Erich IrlstorferCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Krise in den Kinderkliniken
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich merke da auf einmal die große Liebe für die Kinder- und Jugendmedizin; schön, sehr gut, das freut mich.
(Beifall der Abg. Simone Borchardt [CDU/CSU] – Dr. Andrew Ullmann [FDP]: Auch in der Union!)
Ich kann Ihnen eines sagen: Ein bisschen Vertrauen in unsere Minister sollten wir auf jeden Fall haben. Es ist zum Thema Fallpauschalen die klare Ankündigung gemacht worden, dass man die Kinderkliniken kurzfristig für zwei Jahre mit 300 Millionen Euro pro Jahr unterstützen wird, um Vorhaltekosten und dergleichen finanzieren zu können. Das ist generell richtig. Das ist notwendig und überfällig. Deshalb werden wir das jetzt machen. Wir von der Union unterstützen das. Genauso richtig finde ich es, dass dieses Thema von der Linken ins Plenum zurückgebracht wird. Deshalb diskutieren wir es hier.
Ich kann Ihnen eines sagen – meine Kollegin Zeulner hat es vorhin schon angesprochen; ich war bei den Gesprächen dabei, bitte erlauben Sie mir die folgende Ausführung –: Es stört mich, dass sich Leute hierhinstellen und so tun, als wären sie die letzten Jahre nicht dabei gewesen. Wir haben in der Großen Koalition über das Thema „generalistische Ausbildung“ diskutiert. Die klare Haltung der Union damals war: Wir wollen einen funktionierenden Beruf nicht in die Generalistik implementieren, weil wir der Meinung sind, dass das läuft. Damals gab es in der Kinder- und Jugendpflege neun Bewerbungen auf eine Stelle. Heute kriegen wir die Stellen nicht mehr besetzt. Wenn man sich jetzt hierhinstellt und sich wie die SPD einen schlanken Fuß macht, kann ich nur sagen: Das ist inhaltlich falsch, und es ist verlogen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Na, na, na!)
Weil auch wir einen Anteil an diesem Fehler haben, weil wir uns nicht durchsetzen konnten, kann ich nur sagen, dass wir das Thema „generalistische Ausbildung“ endlich angehen und das Thema der Herauslösung der Kinder- und Jugendpflege wieder ins Parlament holen wollen. Man kann einen Fehler machen. Aber wenn man sieht, dass man einen Fehler gemacht hat, dann muss man ihn korrigieren. Das ist meine herzliche Bitte.
(Beifall bei der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Die Länder haben es doch in der Hand! Bayern kann es doch machen!)
– Es interessiert mich nicht, ob die Länder das wollen. Wir müssen hier entscheiden und das Richtige tun.
(Beifall bei der CDU/CSU – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Immer diese Scheinargumente der SPD! – Zuruf der Abg. Marianne Schieder [SPD])
– Nein, nein.
Ich kann Ihnen nur sagen: Das eigentliche Problem ist nicht die hohe Anzahl der kranken Kinder, sondern das eklatante Problem ist der Mangel an Personal.
(Marianne Schieder [SPD]: Warum machen das die Bayern nicht? Warum machen Sie es nicht?)
Deshalb müssen wir Betten sperren. Deshalb können wir die Kinder nicht versorgen. Und dass die Eltern in so einer Situation Angst bekommen, das ist doch vollkommen normal. Wir müssen praxisnah handeln, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist notwendig.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich möchte noch anbringen, dass wir auch im Bereich Geburt Wissen generieren könnten. Es gibt die ganzen Untersuchungen und alles, was dazugehört. Ich stelle mir schon die Frage, warum wir in Deutschland die Situation haben, dass wir bei der Erstuntersuchung und in dem ganzen langen Prozess danach an die 30 Krankheiten abklären können, andere Länder teilweise 70 bis 80 Krankheiten. In Asien wird zum Beispiel aus dem Abfallprodukt der Geburt, der Nabelschnur, Wissen generiert; teilweise werden 1 000 bis 12 000 Erkrankungen abgeklärt. Warum machen wir das nicht? Es heißt immer wieder: Das liegt am Datenschutz. Ich bin ein Fan von Datenschutz, aber wenn der Datenschutz bessere Versorgung verhindert, dann ist das nicht in Ordnung, meine sehr geehrten Damen und Herren. Da müssen wir ran.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich glaube, dass uns diese Reform nach vorne bringen kann. Wir als Union – und das ist ein Angebot, Herr Minister – sind bereit, mitzuarbeiten und die Dinge so zu formulieren, dass wir wieder Stabilität reinbekommen. Das ist doch notwendig. Wenn ich hier höre: „Die Länder wollen dies und das“, kann ich nur sagen: Es muss ein Zusammenarbeiten zwischen Bund und Ländern sein. Wir werden diese Situation nur verbessern, wenn wir das gemeinsam machen.
Lassen Sie mich als letzten Punkt ein Beispiel bringen. Bei einem Erwachsenen dauert eine Blutabnahme ein paar Minuten; es kommt eine Fachkraft, die Blut abnimmt, und alles ist gut. Bei einem Kind braucht man dafür einfach länger, weil das Kind Angst hat und weint und die Eltern es trösten müssen. Das Blutabnehmen dauert hier vielleicht auch mal 20 Minuten oder eine halbe Stunde. Tatsache ist aber, dass man bei der Abrechnung keinen Cent mehr bekommt. Das Beispiel zeigt, dass man über das Thema Fallpauschalen diskutieren muss. Diese Diskussion müssen wir anfangen, aber es geht nicht einfach darum, Tabula rasa zu machen und die Fallpauschalen zu streichen – das ist alles Schmarrn – und auf Spitzabrechnung zu setzen. Nein, man muss klug handeln, man muss vielleicht auch ein Mischsystem einführen, und wir müssen hier ins Gelingen verliebt sein.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächste Rednerin ist für die FDP-Fraktion Nicole Westig.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549529 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 76 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Krise in den Kinderkliniken |