19.01.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 79 / Tagesordnungspunkt 18

Fritz GüntzlerCDU/CSU - Steuervorteile für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer! Lassen Sie mich am Anfang feststellen: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist eine wichtige Säule der öffentlichen Meinungsbildung und damit auch eine wichtige Säule unserer Demokratie, und das sollten wir uns immer wieder bewusst machen.

(Stephan Brandner [AfD]: So weit die Theorie! Jetzt die Praxis!)

Er stellt den Bürgerinnen und Bürgern eine Grundversorgung mit umfassenden Informations-, Bildungs-, Kultur- und Unterhaltungsangeboten zur Verfügung.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist an klare Standards gebunden und ist unabhängig.

(Stephan Brandner [AfD]: So weit die Theorie! Jetzt die Praxis! – Weiterer Zuruf von der AfD: Ach du lieber Gott!)

Zur unabhängigen Berichterstattung gehört aber auch eine unabhängige Finanzierung, die durch den Rundfunkbeitrag – laut KEF-Bericht immerhin 8,5 Milliarden Euro im Jahre 2021 – abgedeckt ist.

Liebe AfD oder – „liebe“ nehme ich mal zurück – sehr geehrte AfD,

(Lachen bei der AfD – Stephan Brandner [AfD]: Hochverehrte AfD!)

Ihnen geht es doch letztendlich nur darum, wie der Kollege der FDP schon ausgeführt hat, über das Vehikel des Steuerrechts Ihre Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk loszuwerden. Sie haben in Ihrem Grundsatzprogramm ja deutlich gemacht, dass Sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen und privatisieren wollen.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Wir wollen einen „Grundfunk“!)

Da sage ich Ihnen: Das machen wir nicht mit!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Richtig ist – und das ist auch unbenommen –, dass es Diskussionsbedarf über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt. Ich selber war mehrere Jahre Mitglied des Rundfunkrates und des Verwaltungsrates des Norddeutschen Rundfunks. Ich habe selber beobachten können, dass die Aufsichtsfunktion von Rundfunkräten nicht optimal gestaltet ist und dass es da erheblichen Nachbesserungsbedarf gibt. Aktuelle Beispiele haben das unterstrichen. Aber in Ihrem Antrag geht es ja gar nicht darum, allgemein über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu debattieren, sondern Sie nehmen sich einen Punkt heraus, und das ist das Steuerrecht. Da muss ich Ihnen sagen: Das ist ein ziemlich untauglicher Punkt, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu kritisieren.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist hoheitlich tätig, darum ist seine hoheitliche Tätigkeit auch steuerfrei, und das ist unbestritten. Er hat daneben wirtschaftliche Betätigungen, insbesondere Einnahmen aus Werbung und aus der Verwertung von Programmen. Diese Tätigkeit ist, steuerrechtlich gesprochen, ein Betrieb gewerblicher Art und damit steuerpflichtig, und er wird auch besteuert. Aber da es Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen dem hoheitlichen Bereich der einzelnen Sendeanstalt und dem wirtschaftlichen Bereich gibt, hat man sich schon 2001 klugerweise darauf verständigt, diese Abgrenzungsschwierigkeiten durch Pauschallösungen zu vermeiden.

In Ihrem Antrag, der im Wesentlichen die Abschrift des Berichts des Bundesrechnungshofes mit wenigen eigenen Ideen ist,

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das ist ja auch eine Autorität!)

steht richtigerweise, dass 16 Prozent der Werbeeinnahmen als Einkommen anzusetzen sind, auf die 15 Prozent Körperschaftsteuer anfällt, und 75 Prozent des Einkommens werden für die Kapitalertragsteuer herangezogen. Gleichzeitig werden auch die Einnahmen aus der Programmverwertung besteuert. Daher können Sie nicht sagen: Hier gibt es ungerechtfertigte Steuervorteile. – Die Einnahmen werden besteuert, und das ist auch gut so, und das ist auch konsequent.

Sie beziehen sich immer wieder auf den Bericht des Bundesrechnungshofs. Es ist guter Brauch dieses Hauses, dass sich der Rechnungsprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages mit dem Thema beschäftigt. Das hat er in den Jahren 2020 und 2021 mehrfach getan. Da ging es um die Fragen des Wettbewerbsvorteils – das wurde von Ihnen angesprochen – und des Steuervorteils.

Erstens. Den Wettbewerbsvorteil kann es gar nicht geben, weil Sie Äpfel mit Birnen vergleichen. Die privaten Anbieter sind nämlich etwas anderes als öffentlich-rechtliche Anbieter;

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Trotzdem Wettbewerb!)

denn der öffentlich-rechtliche Anbieter ist den staatsvertraglichen Regelungen unterworfen und hat daher gewisse Standards einzuhalten, was bei den privaten Anbietern nicht gegeben ist.

Zweitens: der Steuervorteil. Sie sprechen in Ihrem Antrag von einem ungerechtfertigten Steuervorteil, begründen aber nicht einmal, in welcher Höhe dieser Steuervorteil besteht.

(Jörn König [AfD]: Das stimmt nicht! Da steht „2,5 Prozentpunkte“ genau drin!)

Sie sagen einfach nur, weil die Beträge nicht angepasst worden seien, wäre ein Steuervorteil gegeben. In Ihrem Antrag fordern Sie sogar eine Erhöhung um 2,5 Prozentpunkte ohne jede Berechnungsgrundlage. Das ist einfach nur hingekliert. Das ist nichts Substanzielles.

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat sich, wie gesagt, sehr ausgiebig mit diesem Thema beschäftigt. Es gibt zwei umfassende Stellungnahmen des Bundesfinanzministeriums dazu, die letzte vom 29. März 2021. Da wird mit all diesen Vorhalten aufgeräumt. Es wird darauf hingewiesen, dass man mit den Ländern ins Gespräch gekommen ist und dass alle Länder der Meinung waren, dass die Pauschalsätze, die dort angesetzt worden sind, noch zu rechtfertigen sind, weil sie nach wie vor zu einer sachgerechten Besteuerung führen. Von daher gab es gar keinen Anlass zu einer Änderung.

Dieser Bericht ist dann im Rechnungsprüfungsausschuss, wie ich vernommen habe, einstimmig zur Kenntnis genommen worden, sogar mit Ihren Stimmen. Daher wundert es mich, warum Sie Ihre Kritik, die Sie durch Ihren Antrag hier anbringen, nicht schon damals im Rechnungsprüfungsausschuss angebracht haben. Sie mussten erkennen, dass diese Kritik völlig ins Leere läuft.

Im Ergebnis ist es ein völlig populistischer Antrag, der inhaltlich mal wieder durch nichts gerechtfertigt ist.

(Lachen des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD] – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das ist Ihre Standardfloskel!)

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss.

Daher kann man ihn nur ablehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Vielen Dank, Herr Kollege Güntzler. – Nächster Redner ist der Kollege Parsa Marvi, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7550056
Wahlperiode 20
Sitzung 79
Tagesordnungspunkt Steuervorteile für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten
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