landwirtschaftsminister im Bundesrat hat es abgelehnt, auch die grünen Landwirtschaftsminister.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nein!)

Im Agrarausschuss wurde es abgelehnt.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Plenum haben alle Ja gesagt!)

Und im Plenum gab es nachher 58 Einwände,

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na und?)

auf die einzugehen ist.

Einer davon war zum Beispiel die Forderung, hier europaweite Kennzeichnungen herbeizuführen,

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das machen wir auch!)

was diese Bundesregierung nicht schafft und nicht kann.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum denn nicht? – Zoe Mayer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat denn Ihre Bundesregierung geschafft? Wo ist Ihr Gesetz?)

Sie haben früher ja auch immer gefordert, wir sollten das europaweit schaffen. Und wir haben Ihnen immer entgegengehalten, dass es europaweit einfach nicht geht; denn die anderen europäischen Staaten sind nicht bereit dazu, hier dementsprechend mitzuziehen.

(Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Lieber Herr Straubinger – –

Das ist auch hier die Aufgabe, und Sie werden es auch nicht schaffen, Frau Künast. – Aber ich freue mich auf Ihre Zwischenfrage.

Sehr gut. – Frau Künast, Sie haben das Wort.

Danke, Frau Präsidentin. Er übernimmt schon Ihre Arbeit. Na so was!

So bin ich.

Ich wollte mal sagen: Ich weiß ja nicht, wie Sie jetzt akut über Debatten auf europäischer Ebene informiert sind. Mehrere Kolleginnen und Kollegen aus den Koalitionsfraktionen, auch der Minister, haben gesagt, dass dieses Gesetz das erste in einem ganzen Paket ist. Zu all den Dingen, die Sie als Mangel dieses Gesetzes begreifen und beschreiben, ist also ausgeführt worden, dass sie alle behoben werden, dass weitere Tierarten kommen, dass die Gastronomie kommt, dass Änderungen des Tierschutzgesetzes, eine Herkunftskennzeichnung usw. kommen.

(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Die Frage ist, wann!)

Jetzt frage ich mich: Haben Sie sich eigentlich mal akut über das informiert, was auf europäischer Ebene läuft? Die EU-Kommission guckt nämlich, bisher zumindest, durchaus mit Interesse auf diesen Entwurf. Wir müssen ihn ja in der EU notifizieren lassen und auch anderen Mitgliedstaaten eine Chance geben, sich einzubringen im Hinblick auf das, was darin enthalten sein soll. Dann haben wir den Türöffner, um wirklich rasant auch alle anderen Dinge mit zu erledigen.

Nehmen Sie zur Kenntnis, dass bei dieser Geschichte die EU-Kommission mit Interesse darauf guckt, dass ein Mitgliedstaat vorangeht, weil das hinsichtlich der Absicht der EU-Kommission, dann selber einen EU-weiten Vorschlag zu machen, auch ein Modell sein kann. Ob er durchkommt oder nicht, wissen wir doch nicht. Oder wissen Sie heute schon, wie in ein, zwei Jahren auf europäischer Ebene im Rat abgestimmt wird? Wenn ja, woher haben Sie das Wissen?

Nein, das weiß ich nicht. Liebe Frau Künast, da kann ich Ihnen nicht helfen. Ich bin kein Weissager und kann nicht vorhersagen, was in Zukunft sein wird.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach so! Dann behaupten Sie es auch nicht! – Zuruf der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])

Aber mit den Ankündigungen der Bundesregierung haben wir in diesem Jahr schon erhebliche Erfahrungen gemacht. Es wurden im Hinblick auf Gas zum Beispiel große Ankündigungen durch den Bundeswirtschaftsminister gemacht. Die wurden ja dann, Gott sei Dank, doch nicht umgesetzt.

(Susanne Mittag [SPD]: Was hat das denn damit zu tun?)

Und so zieht sich das ja durch. Auf Ihre Ankündigungen will ich mich nicht verlassen.

Das Einzige, was Sie mit Ihren Ankündigungen vielleicht zustande bringen – Sie als Rednerin, Frau Künast, haben ja auch die Ernährungsstrategie angekündigt –, ist, dass mir und auch den Bäuerinnen und Bauern draußen bange wird. Wenn Sie sich zum Beispiel um die Kantine hier bei uns im Bundestag kümmern, wird es, liebe Frau Künast, wohl besser sein, ich mache dann vor dem Bundestag draußen eine Würschtelbude auf.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Dann werde ich wohl mehr Zulauf haben als Sie hier drinnen in der Körnerbude. Das muss man ja mit betrachten.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, wenn Ihnen Ihr Hausarzt das empfiehlt, gerne! – Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] nimmt wieder Platz)

– Frau Künast, ich bin ja noch nicht fertig.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach Ihren geschäftlichen Interessen habe ich nicht gefragt, also ist das für mich die Antwort gewesen!)

Frau Künast, es geht letztendlich darum: Sie wollen die Tierhaltung in Deutschland kaputtmachen. Das ist Ihr Ansatz. Sie selbst haben ja gesagt: Wir machen sozusagen einen neuen Grundstock. Da wollen wir was Neues bauen. – Das klingt ja sehr erhaben und großartig. Aber ich sage: Dieses Gesetz ist dazu angetan, die Tierhaltung in Deutschland abzubauen und nicht aufzubauen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Da haben wir einen großen Gegensatz. Wir als Union stehen nämlich dafür, dass heimische Produkte und nicht ausländische Produkte auf den Teller kommen.

(Dr. Matthias Miersch [SPD]: Sie haben gar nichts gemacht! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch überhaupt nicht! Das erkennt man doch nicht! Das ist doch gelogen! Sie lügen! Man erkennt es im Laden oder im Restaurant nicht!)

Kollege Gero Hocker hat auch prophezeit, dass gerade dies so kommen wird. Er will es zwar nicht; aber dieses Gesetz ist dazu angetan, dass zukünftig mehr Produkte – und zwar vor allen Dingen tierische Produkte wie Fleisch – aus dem Ausland kommen,

(Zoe Mayer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch, das wissen Sie doch!)

die unter schlechteren Haltungsbedingungen, unter schlechteren Fütterungs- und medizinischen Behandlungsbedingungen erzeugt worden sind.

(Zuruf der Abg. Carina Konrad [FDP])

Die spanischen Schweinebauern freuen sich über unsere Gesetzgebung. Sie sind derzeit dabei, die Schweinehaltung noch auszubauen. Und warum? Weil sie wissen, dass in Deutschland die Tierhaltung letztendlich immer weniger werden wird,

(Nina Warken [CDU/CSU]: Bald haben wir gar keine Tierhaltung mehr!)

weil die Bäuerinnen und Bauern sich die Anforderungen hier nicht leisten können.

Frau Kollegin Luiza Licina-Bode hat vorhin gesagt: Wir müssen dann bei der Förderung sehr hohe Grundsätze anwenden. – Ich habe fast den Eindruck gehabt, Sie fordern das möglicherweise, damit die wenigen Fördermittel in Höhe von 150 Millionen Euro gar nicht zur Anwendung kommen können, weil wir so hohe Anforderungen stellen, die kein Landwirt und kein Bauer mehr erfüllen kann bzw. will.

(Luiza Licina-Bode [SPD]: Das haben Sie falsch verstanden!)

– Doch, das ist letztendlich Ihre Fantasie von zukünftiger Tierhaltung.

(Susanne Mittag [SPD]: Nein!)

Jetzt wurde aufs Vielfältigste angemahnt, dass das Baurecht geändert werden müsste. Kollege Hocker hat das hier auch angemahnt. Ich frage: Wo ist hier der Zusammenhang?

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Es gibt ein eigenes Ministerium dafür! Das wissen Sie schon, oder?)

Hier wird jetzt die Tierhaltungskennzeichnung in die Gesetzgebung gebracht. Aber gleichzeitig müsste letztendlich das Baurecht angepasst werden, gleichzeitig müsste das Immissionsschutzgesetz neu definiert werden. Das tun Sie nicht.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Wir machen das gleichzeitig, was Sie nie gemacht haben! – Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir machen, was Sie nicht geschafft haben!)

Ich kann Ihnen auch sagen, warum ich weiß, dass Sie es nicht tun werden: weil wir dies über acht Jahre versucht haben und es von der SPD-Seite ständig verhindert worden ist.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zoe Mayer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Als ob! – Lachen des Abg. Dr. Gero Clemens Hocker [FDP] – Dr. Matthias Miersch [SPD]: Das ist so ein Quatsch, weil Sie gar nichts machen wollten! Warten Sie mal die nächsten Monate ab, Herr Straubinger!)

– Gerade Sie, Herr Miersch, waren einer, der beim Immissionsschutz in der Regel keine Zugeständnisse an die Bäuerinnen und Bauern gemacht hat.

(Susanne Mittag [SPD]: Es war ein schlechtes Gesetz!)

Darum wird es in dieser Koalition auch nicht gelingen. Das ist mir sehr bewusst.

(Dr. Matthias Miersch [SPD]: Ich wette um Ihre Würstchenbude! – Heiterkeit bei der SPD)

Von daher wissen wir: Mit diesem Tierhaltungskennzeichen, wie es heute vorgeschlagen worden ist, wird die Tierhaltung in Deutschland letztendlich Schiffbruch erleiden. Vor allen Dingen werden die Bäuerinnen und Bauern nicht bereit sein, entsprechende Umstellungen in den Ställen vorzunehmen, weil das auch unter den wettbewerblichen Gesichtspunkten nicht zu schaffen ist.

(Zuruf der Abg. Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deshalb wäre es vernünftiger gewesen, auf der Initiative Tierwohl aufzubauen oder die Empfehlungen der Borchert-Kommission umzusetzen. Wir haben gute Konzepte geliefert.

(Dr. Matthias Miersch [SPD]: Sie wollten das nicht, vier Jahre lang nicht!)

– Das ist auch an Ihnen gescheitert, Herr Miersch.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt hören Sie mal auf, zu schreien!)

Vor allen Dingen geht es um die Initiative Tierwohl. Die hätte nämlich ermöglicht,

(Susanne Mittag [SPD]: Hätte, hätte, hätte!)

auch bei ausländischen Tierhaltern und Erzeugern entsprechende Überprüfungen durchzuführen, die jetzt nicht stattfinden.

(Zoe Mayer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht doch niemand mit! Es muss doch jemand mitmachen!)

Hier werden nur die inländischen Erzeuger mit Bürokratie und mit Auflagen belastet. Und die ausländischen Mitbewerber in Europa freuen sich; denn sie können das Schweinefleisch dann noch günstiger hier bei uns anbieten.

(Zoe Mayer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Ihrer Würstchenbude!)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Der Kollege Hocker hat darauf hingewiesen, dass die Kräfte des Marktes letztendlich so groß sein werden, dass die Tierhaltung in Deutschland weniger werden wird. Das ist aber leider Gottes auch das Ziel – ich möchte nicht sagen: von Ihnen, –

Lieber Herr Straubinger, letzter Satz.

– aber auf jeden Fall von den Grünen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die letzte Rednerin in dieser Debatte ist für die SPD-Fraktion Peggy Schierenbeck.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Zoe Mayer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Ingo Bodtke [FDP])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7549482
Wahlperiode 20
Sitzung 76
Tagesordnungspunkt Tierhaltungskennzeichnung
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