Michael BreilmannCDU/CSU - Änderung des Raumordnungsgesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gerade einen sehr juristischen Vortrag, einen sehr technischen Redebeitrag gehört.
(Daniel Föst [FDP]: Überfordert, oder?)
Raumordnungsfragen werden häufig unterschätzt, sind aber für eine nachhaltige Zukunftspolitik bedeutend. Wir haben gerade viel von Verfahrensbeschleunigung gehört, von der Beschleunigung von Infrastrukturmaßnahmen, von Modernisierung, von Digitalisierung. So weit, so gut. Das hört sich auch erst mal alles ganz gut an.
Der Bundesrat als Vertretung der Länder hat zu diesem Entwurf ausführlich Stellung genommen, auch wenn das Gesetz nicht der Zustimmung der Länderkammer bedarf. Die dort befassten Ausschüsse bewerteten dabei einige der geplanten Änderungen als kritisch – was uns nicht wundert –, lehnten diese ab bzw. forderten Nachbesserung.
Erwähnenswert ist, dass der Bundesrat die Ablehnung, insbesondere der Anpassungspflicht von Raumordnungsplänen der Länder und Regionen an Zielfestlegungen von Raumordnungsplänen des Bundes, aus verfassungsrechtlichen Gründen empfiehlt – freilich bisher nur mit mäßigem Erfolg. Das größte Zugeständnis der Bundesregierung in ihrer beschlossenen Gegenäußerung betrifft lediglich die Prüfung einer Ergänzung in den Regelungen zur Raumverträglichkeitsprüfung.
Und ja, inhaltlich ist die Anpassungspflicht von Raumordnungsplänen an Bundesvorgaben durchaus kritisch zu bewerten. Denn die Anpassungspflicht bedeutet, dass Länder und Regionen aktiv ihre Pläne ändern müssen, wenn sie Bundesplänen widersprechen. Dies ist meines Erachtens ein deutlicher Bruch mit der bisherigen föderalen Verfahrensstruktur. Das ist systemwidrig und, ja, auch verfassungsrechtlich problematisch.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Ampelregierung versucht hier durch die Hintertür, Ländern und Regionen bestimmte Vorstellungen aufzudrücken. Es verfestigt sich zunehmend der Eindruck, dass die Bundesregierung die eigene Position im Gefüge des Raumordnungsverfahrens stärken möchte. Dies hat aber mit einer Beschleunigung des Verfahrens nichts zu tun; denn Regionalpläne sind ein zentrales Steuerungsinstrument zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums.
Wie das funktioniert, zeigt ein Beispiel aus meiner Region, aus dem Ruhrgebiet. Seit 2009 ist die Regionalplanungsbehörde beim Regionalverband Ruhr für die Regionalplanung in elf kreisfreien Städten und vier Kreisen des Verbandsgebiets zuständig. Das Ruhrparlament, also die Verbandsversammlung, ist der Planungsträger. Im Herbst 2020, gleichzeitig mit den Kommunalwahlen, wurde das Ruhrparlament erstmals von Bürgerinnen und Bürgern direkt in einer Wahl gewählt; das hat eine hohe demokratische Legitimation. Da wird Raumordnung im Alltag deutlich greifbarer, konkreter und lebendiger, und das direkt in der Region. Deswegen ist – das ist wichtig – auch im Rahmen der Änderung des Raumordnungsgesetzes die föderale Struktur zu achten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Auch die geplanten Änderungen beim Zielabweichungsverfahren sind kritisch zu bewerten. Derzeit kann von Zielen der Raumordnung nur eingeschränkt auf Antrag abgewichen werden. Die Entscheidung über solch einen Antrag liegt bisher als Kannbestimmung im Ermessen der Planungsbehörde. Die von Ihnen, Frau Ministerin, vorgelegte Reform sieht jedoch vor, dass die Gruppe der Antragsberechtigten deutlich ausgeweitet werden soll, was nicht zur Beschleunigung des Planungsverfahrens beitragen wird. Noch problematischer ist die Änderung dieser bisherigen Kannbestimmung in eine Sollbestimmung. Damit wird der Grundsatz der Ausnahme bei der Zielabweichung aufgegeben, und das ist schlecht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Brian Nickholz [SPD]: Ganz im Gegenteil!)
Nicht nachvollziehbar ist für mich im Übrigen auch der Ansatz, bei der Besetzung des Beirates für Raumentwicklung das Benehmen mit den zuständigen Spitzenverbänden zu streichen. Eine Begründung dafür gibt es nicht; vielleicht kann die heute noch geliefert werden.
Zum Fazit. Viele Änderungen, die der Gesetzentwurf vorsieht, bieten Möglichkeiten zur Beschleunigung und Flexibilisierung; das ist richtig. Aber es gibt auch Regelungen, die Gefahren in sich tragen. Insgesamt sehen wir diese Reform daher sehr kritisch. In diesem Sinne bin ich gespannt, was bei dieser Gesetzesnovelle der Raumordnung letztlich herauskommt: eine notwendige Planungsbeschleunigung oder aber ein Angriff auf unsere bewährte Föderalstruktur, dem wir als Unionsfraktion so sicherlich nicht zustimmen werden.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Kollegin Christina-Johanne Schröder hat jetzt das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549595 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 76 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Raumordnungsgesetzes |