Volker UllrichCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Lützerath
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rechtslage in Bezug auf Lützerath ist parlamentarisch und rechtsstaatlich geklärt worden. Die Bundesinnenministerin darf ich folgendermaßen zitieren:
Mit brennenden Barrikaden … und wackeligen Baumhäusern in großer Höhe haben Aktivisten nicht nur sich selbst in große Gefahr gebracht, sondern auch die Einsatzkräfte. Das ist verantwortungslos.
Dem ist wenig hinzuzufügen, außer vielleicht noch, dass wir den Polizistinnen und Polizisten unseren Dank für ihren gefährlichen Einsatz schulden und dass gilt: Friedliche Demonstrationen sind ein verfassungsmäßiges Recht. Sie hätten an jedem anderen Ort stattfinden können. Aber Gewalt, Steine, Molotowcocktails sind außerhalb dieses Grundrechts und außerhalb unserer Rechtsordnung. Wir müssen dem Rechtsstaat und unseren Polizisten den Rücken stärken.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Herr Kollege Hilse, was Sie in Bezug auf den Rechtsstaat angeführt haben, ist inakzeptabel. Auch rechtskräftige Verurteilungen sind zu akzeptieren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Karsten Hilse [AfD]: Ich habe es doch akzeptiert! Ich habe nichts anderes gesagt!)
Herr Kollege Plobner, wenn Sie hier die Voraussetzungen für den Unterbindungsgewahrsam in einer Rechtsstaatsdebatte anführen, dann dürfen Sie nicht sagen, dass die CSU eine solche Strafe verhängt. Das ist juristisch nicht korrekt.
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Aber alle haben es verstanden!)
Und Herr Kollege Kruse: Die FDP regiert mit. Das, was Sie hier anführen, sollten Sie in der Regierung auch versuchen umzusetzen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Die Grünen haben dem Gesetz und der Vereinbarung mit RWE am 1. Dezember 2022 im Bundestag einstimmig bei einer Enthaltung zugestimmt; übrigens auch Sie, Frau Kollegin Dr. Nestle.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Nein, das glaube ich nicht! – Zuruf der Abg. Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Jetzt bin ich vom Verhalten der Grünen aber irritiert. Die Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge will den Polizeieinsatz aufarbeiten. Eine Abgeordnete vor Ort, die für die Vereinbarung gestimmt hat, hat getwittert: „Argumente à la ‚Gerichte haben entschieden, RWE hat jedes Recht da abzubaggernʼ sind eine Hörigkeitserklärung gegenüber diesem Konzern.“ Was hat eine solche Einlassung mit Rechtsstaat zu tun?
Eine andere Abgeordnete der Grünen, die auch für die Vereinbarung gestimmt hat, hat auf Instagram geschrieben: Immer noch harren wir 10 Meter hinter der Frontlinie aus. Hier gibt es so weit keine Bewegung mehr.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: „Frontlinie“! – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Unglaublich!)
Ein solches Zitat in zeitlicher Nähe zum Ukrainekrieg ist nur zynisch und peinlich. Sie sollten sich davon distanzieren.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Peinlich!)
Wenn also eine Fraktion im Bundestag einstimmig dafür stimmt, ist es eine Frage des Respekts und des Vertrauens in die Politik, hinter diesen Entscheidungen zu stehen. Das erwarten wir von Ihnen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber es geht um eine Doppelstrategie. Die Grünen müssen mehr Braunkohle verfeuern und mehr CO2 emittieren, weil sie sich nicht einmal übergangsweise auf mehr Kernenergie einlassen wollen. Andererseits wollen Sie eine Debatte über Polizeieinsätze führen und sich nicht von eigenen MdBs distanzieren, um die Basis nicht zu beunruhigen. Für diese Doppelstrategie gibt es einen einfachen Begriff: Er lautet „Doppelmoral“.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Mit Doppelmoral kann man eine Zeit lang in einer Filterblase erfolgreich sein und interessengeleitete Politik machen; aber die Energiepolitik der viertgrößten Volkswirtschaft der Erde lässt sich mit Doppelmoral nicht gestalten.
Der Ausstoß vieler Millionen Tonnen CO2 könnte vermieden werden, wenn wir bei der Stromerzeugung für eine Übergangszeit weiter auf die bestehenden Kernkraftwerke setzen würden. Wir brauchen diese Übergangszeit in der Stromerzeugung. Warum? Um Zeit zu gewinnen – für den Ausbau erneuerbarer Energien und der Wasserstofftechnologie,
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Bayern!)
für den Bau neuer Leitungen, für die Entwicklung von Innovationen. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass Genehmigungsverfahren beschleunigt werden, dass wir in Forschung und Entwicklung vorankommen und damit durch neue Impulse unsere Energieerzeugung schneller CO2-frei machen.
Es sei mir auch ein Satz in Bezug auf diejenigen erlaubt, die diese Klimabewegung radikalisieren. Es geht um ein Anliegen der jungen Generation,
(Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aller Generationen!)
das wir verstehen und unterstützen – gar keine Frage. Aber jeder junge Mensch, der einen Beruf lernt, in dem er PV-Anlagen anschließt oder Wärmepumpen installiert, tut unendlich mehr für den Klimaschutz als jene, die sich auf Straßen kleben und sich dafür auch noch bezahlen lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Es geht um Respekt vor dem Rechtsstaat. Es geht um Innovation. Es geht nicht darum, zu moralisieren,
(Dr. Anja Reinalter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun Sie aber die ganze Zeit!)
sondern es geht darum, diese Klimaherausforderungen anzunehmen und positiv zu lösen. Es geht um die Akzeptanz des Rechtsstaats, aber auch darum, Doppelmoral in der Politik zu verhindern.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit kennen Sie sich ja aus!)
Das Wort hat die Kollegin Dr. Nina Scheer für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550226 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 80 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Lützerath |