Heike BaehrensSPD - Aktuelle Stunde - Krise in den Kinderkliniken
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit platter Kampfrhetorik die Situation zu dramatisieren, hilft weder den Kindern und Familien noch den Ärztinnen und Ärzten und auch nicht den Pflegekräften.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ja, es ist richtig: Die Situation auf vielen Kinderstationen ist dieser Tage höchst angespannt. Die Welle der Atemwegsinfektionen trifft auf ein Versorgungssystem, das nach fast drei Jahren Pandemie erschöpft ist.
(Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Das war schon vor der Pandemie so!)
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kliniken stehen unter Höchstspannung. Die Hausarztpraxen und die Kinder- und Jugendärzte werden überrannt. Familien stehen erneut unter Druck durch die oft langanhaltenden RSV-Infektionen und haben Sorge, im Notfall nicht schnell ärztlichen Rat zu bekommen.
Dass Kinder und Jugendliche in manchen Regionen keine Aufnahme finden, wenn sie eigentlich in der Klinik versorgt werden müssten, verunsichert viele Familien und macht den dringenden Handlungsbedarf deutlich: Krankenhäuser dürfen finanziell nicht auf Kante genäht sein. Krankenhäuser müssen Kapazitäten vorhalten können für solche Spitzen. Krankenhäuser und ganz speziell Kinderkliniken müssen personell gut ausgestattet sein.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Nicole Westig [FDP])
Dieser Handlungsbedarf ist erkannt. Es wurden bereits wichtige Weichen neu gestellt, und die grundlegende Reform der Krankenhausfinanzierung ist angestoßen worden durch unseren Gesundheitsminister Karl Lauterbach. 2019 haben wir als SPD bereits in der Vorgängerkoalition – daran will ich Sie von der Union erinnern – das Pflegebudget eingeführt. Das heißt, seit zwei Jahren werden alle Personalkosten für die Pflege in vollem Umfang außerhalb der Fallpauschalen vergütet. Krankenhausträger können theoretisch jede Pflegekraft einstellen, die sie finden können, und bekommen sie auch refinanziert.
(Martin Reichardt [AfD]: Sie finden nur keine!)
Doch woher kommen die Ärzte und Fachpflegepersonen, die wir jetzt dringend benötigen? In allen Bereichen der Pflege haben wir einen akuten Personalmangel. Krankenhäuser wie die Kinderklinik Sankt Louise in Paderborn helfen sich gerade, indem sie einen Apell gestartet haben: Sie sprechen Ruheständler, Pflegekräfte, die den Beruf verlassen haben, Studierende und andere an und bitten sie, in dieser angespannten Situation mitzuhelfen. Und überraschenderweise stoßen sie auf Resonanz. Das hilft kurzfristig, ist auf Dauer natürlich keine Lösung, aber ein wichtiger Hinweis, worauf es ankommt: Wir müssen dafür sorgen, die Arbeitsbedingungen in der Pflege wieder so attraktiv zu machen, dass niemand mehr diesen für unsere Gesellschaft so wertvollen Beruf verlässt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wir brauchen gute Tarife und moderne Arbeitszeitgestaltung, die jungen Menschen eine Perspektive bietet und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht. Und wir brauchen eine gesellschaftliche Wertschätzung dieser Arbeit, die weit über das Applaudieren hinausgeht. Damit die Arbeitsbedingungen nachhaltig besser werden, haben wir mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz die Einführung einer verbindlichen Pflegepersonalbemessung beschlossen. Wir bringen ein Instrument auf den Weg, das von den Pflegefachpersonen selbst entwickelt und umgesetzt wird. Diese Maßnahme wird langfristig eine große Wirkung entfalten. Davon sind auch die Gewerkschaft Verdi und der Deutsche Pflegerat überzeugt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Um jetzt schnell für Entlastung auf den Kinderstationen zu sorgen, nehmen wir die Pädiatrie nun aus den Fallpauschalen, den sogenannten DRGs, heraus.
(Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Das stimmt nicht! Das ist eine falsche Aussage!)
Für die nächsten zwei Jahre bekommen die Kinderkliniken zusätzlich jährlich 300 Millionen Euro. Damit steigen wir in eine neue Finanzierungslogik ein; denn Vorhaltekosten werden bezahlt. Die Krankenhäuser bekommen eine feste Grundfinanzierung, egal wie viele Behandlungen sie durchführen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nicole Westig [FDP])
Wir können uns dann auch in solch zugespitzten Situationen wie jetzt darauf verlassen, dass die Kapazitäten ausreichen werden. Der Einstieg in eine große Krankenhausreform, die unser Minister Karl Lauterbach in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht hat, ist geschafft. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir drehen mit der Krankenhausreform ein ganz großes Rad. Jetzt kommt es darauf an, dass alle Beteiligten mitziehen, insbesondere die Länder. Ich schaue ganz bewusst zur CDU/CSU; denn Sie können Ihren Lippenbekenntnissen nun Taten folgen lassen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächste Rednerin ist für die CDU/CSU-Fraktion Emmi Zeulner.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549525 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 76 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Krise in den Kinderkliniken |