Marc BiadaczCDU/CSU - Fachkräftestrategie der Bundesregierung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Wochenende war ich bei mir zu Hause im Landkreis Böblingen unterwegs und habe mich mit einem Bäcker über die aktuelle wirtschaftliche Situation unterhalten. Natürlich macht er sich über die hohen Energiekosten und die Inflation Sorgen. Doch wissen Sie, was er mir auch gesagt hat: Ich kann kein Brot und keine Brezeln verkaufen, wenn mir schlicht das Personal fehlt, ob im Verkauf oder in der Backstube.
(Dr. Lars Castellucci [SPD]: Euer Versäumnis!)
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeigt doch, über was wir hier wirklich reden. Es klingt immer so akademisch, zu sagen: Wir haben einen Fachkräftemangel. – Was wir aber wirklich haben, ist eine Fach- und Arbeitskräftekrise,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Einen Mangel an Arbeitsbereitschaft!)
die unsere Wirtschaft und Gesellschaft lähmt. Eben weil es eine Krise ist, müssen wir mehr tun als das, was die Bundesregierung uns heute hier vorlegt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bernd Rützel [SPD]: Zum Beispiel?)
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Strategie ist kein großer Wurf, sondern allenfalls ein Durcheinander aus nicht abgestimmten Vorhaben.
(Bernd Rützel [SPD]: Ein Beispiel!)
Eine wirksame Fachkräftestrategie sieht anders aus. Wir müssen viel mehr tun, damit die inländischen Potenziale genutzt werden und die gesteuerte Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland unkompliziert, digital und beschleunigt funktioniert. Als Union haben wir in der Großen Koalition mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Weichen dafür gestellt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bernd Rützel [SPD]: Das hilft dem Bäcker nichts!)
Für uns war klar, dass Deutschland in Zukunft nur dann stark sein kann, wenn die fleißigsten Hände und die klügsten Köpfe zu uns kommen.
(Zurufe von der SPD)
Diesem Anspruch wird diese Fachkräftestrategie nicht gerecht.
Fakt ist: Fast jede dritte Erwerbsperson erreicht in den nächsten 15 Jahren das Rentenalter. Aktuell sind mehr als 1,8 Millionen Stellen unbesetzt. Bis zu 400 000 zugewanderte Arbeitskräfte braucht es im Schnitt in Deutschland pro Jahr, um den Bedarf auf unserem Arbeitsmarkt zu decken. Doch statt endlich zu liefern, verharrt die Bundesregierung weiterhin im Ampelgehampel und schafft ein weiteres Kompetenzwirrwarr, das unser Land lähmt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deutschland verfügt über 540 Ausländerbehörden und fast 220 Auslandsvertretungen, deren personelle Ausstattung und digitale Systeme stark variieren. Schon heute stehen diese Behörden vor einem massiven Antragsvolumen. Die Bundesregierung plant eine Fachkräftestrategie, aber kennt nicht einmal die Schwierigkeiten bei den Verfahren. Auf meine Anfrage an die Bundesregierung, wie lange ein durchschnittliches Visaverfahren dauert, antwortet Frau Baerbocks Ministerium, dass die Dauer gar nicht erfasst werde. Wie wollen Sie die Visaverfahren beschleunigen, wenn Sie nicht einmal wissen, wie lange die Verfahren dauern? Sie stochern im Nebel bei unklarer Sicht. Das können wir uns in diesem Land nicht leisten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zur Wahrheit gehört, dass unnötige Bürokratie, fehlende Digitalisierung und lange Wartezeiten für viel Frust sorgen. Das macht unseren Arbeitsmarkt unattraktiver. Statt diese Probleme anzugehen, schafft die Bundesregierung neue und komplizierte Verfahrensvorschriften. Im Eckpunktepapier der Ampelkoalition stehen eine Chancenkarte, ein Punktesystem und vieles mehr.
(Zuruf des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD])
Das sind viele Ideen, die aber die wahren Probleme nicht angehen; denn es sind die falschen Instrumente. Sie passen nicht in unsere Zeit. Vor allem die Visastellen an den deutschen Botschaften und die Ausländerbehörden sind ein Flaschenhals; denn Wartezeiten bei Terminen von mehreren Monaten sind hier die Regel.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Heruntergewirtschaftet!)
Eine Chancenkarte soll es geben, doch statt Chancen gibt es nur Frust. Ein Punktesystem soll erarbeitet werden, aber wenn niemand zu uns kommt, müssen wir auch keine Punkte vergeben.
(Zurufe von der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine solche Doppelstruktur als Systemwechsel zu verkaufen, das nehmen wir Ihnen nicht ab. Wir fordern eine zentrale Einwanderungsbehörde,
(Zuruf von der AfD: Hört! Hört!)
um den Fachkräften den Weg in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Wir brauchen keine neuen und komplizierten Verfahren, sondern die Beschleunigung und Bündelung von staatlichen Strukturen. Ihre Fachkräftestrategie, liebe Ampel, liefert das nicht.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Götz Frömming [AfD]: 400 000 pro Jahr! So wie 2015 und folgende! Das waren alles auch Fachkräfte! Wo sind die heute?)
Nächster Redner: für die Bundesregierung der Parlamentarische Staatsekretär Michael Kellner.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550124 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 80 |
Tagesordnungspunkt | Fachkräftestrategie der Bundesregierung |