Carmen WeggeSPD - Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen!
(Stephan Brandner [AfD]: Jetzt grenzen wir Die Linke aus und die Grünen! – Fabian Jacobi [AfD]: Was die SPD unter Demokratie versteht!)
Sehr geehrte Damen und Herren! Der Dieselskandal im Automobilsektor, die Bilanzmanipulation des Wirecard-Konzerns, diese Wirtschaftsskandale aus der jüngsten Zeit hätten wahrscheinlich verhindert werden können, wenn Staat und Öffentlichkeit rechtzeitig über das notwendige Insiderwissen verfügt hätten – Insiderwissen, das vor allem die Beschäftigten dieser Unternehmen haben. Aber warum haben sie ihr Wissen nicht geteilt? Ganz einfach: Hinweisgeber/-innen
(Stephan Brandner [AfD]: Außen auch! Nicht nur innen!)
werden in ihren Unternehmen drangsaliert, ihnen wird gekündigt und sie müssen um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten. Dem schieben wir nun einen Riegel vor.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz schlagen wir ein neues Kapitel beim Schutz von Whistleblowerinnen und Whistleblowern auf. Im Gesetzgebungsverfahren haben wir hart gerungen, und wir haben viel Gutes erreicht. Ich möchte drei Erfolge nennen:
Erstens. Wir haben ein eigenes Hinweisgeberschutzgesetz. Wir hätten die EU-Richtlinie auch durch Änderungen mehrerer Einzelgesetze umsetzen können. Aber wir wollten Rechtssicherheit für Whistleblower/-innen. Wenn sie noch zögern, einen Missstand öffentlich zu machen, sollen sie in nur ein Gesetz schauen müssen. Dann wissen sie, was für sie gilt.
Zweitens. Wir schützen auch Menschen, die Verstöße gegen nationales Recht anzeigen. Laut Richtlinie hätten wir den Schutz der Whistleblower/-innen nur einführen müssen, wenn die Personen Verstöße gegen EU-Recht melden, zum Beispiel Verstöße gegen das Datenschutzrecht. Dieser Schutz hätte viele Lücken gelassen. So jedoch wird hinweisgebenden Personen mehr Rechtssicherheit gegeben; mein Kollege Sebastian Fiedler hat das schon ausgeführt.
Drittens. Nicht zuletzt haben wir in den Verhandlungen einen neuen Schutzbereich für Beamtinnen und Beamte geschaffen; das wurde hier heute schon häufiger gesagt. Beamtinnen und Beamte sind nun vor dienstrechtlichen Konsequenzen geschützt, wenn sie Hinweise auf Äußerungen von Kolleginnen und Kollegen melden, die an deren Pflicht zur Verfassungstreue zweifeln lassen. Das können insbesondere auch Nachrichten oder Bilder in Chatgruppen sein, in denen Beamtinnen und Beamte Umsturzfantasien und Staatsfeindlichkeit äußern. Leider sind solche Chatgruppen kein Einzelfall. Umso wichtiger ist es, dass wir davon erfahren.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Von heute an hat der alte Korpsgeist ausgedient, wenn es um die Treue zur Verfassung geht.
(Fabian Jacobi [AfD]: Treue zur Regierung meinen Sie!)
Stattdessen stehen die Demokratinnen und Demokraten wieder einmal geschlossen zusammen.
Mit der heutigen Verabschiedung des Hinweisgeberschutzgesetzes ist unsere Arbeit als Gesetzgeber noch nicht abgeschlossen. Unsere Entschließung macht sehr deutlich, an welchen Bereichen in künftigen Gesetzen wir arbeiten wollen, um den Schutz von Whistleblowerinnen und Whistleblowern weiter zu stärken. Auch hier möchte ich drei Punkte nennen:
Erstens: Staatsgeheimnisse. Wir wollen den Hinweisgeberschutz in den Bereichen der nationalen Sicherheit, der Nachrichtendienste, der Wehrbeauftragten und im Bereich der Verschlusssachen modernisieren. Gerade hier ist die Abwägung zwischen dem Aufdeckungsinteresse und dem Schutz der nationalen Sicherheit besonders heikel; das stimmt schon. Trotzdem müssen wir diese Abwägung vornehmen und Hinweisgeber/-innen unter festen Schutz stellen.
Zweitens. Im Bereich der Verschlusssachen wollen wir prüfen, wie wir zügig eine unabhängige Kontrollinstanz aufbauen, die für Streitfragen hinsichtlich der materiellen Einstufung von Verschlusssachen zuständig ist. Dies wird auch im Hinblick auf das neue Bundestransparenzgesetz wichtig sein.
Drittens. Nicht zuletzt werden wir beobachten, ob hinreichend gewährleistet ist, dass hinweisgebende Personen bei der Meldung von Verstößen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz geschützt sind, genauso wenn sie sonstiges erhebliches Fehlverhalten melden, dessen Aufdecken in besonderem öffentlichen Interesse liegt.
(Fabian Jacobi [AfD]: Herzlich willkommen in China!)
Ich will abschließend ganz deutlich werden: Wer die Hinweisgeber/-innen als Denunziantinnen und Denunzianten verunglimpft, hat noch nichts verstanden.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Fabian Jacobi [AfD]: Denunzianten sind das, was Sie sich wünschen!)
Whistleblower/-innen leisten einen Dienst an unserer Gesellschaft.
(Stephan Brandner [AfD]: Hören Sie einfach mal mit diesem blödsinnigen Gendern auf! Das ist ja fürchterlich!)
Ihnen rufe ich zu: Habt Mut! Der Staat wird euren Mut von heute an schützen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächste Rednerin: für die CDU/CSU-Fraktion Susanne Hierl.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549672 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 77 |
Tagesordnungspunkt | Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen |