19.01.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 79 / Tagesordnungspunkt 25

Jan DierenSPD - Digitale Betriebsratsarbeit

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Herr Präsident! Werte Abgeordnete in den demokratischen Fraktionen! Liebe Zuschauer/-innen! Liebe Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben und Unternehmen! Gut, dass wir heute hier wieder über Mitbestimmung sprechen. Anlass dazu ist ein Antrag von CDU und CSU zu digitaler Betriebsratsarbeit. Das Betriebsverfassungsgesetz ist jetzt über 70 Jahre alt – Grund genug, es auf die Höhe der Zeit zu bringen.

Jetzt muss man wissen: In der letzten Wahlperiode haben SPD und CDU/CSU – so wie der Kollege es gerade geschildert hat – schon mal über ein Betriebsrätestärkungsgesetz gesprochen. Herausgekommen ist aber das Betriebsrätemodernisierungsgesetz. Da stehen einige gute Dinge drin, und es hätten noch ein paar mehr sein können. Aber einer der beteiligten Parteien ging es damals schon zu weit, auch nur davon zu sprechen, Betriebsräte zu stärken. Eine der beteiligten Parteien war damals dagegen, Betriebsräten mehr Rechte für die digitale Arbeitswelt einzuräumen. Welche Partei das war? Ich habe einen Tipp: Die SPD war es nicht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Stephan Thomae [FDP] – Zuruf des Abg. Kai Whittaker [CDU/CSU])

Das Betriebsverfassungsgesetz ist jetzt mehr als 70 Jahre alt. Als es vor 50 Jahren grundlegend reformiert wurde, gab es in vielen Unternehmen noch nicht mal Computer. Heute arbeiten dort agile Teams in Scrum-Prozessen.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Außer im Betriebsrat!)

Digitale Videokonferenzen sind kaum mehr wegzudenken. Für Millionen ist Homeoffice Alltag. Und immer mehr Menschen ist es wichtig, mit ihrer Arbeit nicht nur ihren Lebens- und Familienunterhalt zu verdienen, sondern damit etwas Sinnvolles zur Gesellschaft beizutragen.

All diese Veränderungen greift die Union jetzt in ihrem Antrag auf und findet als Antwort auf diesen tiefgreifenden Wandel der Arbeitswelt einen bahnbrechenden Vorschlag:

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Das ist ein Vorschlag!)

Wie wäre es mit einem digitalen schwarzen Brett für Betriebsräte? Werte Kollegen, für einen Aprilscherz ist es ein bisschen zu früh, und für alles andere ist das eine Frechheit; denn Betriebsräte haben diese Möglichkeit meistens jetzt schon.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Da klatscht noch nicht einmal Ihre Fraktion bei dem Witz!)

Wenn Sie wirklich einen Schritt nach vorne machen wollten, dann müssten Sie wenigstens das Recht der Gewerkschaften auf digitalen Zugang zu den Betrieben fordern.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Genau das steht übrigens auch im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Gemacht haben Sie es immer noch nicht!)

Aber man muss die Betriebsräte ja nicht stärken wollen. Man darf sogar dagegen sein. Sich aber hinzustellen und so zu tun, als ob man sich für die Interessen von Betriebsräten einsetzt, wenn man dafür nicht mehr tun muss, als es auf ein Blatt Papier zu schreiben, aber dann dagegen anzukämpfen, wenn man wirklich etwas dafür tun könnte, das ist unehrlich. Sagen Sie, wie es ist: Ihnen geht es darum, der Mitbestimmung das Etikett „digital“ draufzustempeln, und gut ist. Uns geht es darum, Betriebsräte wirklich zu stärken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

So wie sich die Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat, haben sich auch die Ansprüche der Kolleginnen und Kollegen an die Mitbestimmung weiterentwickelt. Beschäftigte, die sich in ihrer Arbeit einbringen, ihren Betrieb mitgestalten und immer mehr unternehmerische Verantwortung wahrnehmen, erheben zu Recht den Anspruch, auch bei der Entwicklung ihres Unternehmens ein Wörtchen mitzureden. Darüber verlieren Sie kein Wort.

Betriebsräte sind längst nicht die Verhinderer in den Unternehmen, als die sie oft gezeichnet werden. Im Gegenteil: Viele Betriebsräte arbeiten Tag für Tag daran, die Interessen ihrer Kollegen zu vertreten, indem sie ihre Unternehmen weiterentwickeln wollen, um einen sinnvollen Beitrag zu unserer Gesellschaft zu leisten. Also geben wir ihnen auch das Recht dazu. Wir werden uns darum kümmern, erstens Betriebsräte vor Drangsalierung zu schützen, zweitens das Betriebsverfassungsgesetz upzudaten und drittens das Mitbestimmungsrecht auch inhaltlich weiterzuentwickeln. Ich bin sehr gespannt, ob Sie uns dann auch dabei unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7550080
Wahlperiode 20
Sitzung 79
Tagesordnungspunkt Digitale Betriebsratsarbeit
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