16.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 77 / Tagesordnungspunkt 24

Ariane FäscherSPD - Engagementbericht - Zukunft Zivilgesellschaft

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Demokraten! Liebe Engagierte! Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich Regine Hildebrandt: Sach mir doch nich, dasset nich jeht, sach mir, wie et jeht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das zivilgesellschaftliche Engagement in Deutschland verändert sich. Mit dem Fokus „Junges Engagement im digitalen Zeitalter“ hat sich der Dritte Engagementbericht befasst. Er zeigt auf, dass Engagement im Umbruch ist. Es wird in Teilen spontaner, agiler und digitaler, auch in der Vereinsarbeit. Durch die Digitalisierung entstehen neue Formen des Engagements: basisdemokratische Bewegungen ohne feste Struktur, aber mit großer politischer Kraft – jedoch ohne Rechtsform. Damit fallen sie aus unseren Förderkulissen weitgehend heraus; unsere Förderinstrumente sind nämlich momentan auf eine analoge Welt ausgerichtet. Unsere Instrumente passen also noch nicht zum realen und künftigen Engagement, übrigens nicht nur von jungen Menschen.

Jetzt ist also die Frage, wie „et in Zukunft jeht“. Wie ein Kollege neulich auf einem Podium desillusionierend, wie ich fand, einwarf: „Eher ändern Sie die Zehn Gebote als die Bundeshaushaltsordnung“.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Wir stecken da wohl in einem Dilemma.

Rund 29 Millionen Menschen in Deutschland – wir haben das schon gehört – engagieren sich ehrenamtlich; davon sind rund 6 Millionen unter 30 Jahre alt. Ihr Engagement ist anders, jedenfalls teilweise. Wie kommen wir aber zu einem einfachen, handhabbaren Instrumentenkoffer der staatlichen Unterstützung, der den Bedarfen der Engagierten auch dient? Die Koalition steht im Startblock, um in diesem Sinne bis Ende 2024 die Engagementstrategie des Bundes neu aufzulegen. Darin fordert der Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“ neben Ministerien, dem Engagementnetzwerk BBE und der Bundesstiftung DSEE eine gestaltende Rolle ein; denn wir Parlamentarier sind in unseren Wahlkreisen an den realen Bedarfen vor Ort nah dran.

Die Ehrenamtlichen sagen uns: zu bürokratisch, zu kompliziert, viel Aufwand. – Es geht um Fragen wie Förderperioden, Versicherungen, Haftung, Gemeinnützigkeit oder Fahrtkosten. Für Vereine finden sich weniger Vorstände. Menschen wollen sich kurzfristiger in Projekten oder spontan in der Katastrophenhilfe engagieren. Und Engagement ist immer noch privilegiert, weil sich zum Beispiel ärmere Familien den Freiwilligendienst des Kindes, den Laptop oder auch die Fahrt zur Jugendkonferenz schlicht nicht leisten können. Wir wollen deshalb, dass nicht nur Verbände, sondern auch Engagierte und vor allem noch nicht Engagierte die Strategie aktiv mitgestalten können, in dezentralen Veranstaltungsformaten und auf der bereits freigeschalteten Onlineplattform, bei der alle mitmachen können.

Die Zivilgesellschaft ist eine tragende Säule der Demokratie und wird immer stärker eine Zukunftsfrage für die Stabilität von Staat und Gesellschaft sein. Dort wird Demokratie positiv erlebt, als Gegengewicht zu Ohnmacht, Hass und, wie wir kürzlich erst erlebt haben, Umsturzfantasien. Digital aktive junge Menschen fühlen sich politisch und gesellschaftlich wirksamer. Gerade im ländlichen Raum wird das digitale Engagement als Alternative für vielleicht fehlende reale Beteiligungsmöglichkeiten erlebt. So wie wir die wehrhafte Demokratie mit dem Demokratiefördergesetz absichern, müssen wir auch das zivilgesellschaftliche Engagement in Zukunft mit einem Engagementfördergesetz flankieren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Martin Gassner-Herz [FDP])

Wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, können eine lebendige Partnerschaft zwischen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft mit direkten, zukunftsweisend flexiblen und unbürokratischen Instrumenten ermöglichen. Die Bundesengagementstrategie wird zeigen, „wie et jeht“.

In diesem Sinne: Frohe Weihnachten und ein gesundes neues Jahr!

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Nächste Rednerin ist für die AfD-Fraktion Gerrit Huy.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7549700
Wahlperiode 20
Sitzung 77
Tagesordnungspunkt Engagementbericht - Zukunft Zivilgesellschaft
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