16.12.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 77 / Tagesordnungspunkt 26

Katrin BuddeSPD - Deutsche Welle

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Frau Präsidentin, jetzt fühle ich mich unter Druck gesetzt, auch Zeit einzusparen. –

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wissen Sie, Herr Renner, da war selbst „Der schwarze Kanal“ mit Karl-Eduard von Schnitzler besser als Sie mit Ihrer Rede eben. Das will schon viel heißen, wenn man das schafft.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN und des Abg. Michael Sacher [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wann immer ich für den Ausschuss für Kultur und Medien in der Welt unterwegs bin, besuche ich die Kolleginnen und Kollegen der Deutschen Welle vor Ort. Mal sind es direkt Sendestationen der Deutschen Welle, mal sind es Kooperationspartner der Deutschen Welle Akademie, mal sind es Projekte der Hannah-Arendt-Initiative. Wir waren als Ausschuss gerade wieder in Georgien vor Ort und haben dort die Kolleginnen und Kollegen, die zusammenarbeiten, getroffen.

Immer treffe ich auf hochengagierte, gesellschaftspolitisch fitte Menschen, deren Ziel eine gut recherchierte und unabhängige Information der Menschen in der Region ist, in die sie ihre Sendungen ausstrahlen. Manchmal sind sie in der Region auch die einzigen wirklich unabhängigen Medien. Oft kämpfen sie zudem von ihren Standorten in demokratischen Ländern aus gegen die Einflussnahme durch von autokratischen Staatssendern oder Oligarchen finanzierte Berichterstattung, gegen Falschinformationen und Fake News, und das in den Sprachen, die in diesen Regionen auch verstanden werden.

Dabei geht es neben der Vermittlung der deutschen Sprache und Informationen über die deutsche Politik, Kultur, das deutsche Alltagsleben, über Wirtschaft und Wissenschaft aber auch immer mehr darum, einen elementaren Baustein unserer Demokratie, unserer freien Gesellschaft, der Grundlage unseres Zusammenlebens und unseres wirtschaftlichen Erfolges, nämlich die freie und unabhängige Berichterstattung, zu ermöglichen. Dies muss längst nicht mehr nur und darf auch gar nicht mehr nur in deutscher Sprache erfolgen. Aber – auch das erfahre ich überall in der Welt – die Zusammenarbeit der Deutschen Welle mit den deutschen Mittlerorganisationen ist super. Deshalb setzt die Deutsche Welle ihren Auftrag nach § 4 Satz 3 des Deutsche-Welle-Gesetzes auch hervorragend um.

Meine Damen und Herren, alle Punkte in dem Ampelantrag sind wichtig, und keiner darf gering geschätzt werden. Dennoch will ich mich auf einige konzentrieren: auf die, die helfen – eine unabhängige, faktenbasierte Berichterstattung –, die Meinungsfreiheit und die Bildung einer eigenen Meinung auf Grundlage freier Medienberichterstattung zu ermöglichen.

Ich bin im Kalten Krieg aufgewachsen. Ich war selber in der Friedlichen Revolution aktiv. Ich habe die deutsche Wiedervereinigung mit allen guten und schwierigen Situationen miterlebt. Ich habe die Strukturbrüche in Ostdeutschland erlebt und abzufangen versucht. Ich habe Neues aufgebaut und nicht nur zugesehen, als ein neues, großes Europa entstanden ist, ein Europa mit auch sehr vielen inneren Unterschieden. Ich war während der Finanzkrise politisch aktiv, habe den Krieg im ehemaligen Jugoslawien und den Zerfall miterlebt. Ich habe mit Bewunderung beobachtet, wie aus ehemaligen Sowjetrepubliken eigene, unabhängige Staaten wurden, die Teil der EU geworden sind oder ihren Weg in die EU suchen. Und ich habe mit Schrecken gesehen, wie einige von ihnen wieder Satelliten eines immer autokratischer werdenden Russlands geworden sind. Ich habe mit Schrecken gesehen, wie der Arabische Frühling in eine Katastrophe mündete. Wir haben die globale Pandemie erlebt und den Überfall Russlands auf die Ukraine. Es herrscht wieder Krieg in Europa.

Ich habe aber auch – nach all diesen Veränderungen in den 30 Jahren – noch nie so viel Autokratie, Diktatur und Unfreiheit auf der Welt erlebt. Die Welt von heute ist nicht mehr einfach und klar begreifbar. Da gibt es nicht mehr hier böse, da gut. Da gibt es nicht mehr – wie im Kalten Krieg – hier Kommunismus, da Kapitalismus. Da gibt es nicht mehr Osten und Westen. Die Welt ist verdammt kompliziert, differenziert und auch beängstigend geworden, auch für die Menschen, die auf dieser Welt leben. Da wird gerne mal zur vermeintlich einfachen Antwort gegriffen, da werden Fake News und anderes zur Wahrheit.

In einer solchen Welt ist eine freie, unabhängige, faktenbasierte Presselandschaft, solch eine Medienlandschaft extrem wichtig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Sie muss die Menschen überall auf der Welt in deren Sprache erreichen. Die Deutsche Welle leistet hier einen unersetzbaren Beitrag. Ich danke auch noch mal allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf der Welt.

Ich persönlich finde diesen Auftrag in der Gegenwart sogar wichtiger als das Vermitteln der deutschen Sprache, obwohl ich meine Sprache liebe. Es ist verdammt wichtig, starke mediale Antworten zu finden und die zu unterstützen, die für Freiheit und Selbstbestimmung kämpfen. Die Deutsche Welle wird im nächsten Jahr 70 Jahre alt und ist dabei immer jung geblieben. Helfen wir als Parlamentarier dabei, dass sie so bleibt.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Ha, 26 Sekunden!


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7549737
Wahlperiode 20
Sitzung 77
Tagesordnungspunkt Deutsche Welle
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