Michael RothSPD - Aktuelle Stunde - Leopard-Blockade der Bundesregierung
Guten Tag, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Abgeordneter Farle, das kann Ihnen nur der Kreml aufgeschrieben haben. Das hat jedoch mit der Wirklichkeit, vor allem mit der bitteren Wirklichkeit der Menschen in der Ukraine nichts zu tun.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Wer hat denn Ihre Rede aufgeschrieben, Herr Kollege?)
Heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein guter Tag für die Menschen in der Ukraine, die seit elf Monaten für ihre Freiheit, für Demokratie, für Souveränität und für ihre territoriale Integrität kämpfen. Es ist auch ein guter Tag für den Zusammenhalt des Bündnisses, zu dem Europa, die NATO, wir, viele Staaten weltweit gehören, die seit elf Monaten an der Seite der Ukraine stehen und dieses Land, das einem grauenhaften Angriffskrieg ausgesetzt ist, politisch, wirtschaftlich, finanziell, aber eben auch militärisch unterstützen. Und es ist zugleich ein schlechter Tag für das russische Regime, für den russischen Nationalismus, für den russischen Imperialismus, der Europa und nicht nur die Ukraine in Angst und Schrecken versetzt hat.
Ich bin heute Morgen gefragt worden, ob ich mich über diese mutige und weitreichende Entscheidung der Bundesregierung und des Bundeskanzlers freue. Ich freue mich nicht. Das ist kein Tag der Freude.
(Ulrich Lechte [FDP]: Ein Tag der Vernunft!)
Wir sollten uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, freuen, wenn sich die russischen Truppen endlich vollständig vom ukrainischen Staatsterritorium zurückgezogen haben.
(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir dürfen uns freuen, wenn endlich die Verbrechen gegen die Menschlichkeit beendet werden. Wir können uns freuen, wenn es zu einem Waffenstillstand kommt. Wir können uns freuen, wenn endlich die Ukrainerinnen und Ukrainer wieder in Ruhe schlafen können, weil sie wissen: Dieser Krieg ist beendet.
Wenn Russland nicht gestoppt wird, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann droht in Europa weiterer Krieg, dann sind andere Staaten, beispielsweise auch Moldawien, durch den russischen Imperialismus bedroht. Deshalb ist ein Sieg der Ukraine nicht nur ein Akt der Solidarität gegenüber einem Nachbarn und einem Partner, es liegt auch im nationalen und im europäischen Interesse, dass dieses Land zu seiner Freiheit und zu seiner Souveränität zurückfindet.
(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich gehöre einer Generation an, die geprägt wurde durch einen Satz: Frieden schaffen ohne Waffen. Und ich stehe hier gemeinsam mit vielen anderen, die sagen: Frieden schaffen mit Waffen. Mehr Waffen bringen uns dem Frieden näher.
(Stephan Brandner [AfD]: Krieg ist Frieden!)
Das erleben wir tagtäglich, wenn wir an die Kriegsverbrechen Russlands denken. Denn es geht nicht nur darum, dass die Ukraine sich zu verteidigen vermag.
(Stephan Brandner [AfD]: Lesen Sie mal George Orwells „1984“!)
Es geht auch darum, dass die von Russland eroberten Gebiete befreit werden. Ob in Butscha oder Dnipro, wir haben die schlimmsten Verbrechen erlebt. Menschen sind gemeuchelt worden. Es wird ein Krieg gegen die Zivilbevölkerung geführt. Deshalb ist es unsere Pflicht, diesen Menschen engagiert beizustehen, und deshalb brauchen wir Waffen. Es ist auch ein Akt der Humanität.
Aber diesen Satz „Frieden schaffen mit mehr Waffen“ müssen wir unserer verängstigten und besorgten Bevölkerung immer wieder gut erklären. Dabei spielt nicht nur die Bundesregierung, dabei spielen auch wir als Abgeordnete eine herausragende Rolle, weil wir mit diesen Fragen tagtäglich in unseren Wahlkreisen oder auch in Gesprächen oder in der digitalen Welt konfrontiert werden.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nur wenn Putin verliert, ist er wirklich zu ernsthaften Verhandlungen bereit. Nur aus einer Position der militärischen Stärke heraus kann die Ukraine diesen Krieg beenden.
(Beifall der Abg. Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dass es in liberalen Demokratien Streit über den richtigen Weg gibt – und wir streiten darüber, wir ringen um den richtigen Weg –, zeichnet uns aus. Ich bin auch stolz darauf, dass wir das tun. Aber wir dürfen uns in diesem Bündnis für die Ukraine nicht auseinanderdividieren lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Konzentrieren wir uns darauf, den russischen Imperialismus zu bekämpfen. Damit haben wir genug zu tun, meine Damen und meine Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ein Letztes. Einige scheinen es sich auf ihrem ideologischen Sofa so bequem gemacht zu haben, dass sie noch nicht mal vor der Behauptung zurückschrecken, die Ukraine würde möglicherweise auch den Einsatz von Atomwaffen erwägen. Ich will noch mal auf das Budapester Memorandum zu sprechen kommen, das der Kollege Ulrich Lechte erwähnt hat: 1994 hat die Ukraine ihr komplettes Atomwaffenarsenal an Russland abgegeben. Dafür gab es eine Beistandsverpflichtung der USA, des Vereinigten Königreichs und Russlands. Russland hat diesem Land nicht beigestanden, –
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
– sondern es hat dieses Land brutalstmöglich überfallen.
Was wir brauchen – ich komme zum Schluss –, –
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss. Jetzt ist auch für Sie Schluss, Herr Kollege!
– ist eine Botschaft der Hoffnung für die Ukraine, und die kann nur liegen –
Sag mal!
(Stephan Brandner [AfD]: Es hört keiner auf Sie!)
– in einem Platz im vereinigten Europa,
(Das Mikrofon wird abgeschaltet)
und das in – –
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Herr Kollege Roth, ich habe Ihnen jetzt auch das Wort entzogen. Es nützt nichts mehr, dass Sie was sagen, weil Sie keiner mehr hören kann. Das ist unglaublich!
Bevor ich die die Aktuelle Stunde beende, gebe ich dem Kollegen Robert Farle, fraktionsloser Abgeordneter, das Wort nach § 30 der Geschäftsordnung, weil er sich durch den Ausspruch des Abgeordneten Roth, seine Rede sei wohl im Kreml geschrieben worden, beleidigt fühlt, was, wenn wir darüber nachdenken, auch eher für ihn spricht.
Trotzdem: Herr Kollege Farle, Sie haben jetzt für 30 Sekunden das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550280 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 81 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Leopard-Blockade der Bundesregierung |