26.01.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 82 / Tagesordnungspunkt 6

Julia KlöcknerCDU/CSU - Regierungserklärung zum Jahreswirtschaftsbericht 2023, Jahresgutachten des Sachverständigenrates

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundeswirtschaftsminister will im Jahreswirtschaftsbericht eine von ihm gemachte Trendwende erkennen, ganz gleich, was die realen Zahlen sagen. Herr Minister, Ihre ganz eigene Prognose, die überrascht uns dann doch. Da zaubern Sie in Ihrem eigenen Jahreswirtschaftsbericht einfach ein leichtes Wachstum von 0,2 Prozent aus dem Hut. Und Sie haben beschlossen: Die Rezession soll 2023 ausfallen. – Das wünschen wir uns alle; aber viele Fachinstitute sehen das anders.

Ich muss ehrlich sagen: Wer im April die Korken knallen lassen will wie die Grünen, weil die Kernkraft abgeschaltet wird, der feiert nur sich selbst, der feiert nicht Deutschland, der ist ignorant gegenüber all denen, die die Tür abschließen mussten, weil sie sich diese Energiepreise hier in Deutschland nicht mehr leisten können.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

So viel ist auch klar: Wenn die Inflation sinkt, dann sinken die Preise nicht. Sie steigen dann nur langsamer. Viele Unternehmen und Betriebe stecken nach wie vor in der Kostenfalle; die Inflation belastet die Wertschöpfungsketten, und die Konsumlaune ist nach wie vor schlecht. Gleichzeitig verliert unser Standort massiv an Bedeutung. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung warnt: Deutschland ist nur noch auf Platz 18 von 21 Ländern. Hinter uns liegen Ungarn, Spanien und Italien.

Herr Bundeswirtschaftsminister, von Ihnen haben wir dazu nichts gehört. Wettbewerbsfähigkeit ist mehr als lediglich Energiepolitik.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bevor Sie wieder mit dem Finger auf uns zeigen – „16 Jahre Union“ –, hier einige Fakten zu 16 Jahren Union. Wir als Union haben Deutschland zum Wachstumsmotor in Europa gemacht; 2005 lag das BIP noch bei 2,3 Millionen Euro

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Millionen? – Reinhard Houben [FDP]: Millionen nun nicht, Frau Klöckner!)

– Billionen; ich habe mich versprochen –, 2021 bei etwa 3,6 Billionen Euro.

(Reinhard Houben [FDP]: Billionen!)

Aber ich freue mich, Herr Houben, dass Sie uns zustimmen, dass das unter Unionsregierung so geklappt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben die Arbeitslosigkeit in Deutschland halbiert – von rund 12 Prozent in 2005 auf 5,7 Prozent in 2021. Die Menschen haben davon profitiert. Die Nettolöhne sind von 2005 bis 2021 um rund 40 Prozent angestiegen. Das ist aktive Wirtschaftspolitik; das sind Rahmenbedingungen für Wachstum, Herr Minister. Und Rahmenbedingungen für Wachstum sind eben mehr als Energiepolitik. Wir denken Wirtschaft, Umwelt und Klima zusammen

(Bettina Hagedorn [SPD]: Das ist ja ganz was Neues!)

und reduzieren eben nicht wie Sie den Jahreswirtschaftsbericht auf einen reinen Ökobericht. Das ist falsch.

Wer Wohlstandskriterien beim Wachstum dazunimmt, der sieht Wachstum dort, wo es kein Wachstum gibt. Das ist ein Problem, genauso wie es ein Problem ist, dass Sie auch das Messen von Bürokratie verändern wollen, damit Bürokratie bei Ihnen nicht mehr auf dem Papier steht, obwohl Bürokratie bei den Unternehmen erhalten bleibt. Das ist fahrlässig. Wir sagen sehr klar: Fangen Sie an, Bundeswirtschaftsminister zu sein, und seien Sie nicht jemand, der schöne Geschichten erzählt! Am Ende weiß keiner, wie hier die Mieten bezahlt werden sollen und wie hier Fachkräfte die Arbeit leisten, die Ihre neue Industrie, von der Sie immer sprechen, dann auch braucht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Bettina Hagedorn [SPD])

Ich kann Ihnen auch sagen: „Aktive Wirtschaftspolitik“ hieß unter Unionsregierung: Wir haben drei Bürokratieentlastungsgesetze auf den Weg gebracht; wir haben die Steuern für Unternehmen auf unter 30 Prozent gesenkt; das Fachkräfteeinwanderungsgesetz war ein Meilenstein,

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Timon Gremmels [SPD])

Digitalisierungsgesetz, Zukunftsfonds, ja, und auch die Coronakrise, die haben wir angepackt. Wir haben nicht alles richtig gemacht. Aber wir haben nicht gezaudert; wir haben nicht gezögert. Wir haben gehandelt.

(Zuruf von der SPD)

Das ist das Gegenteil von dem, was Sie machen. Sie haben sich – wie Jens Spahn sagte – einen Blankoscheck unterzeichnen lassen und Förderprogramme auf den Weg gebracht, die kein Mensch will, die kein Mensch abruft. Am Ende ist es nicht die Zahl auf Ihrem Papier, die zählt, sondern die Wirtschaft, die ganz real in unserem Land mit der Wettbewerbsfähigkeit zu kämpfen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich frage mich: Wo bleibt denn der deutsche Wirtschaftsminister bei Ankündigungen von Unternehmen, ganz konkret wie BASF, BioNTech oder Bayer, die ihre Forschungssparten nicht in Deutschland ausbauen, sondern ins benachbarte Ausland gehen? Wo bleibt hier der Wirtschaftsminister, der sich um diese Unternehmen kümmert,

(Daniel Baldy [SPD]: Lesen Sie mal den ganzen Artikel! – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

der nicht nur Windkrafthersteller besucht, sondern auch die Industrie, die bei uns Arbeitsplätze schafft, Wohlstand schafft und für Wachstum sorgt? Herr Minister, auch das wünschen wir uns.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Investitionsbereitschaft, die wollen wir ankurbeln. Was Sie aber wollen, ist, dass am Ende vorgegeben wird, wer was wie zu investieren hat. Ich schaue mir einfach mal an, was Sie sanktionsbewehren wollen, oder ich schaue mir die Bürokratie an.

Damit komme ich zum Schluss. Die Bürokratiekosten für Unternehmen sind unter Ihrer Regierung um 63 Prozent gestiegen. Sie wollen jetzt die Beurteilungsmaßstäbe für Bürokratiekosten ändern. Da kann ich Ihnen nur sagen: Ein Belastungsmoratorium bedeutet das Beenden von Belastungen und nicht Schönrechnen und Schönreden. Wirtschaft heißt ganz real „hier bleiben“, „made in Germany“ und sich nicht das Land schönreden, und am Ende gehen die Lichter aus.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Bernd Westphal.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7550338
Wahlperiode 20
Sitzung 82
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum Jahreswirtschaftsbericht 2023, Jahresgutachten des Sachverständigenrates
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta