20.01.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 80 / Zusatzpunkt 12

Stephan PilsingerCDU/CSU - Beschaffungsgipfel Arzneimittelversorgungssicherheit

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Viele Eltern haben sich über die Weihnachtsfeiertage verzweifelt gefragt: Wo bekomme ich die dringend benötigten Fiebermedikamente für mein Kind her? – Viele Apotheker mussten dann sagen: Ich habe leider nichts mehr, weil einfach nichts mehr geliefert wird. – Das ist doch völlig irre. Eine solch dramatische Situation ist für ein Industrieland wie Deutschland einfach völlig inakzeptabel.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Stand 18. Januar 2023 haben wir nach Angabe des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte 388 gemeldete Lieferengpässe im Bereich der Humanarzneimittel; das ist ein unsäglicher Zustand. Normalerweise würde ein Gesundheitsminister umgehend handeln, um das Problem zu lösen.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

Aber die einzigen Dinge, die Herrn Lauterbach anscheinend wirklich interessieren, sind Corona und Cannabis. Ich kann es manchmal nicht mehr hören.

Bisher haben Sie, lieber Herr Gesundheitsminister, im Bereich Arzneimittel nichts Positives, sondern eher nur Destruktives bewirkt. Obwohl Sie wussten, dass das Zusammenspiel von verschiedenen regulatorischen Eingriffen – ich nenne hier Abschläge, Preismoratorium, Festbeträge, Rabattverträge – die deutschen pharmazeutischen Unternehmen ohnehin erheblich belastet, haben Sie mit Ihrem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz noch einen draufgesetzt.

Obwohl Sie, Herr Lauterbach, auch wussten, dass die Folgen der Coronapandemie und des Russland-Ukraine-Kriegs sowie die daraus resultierenden massiven Energiepreissteigerungen den pharmazeutischen Unternehmen weiter die Luft abschnüren und es ihnen schwer machen, ihre Ausgaben zu finanzieren, haben Sie mit diesem Zwangsspargesetz, dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, diese noch weiter geschädigt.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Pharmaindustrie profitiert wie jedes andere Unternehmen von den Subventionen, die wir beschlossen haben!)

Obwohl Sie, Herr Lauterbach, wussten, dass die pharmazeutische Industrie die immense Kostensteigerung wegen der genannten regulatorischen Rahmenbedingungen als einzige Branche der deutschen Industrie nicht über Preiserhöhungen kompensieren kann, haben Sie mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz dafür gesorgt, dass die Arzneimittelprodukte ausgelistet wurden.

Über die Folgen der Lauterbach’schen Politik haben wir kürzlich im „Handelsblatt“ gelesen: Das weltweit bekannte deutsche Traditionsunternehmen Bayer verlagert nun den Fokus seines Pharmageschäfts nach China und in die USA.

(Zuruf der Abg. Martina Stamm-Fibich [SPD])

Die aktuelle deutsche Politik zerstört den Produktions-, Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland im Pharmabereich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Lauterbach, jetzt haben Sie in bekannter Weise wieder ein neues Gesetz angekündigt; aber darüber hinaus ist bisher nichts passiert. Sie wollen jetzt ein Generika-Gesetz entwickeln, um die Lieferengpässe zu beheben. Ich sage Ihnen, Herr Lauterbach: Liefern Sie endlich, und labern Sie nicht immer nur auf Twitter oder im Fernsehen darüber. Wir brauchen endlich Handlungen und nicht immer nur Worte.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ihr Ankündigungseckpunktepapier ist Ausdruck von Verzweiflung und kein Ausdruck einer langfristig wirkenden Strategie. Es bleiben viele Fragen offen – zum Beispiel: Warum sollen Veränderungen in Bezug auf Rabattverträge und Festbeträge nur bei Kinderarzneimitteln vorgenommen werden, wo die Lieferproblematik doch die gesamte Grundversorgung betrifft? Warum sollen die neuen Ausschreibungsregeln zunächst nur für Antibiotika und Arzneimittel zur Behandlung onkologischer Erkrankungen gelten und nicht konsequenterweise für alle Produktgruppen? Und warum sehen Sie die Vorgabe einer mehrmonatigen Lagerhaltung und eines wie auch immer verbesserten Monitorings als dauerhafte Lösung des Problems, wenn doch klar ist, dass der Mangel so nur verwaltet und noch mehr Bürokratie geschaffen wird, damit aber kein einziger Lieferengpass beseitigt wird?

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Während und weil Sie wieder nur ankündigen, haben wir als CDU/CSU-Fraktion den vorliegenden Eilantrag erarbeitet, der konkrete Lösungsvorschläge auf den Tisch bringt. Wir wollen zeitnah eine konzertierte Beschaffungsaktion unter Beteiligung aller relevanten Akteure anschieben und konkrete Maßnahmen zur Linderung der aktuellen Krise in Gang bringen.

Wir wollen ein nationales Frühwarnsystem etablieren, um nicht wieder kalt erwischt zu werden, und entsprechend transparente Datenbanken aufbauen, für Apotheken und den Pharmagroßhandel Voraussetzungen schaffen, damit diese ihre Bevorratung ausweiten können, sowie Maßnahmen ergreifen, um wesentliche Teile der Produktion von Medikamenten wieder nach Europa zu holen.

Herr Lauterbach, die Zeit der Ankündigungen und der leeren Worte muss endlich vorbei sein. Wir brauchen ein konkretes Gesetz zur Lösung dieser Probleme. Deswegen: Quatschen Sie nicht nur rum, sondern liefern Sie endlich!

(Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Come on! – Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Richtig! Die Zeit des Quatschens ist vorbei!)

Das ist unsere Forderung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Niveaulos! – Dr. Janosch Dahmen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das für ein Ton!)

Für die SPD-Fraktion erhält das Wort Dirk Heidenblut.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7550153
Wahlperiode 20
Sitzung 80
Tagesordnungspunkt Beschaffungsgipfel Arzneimittelversorgungssicherheit
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