Marcus FaberFDP - Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit. Dafür muss man die getönte Brille ab und zu mal absetzen, Herr Farle.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)
Die Wirklichkeit verändert sich. Als ich im August in Charkiw war, sind dort Tag und Nacht Raketen eingeschlagen. Vor meiner Unterkunft gingen die Alarmanlagen der Autos durch die Druckwellen der einschlagenden Raketen an. Als ich vor zwei Wochen dort war, war das nicht mehr der Fall. Glücklicherweise schlagen dort heute nicht mehr täglich Raketen ein. Das liegt daran, dass die ukrainischen Streitkräfte die Umgebung von Charkiw befreit haben – mit Kampfpanzern.
Ich habe mich bei Kupjansk mit Soldaten der Panzertruppe unterhalten, die die Befreiung dieser Region vorgenommen hat. Ich habe mich mit ihnen über ihren T‑64 unterhalten. Es sind Soldaten in den 20er-Jahren, die einen T‑64 bedienen, der aus den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts stammt.
(Stephan Brandner [AfD]: Das ist wie der Marder!)
Sie haben mir zum Beispiel von der Knappheit an Ersatzteilen bei diesem Gerät berichtet, die sich im Laufe des Jahres weiter verschärfen wird. Sie wissen, dass der Gefechtswert ihres Fahrzeugs nicht zu vergleichen ist mit dem eines Leopards, weder eines Leopards 1 noch eines Leopards 2,
(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Genau!)
und dass sie westliche Panzer brauchen, um diesen erfolgreichen Prozess der Befreiung der besetzten Gebiete fortzusetzen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe mich in Cherson mit einem von 460 Insassen eines Foltergefängnisses unterhalten, einem pensionierten ukrainischen Polizisten. Er stand in seiner ehemaligen Zelle. Er war darin über Wochen untergebracht. Die Zelle ist für zwei Personen ausgelegt; sie waren zu neunt. Er hat diese Zelle nie ohne einen Sack über dem Kopf verlassen. Er wurde immer und immer wieder über Stunden gefoltert. Er war der Meinung, dass die Schläge auszuhalten waren, aber die Stromstöße nicht, durch Elektroden, die man an seinen Ohrläppchen befestigt hatte, aber auch an seinen Hoden. Er hat mir das in seiner Zelle, in der er nun freiwillig stand, erklärt, während 2 Kilometer weiter die russischen Stellungen sind, während wir hören konnten, wie die russische Artillerie einschlägt. Er konnte mit mir dieses Foltergefängnis verlassen, weil die ukrainischen Streitkräfte Cherson Mitte November befreit haben. Und das haben sie mit Kampfpanzern getan. Wenn wir den Druck aufrechterhalten wollen, wenn wir ihn erhöhen wollen und den Weg beibehalten wollen, dass die Ukraine ihr eigenes Territorium befreit, dann müssen wir gemeinsam mit unseren Partnern auch Kampfpanzer liefern.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit. Dieser Satz von Kurt Schumacher sollte für die Ukraine gelten, für uns alle, aber natürlich insbesondere – Kurt Schumacher war Vorsitzender der SPD – für die Genossinnen und Genossen der SPD.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7549941 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 79 |
Tagesordnungspunkt | Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine |