Sebastian FiedlerSPD - Aktuelle Stunde - Lützerath
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Interessierte! Es ist bei einem Antrag bzw. bei einer Aktuellen Stunde eben nicht egal, von wem das kommt. Und wenn wir eine Situation haben, wo die Rechtsausleger, meines Erachtens die Rechtsextremen, sich über Linksextreme austauschen, dann ist es gut, wenn aus der Mitte das Ganze so ein bisschen eingeordnet wird.
(Beifall der Abg. Zoe Mayer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Manuel Höferlin [FDP] – Beatrix von Storch [AfD]: Dann mal los!)
Wir haben ja gerade ein Beispiel erlebt.
Es ist schon irgendwie ein bisschen krass, wenn „Rechtsstaat“ in der Überschrift auftaucht und ausgerechnet diejenigen, die eine große Belastung und ein Problem für den Rechtsstaat sind, sich dazu äußern; das muss ich schon sagen. Dazu gehört schon echt was.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aber wir wissen ja auch: Ihnen ist das ziemlich egal, was hier am Podium erzählt wird. Sie wollen viele Klicks erreichen; das haben Sie jetzt möglicherweise wieder hingekriegt. Herzlichen Glückwunsch!
(Beatrix von Storch [AfD]: Danke, danke! – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Reden Sie mal zum Thema! – Gegenruf der Abg. Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Ihrer Rede ist ja wohl „zum Thema“, oder?)
Ich will ein paar Sätze zu Lützerath sagen und das ein bisschen einordnen. Ich will nicht nur über diejenigen, die in der Vielzahl friedlich demonstriert haben, reden, sondern will ein paar Sachen einordnen. Hauptsächlich tut das der nordrhein-westfälische Landtag; das ist also nicht so ganz unsere Spielwiese. Aber ich will auf ein paar Aspekte durchaus eingehen, weil sie gesagt gehören.
Es gab durchaus brennende Barrikaden, Würfe mit Pyrotechnik, Farbbeuteln, Steinen, Flaschen, Molotowcocktails
(Beatrix von Storch [AfD]: Ja, durchaus!)
auf Polizistinnen und Polizisten, Mitarbeiter von RWE. Es gab unglaublich dämliches und lebensmüdes Verhalten an der Abbruchkante, weil es halt schweinegefährlich gewesen ist, weil sie hätte abstürzen können.
(Beatrix von Storch [AfD]: Ja, sehr dämlich! Und jetzt „aber“!)
Das Pferd einer Polizeireiterin wurde aufgehetzt; sie musste abspringen, um sich zu retten. Über 100 verletzte Polizisten. Die Zahlen, wie viele es auf der anderen Seite gewesen sind, sind strittig. Aber alle sind Menschen; deswegen wünsche ich von dieser Stelle allen gute, schnelle und vollständige Genesung.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU])
Mein Mitgefühl ist aber, offen gestanden, mehr bei den Polizistinnen und Polizisten, weil ich zu den wenigen gehöre, die sich erinnern können, wie es ist, in Uniform Leuchtspurgeschosse und Steine um die Ohren zu kriegen.
Nach all dem, was wir wissen und aus Nordrhein-Westfalen hören, hat die Polizei einen ganz guten Einsatz gemacht. Wie sich das mit dem Innenminister verhält, wissen wir noch nicht. Darauf wird der Landtag, glaube ich, genau gucken. Wir wissen ja, dass der Innenminister mit dem Einsatz im Hambacher Forst den größten rechtswidrigen Polizeieinsatz in der Geschichte des Landes zu verantworten hat. Darauf darf man, glaube ich, noch mal hinweisen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])
Das sage nicht nur ich, sondern das sagt auch das Verwaltungsgericht Köln.
Nutzen wir aber die Gelegenheit, ein Stück weit über Lützerath hinauszuschauen. Es gibt durchaus ein paar ernstzunehmende Themen, auf die wir an der Stelle hinweisen müssen. Es gibt nämlich ernstzunehmende Hinweise, dass wir im Moment auch auf den Linksextremismus gucken müssen, weil es in der großen Masse der wirklich guten und engagierten Leute, die sich für das Klima engagieren, ein paar gibt, die am linksextremen Rand unterwegs sind und tatsächlich versuchen, diese Proteste zu unterwandern. Das ist durchaus ein Problem, und das muss angesprochen werden, weil das die guten Bemühungen der Klimaaktivisten diskreditiert.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Ich will das in den Mittelpunkt stellen, weil wir hier deutlich sagen müssen, dass wir das alles sehr demokratisch anhand rechtsstaatlicher Grundsätze organisieren müssen, dass die Texte der „Letzten Generation“ inakzeptabel sind, wenn sie einen erpresserischen Charakter haben, und dass es einige anarchische Extremisten gibt. Deren Tun hat vor wenigen Tagen zufälligerweise in meinem Wahlkreis, in Mülheim an der Ruhr, Niederschlag gefunden: Vor einer Schule wurde ein Auto eines Bauunternehmens in Brand gesteckt mit Verweis einer anarchischen Gruppe auf Lützerath. Darüber hinaus gehen dort Aufrufe zu Anschlägen in die Breite. Das ist ein Thema, das wir nicht einfach totschweigen dürfen, sondern das wir offensiv adressieren und diskutieren müssen; denn wir dürfen es eben gerade nicht den Rechtsauslegern hier überlassen, über extremistische, antidemokratische Bestrebungen zu diskutieren. Das tun wir ganz gelassen und sehr objektiv aus der Mitte des Parlaments heraus. – Dafür brauchen wir Sie nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Sicherheitsbehörden haben das im Auge. Deswegen will ich am Ende meiner Rede noch kleinen Appell loswerden. Den guten und engagierten Menschen, die sich für Klimaschutz engagieren – kleine Fußnote: ich würde mir wünschen, sie würden sich auch des Themas Umweltkriminalität etwas stärker annehmen; das müssen wir auch hier im Parlament intensiver voranbringen; denn Umweltkriminalität hat wirklich einen Impact hinsichtlich Klimaerwärmung und Rückgang der Artenvielfalt –, rate ich, sich diesen Gewalttätern und Verfassungsfeinden zu widersetzen und einer Unterwanderung durch diese entgegenzutreten. Das diskreditiert die gute Klimabewegung.
(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Das ist keine Unterwanderung! Das sind diese Leute!)
Ich schließe mit Udo Di Fabio, der beim Neujahrsempfang des Bundesjustizministers einen sehr klugen und weisen Satz gesagt hat – er ist trivial, aber sehr zutreffend –: Wer Steine auf Polizistinnen und Polizisten wirft, der wirft sie auf die Demokratie und letztlich auf uns alle.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Fiedler. – Als Nächster hat das Wort der Kollege Wilfried Oellers, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550215 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 80 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Lützerath |