Thorsten LiebFDP - Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die Eingeweihten: Keine Sorge, ich stelle jetzt keinen Geschäftsordnungsantrag wie im Dezember.
(Lachen des Abg. Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Mit dem heute Mittag hier final zur Abstimmung stehenden Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie in deutsches Recht wird der gemeinsame europäische Binnenmarkt wieder ein Stück greifbarer und praxisnäher. Die Niederlassungsfreiheit nach Artikel 49 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union gehört als Teil der Freizügigkeit zu den vier Grundfreiheiten in der Europäischen Union und ist damit fundamental für den gemeinsamen europäischen Binnenmarkt. Wir stärken mit dem hier vorliegenden Gesetz den gemeinsamen EU-Binnenmarkt. Wir stärken die Niederlassungsfreiheit und entlasten damit Unternehmen und Mitgliedstaaten von bisher komplexen und zeitaufwendigen Verfahren. Das ist eine gute Nachricht für die Praxis, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Mit dem Entwurf gelingt uns eine praxisnahe und rechtssichere Umsetzung, welche die Mobilität der Unternehmen innerhalb der Europäischen Union stärkt. Das ist ein wichtiges Signal für den europäischen Standort, gerade in diesen Zeiten, gerade in Zeiten des Systemwettbewerbs.
Durch die Umsetzung haben es Kapitalgesellschaften künftig wesentlich leichter, Spaltungen, Verschmelzungen und Formwechsel grenzüberschreitend rechtssicher durchzuführen. Es wird ein europaweit kompatibles Verfahren mit digital vernetzten kommunizierenden Handelsregistern durchgeführt. Die Umsetzung bleibt dabei nahe an der Richtlinie. Sie trägt jedoch natürlich den deutschen Besonderheiten hinreichend Rechnung.
Die Rechte der Mehrheitsgesellschafter werden vereinfacht, Spruchverfahren werden gestärkt. Zukünftig gibt es außerdem die Möglichkeit, zur Liquiditätsschonung die Differenz in Wertverhältnissen durch Aktien auszugleichen. Das schafft zusätzliche Räume für notwendige Investitionen in den Unternehmen.
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden frühzeitig in die Planung miteinbezogen; das haben wir im parlamentarischen Verfahren noch einmal besonders betrachtet. Damit gelingt der notwendige Interessenausgleich, der Mobilität sicherstellt, aber eben auch Missbrauch verhindert; auch das war uns wichtig.
Intensiv haben wir uns über die Frage der Missbrauchsprüfung vor Ausstellung der Verschmelzungsbescheinigung unterhalten. Im Spannungsfeld zwischen Niederlassungsfreiheit und Missbrauchsrisiken, also bei der Umwandlung aus sachfremden Erwägungen, ist uns in der Diskussion ein, denke ich, kluger Kompromiss gelungen. Deswegen herzlichen Dank an die Mitberichterstatterkollegen Till Steffen und Esra Limbacher. Es hat große Freude gemacht, das miteinander zu verhandeln.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bei Anhaltspunkten für missbräuchliches Verhalten muss zwingend eine Missbrauchsprüfung erfolgen. Wann das gegeben ist, haben wir in der Gesetzesbegründung konkretisiert. Es gibt klare Leitplanken, klare Richtlinien für die Gerichte. Ich glaube, damit kann die Praxis im Ergebnis gut arbeiten. Und: Das vermeidet Unsicherheiten.
Ich persönlich hätte mich allerdings sehr gefreut, wenn wir auf dieser Ebene auch die für den Wirtschaftsstandort Deutschland so wichtigen Personengesellschaften einbeziehen würden. Diese genießen selbstverständlich Niederlassungsfreiheit – sie müssen diese Möglichkeit haben –; deren Einbeziehung ist in der Richtlinie allerdings nicht vorgesehen. Auf eine nationale Regelung haben wir deshalb erst mal verzichtet, haben uns aber darauf verständigt, dass im Rahmen der ohnehin vorgesehenen Evaluierung des Gesetzes die Bundesregierung darauf hinwirken soll, das in Zukunft noch mal zu betrachten. Wir sind übereingekommen: Sollte das nicht gelingen, werden wir noch mal sehr ernsthaft prüfen, ob wir an dieser Stelle eine nationale Regelung brauchen. Denn auch das ist wichtig für die Praxis: dass es auch diesem wichtigen Teil der Wirtschaft gelingt, hier vernünftig zu arbeiten.
Zusätzlich zur Umwandlungsrichtlinie gibt es eine ganze Reihe von Ergänzungen. Ich will auf einen Punkt nur noch kurz eingehen:
Zusammen mit der Umsetzung der Richtlinie steht heute ein für die Unternehmenspraxis in der Transportwirtschaft ganz wichtiger Digitalisierungsschritt zur Abstimmung. Wir machen die Einführung einer vollwertigen elektronischen Transportversicherung möglich. Nach digitalen Frachtbriefen, Ladescheinen, Lagerscheinen und Seefrachtbriefen – alles was für Feinschmecker; alles übrigens schon seit 2013 unter FDP-Regierungsbeteiligung digital möglich – gehen wir nach neun Jahren Digitalisierungspause auch im Transportrecht einen überfälligen Digitalisierungsschritt – hin zu einer dann vollständig digital möglichen Abwicklung von Transporten. Es war höchste Zeit, auch diesen Prozess zu digitalisieren. Damit können Kosten gespart und Prozesse in Unternehmen verschlankt werden. Die Fortschrittskoalition wirkt also bei der Digitalisierung, auch aus Anlass der Umwandlungsrichtlinienumsetzung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Damit gelingt insgesamt eine kluge und sachgerechte Umsetzung. Es geht um ein wichtiges Gesetz für den Wirtschaftsstandort Deutschland, ein wichtiges Gesetz für die Unternehmen in diesem Land. Daher werbe ich hier um Zustimmung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Lieb. – Als Nächster hat das Wort der Kollege Stephan Mayer, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550192 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 80 |
Tagesordnungspunkt | Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie |