20.01.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 80 / Zusatzpunkt 16

Hakan DemirSPD - Fachkräftestrategie der Bundesregierung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über die Fachkräftestrategie. Wir haben von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gehört: Ziel dieser Strategie ist es, dass der Wohlstand hierzulande erhalten bleibt. Dazu braucht es viele Säulen. Eine davon ist Einwanderung.

Jetzt gibt es einige, die sagen: Qualifiziert doch erst mal die Menschen hier in diesem Land. – Und ja, sie haben recht. Aber gute Politik ist nie nur ein Entweder-oder; gute Politik ist auch ein Sowohl-als-auch. Wir brauchen zum Beispiel mehr Qualifizierung. Ich kenne in meinem Wahlkreis in Berlin-Neukölln genug Menschen, die bereit wären, noch einmal eine Ausbildung zu beginnen, statt zwischen Hilfsjobs und Arbeitslosigkeit zu pendeln.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Seit der Einführung des Bürgergeldes werden sie endlich dabei unterstützt. So können sie dann auch dauerhaft auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist klares Ziel der Fachkräftestrategie. Wir bauen die Kinderbetreuung aus und sorgen für größere Entgelttransparenz. Dabei geht es um Fachkräfte, aber auch um Gleichberechtigung; denn es geht nicht, dass in Deutschland fast jede dritte Frau im Alter in Armut lebt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Genauso wenig können wir uns Arbeitsverbote für Geflüchtete leisten. Dieses Jahr ist auch Schluss damit, dass Menschen in Deutschland zum Nichtstun gezwungen werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Aber ich sage auch ganz klar: Selbst wenn wir es morgen schaffen würden, dass alle Arbeitslosen sofort einen Job finden, selbst wenn wir es schaffen würden, dass die Erwerbsbeteiligung von Frauen steigt, selbst wenn wir es schaffen würden, dass keine Schülerin und kein Schüler die Schule ohne Abschluss verlässt, fehlen bis 2035 immer noch 7 Millionen Menschen auf dem Arbeitsmarkt.

(Zuruf von der AfD: Was haben Sie denn gelernt? – Dr. Götz Frömming [AfD]: Es werden immer mehr!)

Deshalb geht es nur, wenn wir alles machen, was im Inland möglich ist und gleichzeitig die Anwerbung von Fachkräften beschleunigen. Deshalb erleichtern wir zum Beispiel die Einwanderung von Menschen mit Berufserfahrung, von Lkw-Fahrerinnen und ‑fahrern, Köchinnen und Köchen oder Elektrikerinnen und Elektrikern. Ein wichtiger Schritt dabei ist die 2+2-Regelung. Anstatt aufwendig die Gleichwertigkeit einer ausländischen Ausbildung zu prüfen, muss es in Zukunft unbürokratischer gehen. Wer eine zweijährige Ausbildung im Herkunftsland hat, zwei Jahre relevante Berufserfahrung und einen Arbeitsvertrag vorweisen kann, der darf auch einreisen.

Auch bei der Westbalkanregelung werden wir etwas machen. Wir werden uns von dem Kontingent von 25 000 Menschen verabschieden. Wir werden dieses Kontingent erhöhen. Ich glaube, das ist noch mal ein wichtiger Schritt. Wir müssen prüfen, ob wir diese Regelung auch auf andere Länder ausweiten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sprechen die ganze Zeit von Fachkräften. Das ist richtig. Aber diese Menschen wollen und werden nicht nur Teil eines Unternehmens sein, sondern auch Teil der Gesellschaft. Sie und ihre Familien brauchen auch eine Willkommenskultur.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Sozialhilfe!)

Ich will nicht die Worte und Phrasen der letzten Wochen, die hier geäußert wurden, wiederholen. Aber nur so viel: Die Menschen im Ausland beobachten sehr genau,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: … wie viel Sozialhilfe es bei uns gibt!)

wie über Migrantinnen und Migranten gesprochen wird, oder – um es mal ganz offen zu sagen – grundsätzlich über Menschen gesprochen wird.

(Bernd Rützel [SPD]: Ja!)

Sie bekommen alles mit.

Lieber Herr Merz, liebe Union, ein konkretes Beispiel vielleicht für Sie: In 30, vielleicht 40 Jahren könnte es sein, dass Sie in einer Pflegeeinrichtung sind. Jetzt raten Sie mal, wer die Fachkräfte sein könnten, die Sie dort betreuen. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass es eine ukrainisch-, türkisch-, arabischstämmige Deutsche sein wird. Und wenn wir die Weichen heute nicht richtig stellen, dann besteht die Gefahr, dass Sie schlecht betreut sind oder Sie überhaupt niemand pflegt. Das können wir nicht wollen, und das wollen wir auch heute schon nicht. Der Fachkräftemangel in der Pflege ist enorm, genauso wie in der Gastronomie, bei den Erziehern und im Handwerk. Wenn Sie wollen, dass es den Menschen in diesem Land gut geht, unterstützen Sie diese Strategie.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Markus Reichel.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7550129
Wahlperiode 20
Sitzung 80
Tagesordnungspunkt Fachkräftestrategie der Bundesregierung
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