18.01.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 78 / Zusatzpunkt 1

Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Silvesterkrawalle

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich stehe jetzt hier vor Ihnen als Berliner, und ich muss schon sagen: Es schmerzt mich, dass wir über meine Heimatstadt, über Berlin, wieder in einem solchen Kontext reden müssen.

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn gezündelt, Herr Kollege? Kollege Buschmann!)

Aber wenn ich hier höre – Marco Buschmann hat das gesagt, viele andere haben es gesagt –, dass es hier allein um Wahlkampf gehen würde, dass es hier um Berlin-Bashing gehen würde, dann muss ich schon sagen: Diese Aktuelle Stunde haben wir doch nicht etwa, weil hier in Berlin Wahlkampf herrscht,

(Anke Hennig [SPD]: Aber Frau Lindholz hat es zum Wahlkampf genutzt!)

sondern die haben wir deswegen, weil es in Berlin in der Silvesternacht furchtbare Ausschreitungen und Exzesse gegen Polizei und Rettungskräfte gab und weil wir das als Deutscher Bundestag hier nicht unkommentiert lassen können.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD])

Dann will ich Ihnen, Frau Alabali-Radovan, weil Sie gefragt haben, wie die CDU mit ihrer Reaktion darauf jemals Großstadtpartei sein möchte, dazu zwei Dinge sagen: Zum einen: Warten wir mal ab, wie das Wahlergebnis am 12. Februar sein wird,

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also doch Wahlkampf! – Anke Hennig [SPD]: Damit sind wir wieder im Wahlkampf!)

wie die Berlinerinnen und Berliner da entscheiden werden.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich denke, es geht nicht um die Wahl!)

Zum anderen will ich sagen: Wenn Ihre Vorstellung von Großstadtpartei ist, dass wir hier in Berlin rechtsfreie Räume haben, dass Polizeibeamte, Rettungskräfte und Feuerwehrleute Freiwild sind und keine Rückendeckung dieses Senats haben, dann möchte ich auch gar keine Großstadtpartei in Ihrem Sinne sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Anke Hennig [SPD]: Das nennen Sie nicht Wahlkampf?)

Was ist denn am 31. in der Nacht passiert? Retter, die Opfern helfen wollten, sind selbst zu Opfern geworden. Sie sind in einer perfiden Art und Weise in Hinterhalte gelockt worden, sind heimtückisch angegriffen worden. Ich glaube, wir alle können eigentlich nur von Glück reden, dass es nicht noch mehr Schwerverletzte unter den Polizeibeamten oder den Feuerwehrkräften gegeben hat.

Wenn Sie mit den Menschen sprechen, die dort in dieser Nacht im Einsatz waren, werden sie Ihnen sagen, dass sie sich wirklich wie in einem rechtsfreien Raum gefühlt haben, dass sie sich wie Freiwild gefühlt haben und auch, ja, dass sie Angst gehabt haben, dass sie den Rückzug antreten mussten, weil sie sich dieser Gewalt gegenübergesehen haben.

Ich kann Ihnen sagen: Ich will nicht, dass die Menschen, die Männer und Frauen, die jeden Tag für unsere Freiheit, für unsere Sicherheit auf die Straße gehen, die Leib und Leben riskieren, am Ende bei ihrem Dienst Angst haben. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Darauf brauchen wir eine klare und auch harte Reaktion unseres Rechtsstaates.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt meinen manche, die richtige Reaktion sei ein Böllerverbot. Darüber kann man vielleicht auch debattieren.

(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

Die Integrationsbeauftragte Schleswig-Holsteins meint jetzt, damit seien dann alle Probleme gelöst. Also, ehrlich gesagt, finde ich diese Argumentation mindestens eindimensional, um nicht zu sagen ein wenig einfältig.

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Mehr kann man von denen nicht erwarten!)

Am Ende ist es doch eine Ablenkung von den Problemen und den Ursachen, um die es eigentlich geht.

Da muss man sagen, anders als der Kollege Stephan Thomae es gerade gesagt hat: Dabei ging es doch nicht um irgendwelche Jugendlichen, die in Feierlaune waren, die vielleicht ein Bier zu viel getrunken und dann mal ein bisschen über die Stränge geschlagen haben.

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sondern?)

Das waren Menschen, die den Staat und seine Repräsentanten ablehnen,

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau!)

die ihnen feindlich gegenüberstehen. Das war ein Angriff auf unseren liberalen Rechtsstaat, auf unsere Demokratie, und das können wir nicht hinnehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD])

Deswegen ist es völlig klar, dass es dort harte Strafen geben muss, harte Strafen, weil wir auch als Gesellschaft ein klares Signal aussenden müssen, dass wir so etwas nicht hinnehmen. Und natürlich muss die Strafe auf dem Fuß folgen, es muss schnelle Verfahren geben; da muss mehr in Justiz investiert werden.

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie die Namen der Polizeibeamten nicht abgefragt? Warum wollten Sie die Namen der Feuerwehrleute nicht?)

Wir haben hier in Berlin das Neuköllner Modell, das aber leider nicht flächendeckend angewendet wird. Der Rechtsstaat muss an dieser Stelle Zähne zeigen, lieber Justizminister. Ich persönlich – der Kollege Throm hat schon darauf hingewiesen – finde eine Strafschärfung an dieser Stelle sympathisch. Wir haben sie schon vor einigen Jahren vorgeschlagen. Ich will Ihnen auch sagen, weswegen ich sie sympathisch finde: weil es schon einen Unterschied macht, ob man Menschen, die im Interesse unserer Freiheit und Sicherheit Dienst verrichten, gezielt in einen Hinterhalt lockt. Darin manifestiert sich ein besonderes Handlungsunrecht, an das auch ganz konkrete Rechtsfolgen anknüpfen.

Natürlich ist es so: Wenn man die Mindeststrafen erhöht, sind die Rechtsfolgen andere. Ich nenne das Beispiel der U‑Haft, das Sie angesprochen haben. Natürlich kann ich jemanden, dem eine höhere Strafe droht, viel eher in U‑Haft nehmen und am Ende auch schneller verurteilen.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: So ist es! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: U-Haft kriegen Sie wegen Verdunkelungsgefahr!)

Deswegen wäre es an dieser Stelle richtig, dem Vorschlag der Innenministerin zu folgen und hier zu einer Strafschärfung zu kommen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Einen letzten Punkt möchte ich dann schon auch noch nennen. Bei dieser Respektlosigkeit, die dem Staat, den Einsatzkräften, der Polizei hier entgegengebracht wurde, muss man schon fragen, woher sie kommt. Dafür gibt es ganz viele Ursachen – das ist sehr komplex –, die man auch bearbeiten muss.

Aber eine dieser Ursachen ist eben auch, dass man auf der linken Seite dieses Hauses –

Kommen Sie bitte zum Schluss.

– diesem Anspruch, der hier formuliert wurde, selbst nicht gerecht wird. Wenn die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken sagt, –

Letzter Satz bitte, Herr Luczak.

– in der Polizei gebe es latenten Rassismus, wenn bei den Grünen für die gewalttätigen Proteste in Lützerath Beifall geklatscht wird, wenn bei den Linken bei verdachtsunabhängiger Kontrolle immer an Racial Profiling gedacht wird,

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? – Anke Hennig [SPD]: Lächerlich!)

dann ist das am Ende das Gegenteil dessen, was Sie einfordern, –

Herr Luczak, bitte! Wir sind in einer Aktuellen Stunde.

– wenn Sie die Polizei unter einen Generalverdacht stellen.

(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir brauchen Anerkennung und Respekt für die Polizei ohne einen Generalverdacht. Wir brauchen Dank, Anerkennung und Respekt für die Männer und Frauen, die unseren Rechtsstaat schützen, liebe Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Throm [CDU/CSU]: Sehr gute Rede! – Anke Hennig [SPD]: Ganz schlimm!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7549835
Wahlperiode 20
Sitzung 78
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Silvesterkrawalle
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta