15.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 76 / Tagesordnungspunkt 10

Peggy SchierenbeckSPD - Tierhaltungskennzeichnung

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Frau Präsidentin, guten Morgen!

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Mahlzeit, Peggy!)

– Mahlzeit! Entschuldigung. – Herr Bundesminister Özdemir! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Als letzte Rednerin in der Debatte hat man ja immer so ein paar Aufträge, und jetzt muss ich feststellen, dass Max Straubinger sechs Minuten Gelegenheit hatte, etwas Sinnvolles zu sagen, und er hat sie nicht genutzt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Oh mei, Peggy!)

Danke, Renate, für „16 Jahre Vorspiel“.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das finden auch nicht alle gut!)

Bevor ich zu meiner eigentlichen Rede komme, möchte ich noch eine wichtige Information an die CDU/CSU geben: 2 von 16 Ländern haben im Bundesrat gegen diese Kennzeichnung gestimmt – 2 haben dagegengestimmt! Das war leider dann auch eine falsche Information.

Aber jetzt zu meiner Rede. Wie gut klingt es, wenn wir lesen: „Karotten von hier“ oder „Kartoffeln aus der Region“? Das klingt nach einem regionalen Produkt. Genau das wünsche ich mir beim Einkaufen. Laut Umfragen ist Regionalität für 76 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf sehr wichtig. Schließlich unterstützen wir mit dem Griff zu regionalen Produkten die heimische Landwirtschaft, sorgen für kürzere Transportwege und mehr Frische und tragen zur Nachhaltigkeit bei. Das gibt einem ein gutes Gefühl.

Tatsächlich jedoch sind die Begriffe „von hier“ oder „aus der Region“ gesetzlich nicht geschützt. Das heißt, die „Karotten von hier“ könnten auch einen Transportweg von 500 Kilometern hinter sich haben oder die scheinbar regionalen Kartoffeln stammen tatsächlich aus Polen. Mit dieser Art der Regionalwerbung werden Verbraucherinnen und Verbraucher also gezielt getäuscht. Das muss endlich aufhören.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Ina Latendorf [DIE LINKE])

Im Supermarkt kämpfen wir uns durch einen Siegel- und Kennzeichnungsdschungel. Auf zu vielen Verpackungen stehen irreführende Angaben zur Herkunft oder Regionalität der Produkte. Für uns Verbraucherinnen und Verbraucher ist es fast unmöglich, die wahre Herkunft auf einen Blick zu erkennen. Dieser Kennzeichnungsdschungel entsteht durch einen Wildwuchs an freiwilligen Regionallabels der Privatwirtschaft. Transparenz und Einheitlichkeit – Fehlanzeige.

(Max Straubinger [CDU/CSU]: Die sind aber gut! Da können sich die Verbraucher was vorstellen, Frau Schierenbeck! – Zuruf des Abg. Stephan Protschka [AfD])

Was ist bisher geregelt? Auf EU-Ebene ist die Angabe der Herkunft bisher nur für wenige Lebensmittel verbindlich vorgeschrieben. Ich nenne einige Beispiele: Bei den Eiern sehen wir, dass eine Herkunftskennzeichnung funktioniert, wenn sie verpflichtend vorgeschrieben ist. Sie wissen es alle: Der Stempelaufdruck auf dem Ei zeigt uns, wie die Henne gehalten wurde und wo sie das Ei gelegt hat. Eindeutig gekennzeichnet werden müssen frisches Rindfleisch und Fisch. Für frisches Obst und Gemüse ist die Angabe des Ursprungslandes ebenfalls verpflichtend. Allerdings gibt es Ausnahmen, zum Beispiel bei Bananen, Oliven, Früh- und Speisekartoffeln; hier ist es leider nur freiwillig.

Die verpflichtende Kennzeichnung umfasst also nur bestimmte Produkte; vor allem betrifft sie nur unverarbeitete Produkte. Das heißt: Selbst Produkte wie Obst, Gemüse oder Fleisch fallen, wenn sie verarbeitet werden, nicht mehr unter die Kennzeichnungspflicht. Es gibt also reichlich Lücken und Nachbesserungsbedarf.

(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Ah ja!)

Was wollen die Verbraucherinnen und Verbraucher? Sie wünschen sich mehr Transparenz. Sie haben das Recht, zu erfahren, woher ihre Lebensmittel kommen; schließlich ist das die Grundlage für eine bewusste Kaufentscheidung. Für uns als SPD-Fraktion ist klar: Wir müssen eine verpflichtende Herkunftsangabe auf allen Lebensmittelverpackungen sicherstellen, und zwar EU-weit.

(Zuruf des Abg. Max Straubinger [CDU/CSU])

Das heißt: Die jetzige Herkunftsbezeichnung muss ausgeweitet werden. Wichtig ist uns dabei, dass unbedingt auch verarbeitete Produkte erfasst werden, die zum Beispiel Milch, Gemüse oder Fleisch als Zutat haben. Nehmen wir das Beispiel der Tomatensuppe: Die Tomaten sind die Primärzutat der Suppe, also soll deren Herkunft in Zukunft eindeutig gekennzeichnet werden.

Zurück zur Regionalität. Was, meinen Sie, heißt „aus der Region“? Aus Ihrem Nachbardorf, aus dem Landkreis oder aus Ihrem Bundesland? Sie merken: Die Voraussetzung für eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung regionaler Lebensmittel ist eine klare Definition des Wortes „Region“. Außerdem wollen wir, dass mindestens 75 Prozent der Zutaten eines Produktes aus dieser definierten Region stammen müssen. Nur so verdient es diese Bezeichnung eines regionalen Lebensmittels.

Fassen wir zusammen: Grundsätzlich muss die künftige Kennzeichnung von Herkunft und Regionalität leicht verständlich, einheitlich, vergleichbar und verbindlich sein. Diese Transparenz wäre das Gegenteil des heutigen Kennzeichnungsdschungels. Nur so schaffen wir den Weg dahin, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher informiert sind und bewusste Kaufentscheidungen treffen können und wir das Vertrauen auch wieder zurückgewinnen.

Abschließend ist mir wichtig, zu betonen: Die Bundesregierung kann hier mit unserer Unterstützung rechnen. Wir von der SPD-Bundestagsfraktion setzen uns deutlich für eine umfassende, übersichtliche, einheitliche und staatlich festgelegte Zertifizierung ein. Wir hoffen also, dass schnellstmöglich eine entsprechende Verordnung von der EU-Kommission auf den Weg gebracht wird. Ich freue mich, dass unser Ernährungsminister Cem Özdemir bereits zu Beginn des Jahres –

Kommen Sie bitte zum Schluss.

– mit Österreich eine Initiative gestartet hat. Dabei hatte er auch eine breite Unterstützung vieler weiterer EU-Mitgliedstaaten erhalten. Das ist genau, was wir wollen, –

Frau Schierenbeck, letzter Satz, bitte.

– einen europäischen Schulterschluss, die Herkunft von Lebensmitteln transparenter zu machen.

Danke.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Ingo Bodtke [FDP] – Stephan Protschka [AfD]: Danke für die Unterstützung unseres Antrags! – Frank Rinck [AfD]: Ihr Antrag war der andere!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7549484
Wahlperiode 20
Sitzung 76
Tagesordnungspunkt Tierhaltungskennzeichnung
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