19.01.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 79 / Tagesordnungspunkt 17

Martina Stamm-FibichSPD - Hilfe für Betroffene des chronischen Erschöpfungssyndroms

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich setze mich seit rund zehn Jahren für die Versorgung von Menschen mit ME/CFS ein, weil auch ich in meinem persönlichen Umfeld Personen habe, die direkt betroffen sind. Und glauben Sie mir: Das ist ein Schicksal, das keiner von uns haben möchte.

In acht von diesen zehn Jahren hat sich das Gesundheitsministerium trotz zahlloser Bitten und Hinweise von Betroffenen, Angehörigen und Ärzten kein bisschen für die Versorgung und Anerkennung der Betroffenen eingesetzt.

(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass wir den Inhalt dieses Antrags bereits in der letzten Legislatur mit dem Gesundheitsministerium ernsthaft hätten besprechen können. Das war leider nicht der Fall, und deshalb sprechen wir heute darüber, wie wir die Situation der Menschen, die an ME/CFS leiden, möglichst schnell verbessern können. Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass ME/CFS endlich als eigenständige Erkrankung wahrgenommen wird. ME/CFS ist keine Subgruppe von Long Covid.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Ates Gürpinar [DIE LINKE])

ME/CFS-Patientinnen und -Patienten haben eigene gesundheitliche Bedarfe, die wir adressieren müssen. Dafür sind meiner Meinung nach drei Handlungsfelder besonders wichtig:

Erstens müssen wir eine Versorgungsstruktur schaffen, die auskömmlich finanziert ist und in der Menschen mit ME/CFS nach den neuesten medizinischen Erkenntnissen versorgt werden. Diese Aufgabe haben wir in den Koalitionsvertrag geschrieben. Wir haben dem G‑BA bereits 2022 im Krankenhauspflegeentlastungsgesetz die Möglichkeit gegeben, die Richtlinie für eine berufsgruppenübergreifende Koordinierung und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long Covid auch auf ME/CFS auszudehnen. Ich hoffe sehr, dass der G‑BA diese Möglichkeit nutzt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Zweitens brauchen wir ein besseres Bewusstsein für die Krankheit ME/CFS innerhalb der Ärzteschaft. Es kommt noch viel zu oft vor, dass die Betroffenen nicht korrekt diagnostiziert und adäquat behandelt werden. Es darf einfach nicht mehr passieren, dass die Betroffenen in die psychosomatische Ecke gedrängt werden oder sich ihr Zustand durch kontraproduktive Therapieansätze immens verschlechtert.

Uns ist bewusst, dass der Einfluss der Politik auf die Inhalte der ärztlichen Aus- und Weiterbildung sehr begrenzt ist. Deshalb appelliere ich an die Fachgesellschaften, die ärztliche Standesvertretung und die Universitäten: Bitte arbeitet gemeinsam mit uns daran, diese Erkrankung bekannter zu machen!

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)

Denn ohne Ärzte, die fachkundig behandeln, bringt eine auskömmliche Finanzierung der entsprechenden Versorgungsstrukturen nichts.

Drittens müssen wir mehr in die Forschung zu ME/CFS investieren. An dieser Stelle haben wir in den letzten Jahren bereits einige wichtige Forschungsprojekte mithilfe von Bundesmitteln auf den Weg gebracht. Allerdings ist für mich offensichtlich, dass das noch nicht reicht. Und selbstredend ist mir auch bewusst, dass Forschung nicht von heute auf morgen aus dem Boden gestampft werden kann. Neben Geld braucht es die notwendige Forschungsinfrastruktur und mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich mit dem Krankheitsbild beschäftigen wollen.

Wir können hier alle nicht zaubern; aber als Regierungskoalition sind wir jetzt dafür verantwortlich, die Entwicklung in den drei genannten Bereichen „Versorgung“, „Bewusstsein“ und „Forschung“ wirklich ins Rollen zu bringen. Daran, ob das gelingt, wird diese Regierung am Ende von 250 000 Betroffenen in Deutschland und ihren Angehörigen gemessen werden. Das sollte uns allen ein Ansporn sein.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Das Wort hat Dr. Christina Baum für die AfD.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7550043
Wahlperiode 20
Sitzung 79
Tagesordnungspunkt Hilfe für Betroffene des chronischen Erschöpfungssyndroms
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