Carmen WeggeSPD - Stärkung der Bundespolizei
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundespolizei ist aktuell sehr stark und vielfältig gefordert. In diesem Jahr sind es vor allem die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges, sei es der Schutz kritischer Infrastruktur – auch zur See – oder die Unterstützung bei der Ankunft von Geflüchteten aus der Ukraine. Hier möchte ich besonders erwähnen, dass die Bundespolizei dankenswerterweise schnell reagiert hat, als nach den ersten Ankünften von ukrainischen Frauen und Kindern Berichte über Menschenhandel und sexualisierte Übergriffe die Runde machten.
(Beifall des Abg. Lars Lindemann [FDP])
Die Präsenz wurde verstärkt, und vor Ort wurde sensibilisiert; genau so muss es laufen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aber auch die Razzia gegen Reichsbürger/-innen in der vergangenen Woche kann man nicht unerwähnt lassen. Die Bundespolizei unterstützt immer häufiger bei der Abwehr der großen Bedrohung durch Rechtsextremismus. Auch bei dieser bundesweiten Razzia war sie mit Hunderten Beamtinnen und Beamten beteiligt, darunter auch viele Spezialkräfte. Wir haben den Rechtsextremismus als die aktuell größte Gefahr für unsere Demokratie identifiziert, und für den Kampf gegen rechts brauchen wir starke Sicherheitsbehörden. Auf die Bundespolizei können und müssen wir uns an dieser Stelle verlassen.
Zur Erfüllung ihres wichtigsten Auftrags benötigt die Bundespolizei nicht, wie Sie in Ihrem Antrag schreiben, drei, sondern aus meiner Sicht sogar fünf Dinge. Eine starke Bundespolizei braucht ausreichend Personal, gutes Material, gute Arbeitsbedingungen, Anerkennung für die Arbeit der Beamtinnen und Beamten und schließlich eine moderne gesetzliche Arbeitsgrundlage.
(Stephan Brandner [AfD]: Gute Bezahlung auch, oder nicht?)
All das schaffen wir, all das schafft unsere Innenministerin Nancy Faeser, all das schafft die Ampel.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich möchte Ihnen auch konkret erläutern, wie wir in diesen fünf Bereichen jetzt aktiv werden oder bereits aktiv geworden sind:
Erstens: mehr Personal. Wir haben durch die Haushaltsberatungen 1 000 neue Stellen bei der Bundespolizei ermöglicht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: 1,5 Prozent Kürzung! – Philipp Amthor [CDU/CSU]: Kürzung!)
Diese neuen Beamtinnen und Beamten werden unter anderem zum Schutz von Flug- und Seehäfen und im Grenzschutz eingesetzt.
Zweitens: neues Material. Wir investieren ganz gezielt in die Bedarfe der Bundespolizei. Wir schaffen das an, was wegen der verstärkten Herausforderungen gebraucht wird. Die Bundespolizei See hat beispielsweise ein Verfahrenstrainingszentrum mit dem modernsten Schiffsführungssimulator Europas eröffnet – ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen im maritimen Raum ist dies eine dringend notwendige Weiterentwicklung. Ein weiteres Beispiel: Im Haushalt für 2023 haben wir 21 Millionen Euro zur Beschaffung neuer Kontroll- und Streifenboote für die Bundespolizei See sowie von Mehrzweckbooten für die GSG 9 vereinbart.
Drittens: gute Arbeitsbedingungen. Für mehr Sicherheit in Deutschland kommt es auf eine motivierte und gut ausgebildete Bundespolizei an. Genau deshalb stärken wir Supervision sowie Fort- und Weiterbildungen. Nur so kann man eine attraktive Arbeitgeberin bleiben.
(Sebastian Hartmann [SPD]: Das hat die Union nicht verstanden!)
Viertens: Wertschätzung für Polizistinnen und Polizisten. In dieser Legislaturperiode werden wir endlich die Polizeizulage wieder ruhegehaltsfähig gestalten können.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP] – Zuruf der Abg. Petra Nicolaisen [CDU/CSU])
Das ist uns als SPD seit vielen Jahren ein großes Anliegen. Liebe Union, bei Ihnen habe ich das jetzt noch nicht so häufig gehört. Mit der Wiedereinführung der Ruhegehaltsfähigkeit werden die Leistungen der Beamtinnen und Beamten endlich auch finanziell anerkannt – eine gute Nachricht für die Kolleginnen und Kollegen.
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Wann kommt es denn? Wo ist denn der Gesetzentwurf?)
Fünftens: Modernisierung des Bundespolizeigesetzes. Das stammt in großen Teilen noch aus dem Jahr 1994. Deswegen werden wir selbstverständlich einen Gesetzentwurf vorlegen.
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Ja, wann denn? Wo ist der denn? – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Wir haben einen gemacht in der letzten Legislaturperiode!)
Der Versuch einer Modernisierung der Rechtsgrundlagen ist, wie bereits bekannt, im Bundesrat gescheitert.
(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Der Bundestag hat einen Beschluss gefasst!)
Wir schaffen nun ein neues und zeitgemäßes Gesetz, das für eine moderne und bürgernahe Polizei stehen wird.
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: „Bürgernahe Polizei“?)
– Ja, bürgernah. Das ist für Sie vielleicht komisch, Herr Amthor; für uns ist das selbstverständlich.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Till Mansmann [FDP] – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Dafür braucht es aber keine SPD!)
Für dieses Ziel braucht es in unseren Augen klar geregelte Kompetenzen. Sie sind die Grundvoraussetzung für ein verfassungsfestes Gesetz. Wir wägen genau ab, welche Handlungsbefugnisse für die Bundespolizei notwendig sind und welche eben nicht.
(Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: In der letzten Legislaturperiode hat die SPD geschlafen!)
Unser Credo ist dabei nicht – wie in Ihrem Antrag – „Mehr ist immer besser“. Diese Haltung würde ich als einen konservativen Reflex bezeichnen, den wir als SPD endlich nicht mehr mittragen müssen.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Sie wollten das auch schon in der letzten Legislaturperiode nicht!)
Stattdessen wollen wir die Bundespolizei als bürgernahe Polizei stärken. Dafür ist das Vertrauen in unsere Sicherheitsbehörden ein zentraler Schlüssel.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ihre Politik atmet Misstrauen!)
Gerade deswegen werden wir die Kennzeichnungspflicht und einen unabhängigen Polizeibeauftragten einführen. Beide Maßnahmen sind Ausdruck einer modernen, professionell und vor allem rechtsstaatlich arbeitenden Polizei.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das hat sie schon vor Ihnen gemacht! Meine Güte!)
Sie sind Ausdruck eines offenen und transparent auftretenden Staates gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern. Das Vertrauen der Bürger/-innen in die Polizei wird damit gestärkt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Verschlucken Sie sich nicht! – Stephan Brandner [AfD]: „Bürger/-innen“! Dieses blöde Gegendere immer! Mein Gott!)
Mit Blick in die Zukunft ist die Bundespolizei also gut aufgestellt. Und besonders gut ist, dass wir jetzt die Innenministerin stellen.
(Lachen des Abg. Philipp Amthor [CDU/CSU] – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Reden Sie mal mit den Gewerkschaften!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Stephan Thomae [FDP] – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Wenn Sie uns nicht glauben, reden Sie mal mit den Gewerkschaften!)
Nächste Rednerin: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dr. Irene Mihalic.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549684 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 77 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der Bundespolizei |