Helge LindhSPD - Geschlechtergerechte Sprache
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Anträge offenbaren die zehn Gebote des gemeinen AfDlers:
Erstens. Der gemeine AfDler hat Angst vor Sprache, weil Sprache mit der Zeit geht und die Gesellschaft abbildet.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Enrico Komning [AfD]: Und die gemeine AfDlerin, bitte!)
Zweitens. Der gemeine AfDler hat Angst vor der Frau, ganz grundsätzlich und weil die Frau mit der Zeit geht und die Gesellschaft abbildet.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Zuruf des Abg. Martin Reichardt [AfD])
Drittens. Der gemeine AfDler begreift das sprachliche Patriarchat – Zitat – „als Resultat eines organischen, konsensualen Prozesses … mit dem auch Frauen zufrieden waren“.
Viertens. Der gemeine AfDler ist nicht damit zufrieden, dass Frauen heutzutage nicht mehr zufrieden sind.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Fünftens. Der gemeine AfDler hat offensichtlich Probleme mit seiner Maskulinität. Deshalb betont er sie umso mehr.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Martin Reichardt [AfD]: Welche Frau war denn mit Ihnen zusammen?)
Und der gemeine AfDler ist geradezu manisch besessen von der Frau in der Frage der Gleichstellung.
Fünftens. Der gemeine AfDler ist stolz auf die Leistungsbilanz der männlich dominierten Gesellschaft,
(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Da haben Sie was übersprungen! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Haben Sie sich verzählt? – Martin Reichardt [AfD]: Sie sind doch weder Mann noch Frau!)
die sich aus Genoziden, Femiziden, Gewalt, Krieg, Ausbeutung von Arbeitskraft und natürlichen Ressourcen zusammensetzt.
Siebtens. Der gemeine AfDler beschwört gerne die reine, generisch maskuline Sprache, eine Sprache die es nie gegeben hat, weder im Kaiserreich noch zu Goethes Zeiten noch vor dem Urknall.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Reden Sie einfach weniger davon!)
Achtens. Der gemeine AfDler fürchtet – ich zitiere – „die unnatürliche Verunstaltung der deutschen Sprache“. Das ist so; denn der gemeine AfDler spricht gerne von sich selbst.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)
Neuntens. Der gemeine AfDler macht Teilzeit. Er ist nämlich genau dann und nur dann für Frauenrechte, wenn zum Halali geblasen wird gegen Flüchtlinge, Muslime und Araber.
Zehntens. Der gemeine AfDler nutzt das Thema Gendersprache, um Anschlussfähigkeit an den Mainstream zu schaffen.
(Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Genau! Das ist es! – Martin Reichardt [AfD]: Sie haben sich zwischendurch verzählt!)
Die Mittel sind „innerer Schweinehund“, „Stammtisch“ und „Populismus“. Und im Zuge dessen versucht er, eine Bresche in die Phalanx der demokratischen Parteien zu schlagen.
Dieser Versuch ist leider zum Teil erfolgreich, muss ich abschließend feststellen.
(Martin Reichardt [AfD]: Hören Sie sich selber?)
Es ist völlig legitim, wenn man fair über Gendersprache debattiert,
(Martin Reichardt [AfD]: Das machen wir doch gerade!)
und es ist einer demokratischen Partei an und für sich auch nicht vorzuwerfen, wenn die AfD mit ihr stimmt. Wenn aber die CDU-Fraktion in Thüringen
(Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Oh!)
einen Antrag gegen das Gendern im Parlament und in der Regierung stellt, wohl wissend um die rechtspopulistische, rechtsextremistische Aufladung und Instrumentalisierung dieses Themas,
(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Vorsicht!)
und nur eine Mehrheit gewinnen kann – und gewonnen hat – mithilfe der Stimmen der AfD,
(Enrico Komning [AfD]: … dann ist das Demokratie!)
dann gilt die Unschuldsvermutung nicht mehr, dann können Sie sich nicht auf diese Unschuld berufen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Und das gilt erst recht nicht, wenn die Stimmen der AfD Björn Höckes eingepreist werden. Worin das mündet, sehen wir – leider – zum Beispiel im Kreistag Bautzen an dem gemeinsamen Stimmverhalten gegen Integrationsleistungen für vollziehbar Ausreisepflichtige.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! – Zurufe von der AfD: Oh!)
Also stelle ich fest: Wenn man das tut, wenn man genau das tut, macht man sich – leider – zum Dienstleister des besagten gemeinen AfDlers und ebnet den genannten zehn Geboten dieses AfDlers den Weg in den Mainstream. Das aber machen wir als Koalition nicht mit.
Vielen Dank.
(Anhaltender Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Abg. Leni Breymaier [SPD] sowie Abg. Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] erheben sich)
Herr Kollege Grundl, Sie können sich wieder setzen. Standing Ovations um diese Tageszeit! Ich finde es schön. Wir sind alle wieder aufgewacht. – Der nächste Redner ist der Kollege Dr. Christoph Ploß, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549653 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 76 |
Tagesordnungspunkt | Geschlechtergerechte Sprache |