Hansjörg DurzCDU/CSU - Regierungserklärung zum Jahreswirtschaftsbericht 2023, Jahresgutachten des Sachverständigenrates
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben im letzten Jahr erstmals einen Jahreswirtschaftsbericht mit neuen Indikatoren vorgelegt, weil Ihnen die bisherigen – oder vor allem der bisherige – für Ihre Idee der Marktwirtschaft offensichtlich nicht aussagekräftig genug war. Es ist bittere Ironie, dass das vergangene Jahr gezeigt hat, dass das klassische Bruttoinlandsprodukt immer noch mit weitem Abstand der bedeutendste, der zentrale Indikator ist. Denn wenn es steigt, wächst die Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft, wenn es fällt, dann sinkt sie. Das BIP bildet die Grundlage für alles Weitere ab:
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Reinhard Houben [FDP] – Reinhard Houben [FDP]: Da kann ich auch klatschen!)
die Grundlage für Wohlstand, die Grundlage für den Sozialstaat, für den Klimaschutz oder aber für die Verteidigungsfähigkeit. Ich hoffe deshalb, Herr Habeck, dass Sie das BIP nun ganz neu und mehr wertschätzen.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Lieben lernen!)
Das BIP sieht gemäß dem Jahreswirtschaftsbericht nicht so schlecht aus wie gedacht; das ist mehrfach angeklungen in dieser Debatte. Der befürchtete stärkste Wirtschaftseinbruch in der Geschichte der Bundesrepublik ist bisher nicht wahr geworden, auch weil die Bundesregierung nach drei Entlastungspaketen auch mal die Wirtschaft entdeckt hat und auch weil die Bundesregierung in der Krisenbewältigung in bestimmten Bereichen sehr pragmatisch gehandelt hat. Er ist aber eben auch deshalb nicht wahr geworden, weil wir einen milden Winter haben, weil China im letzten Jahr etwa ein Fünftel weniger LNG verbraucht hat, weil die AKWs in Frankreich nun wieder zu weiten Teilen am Netz sind, weil sowohl die Industrie als auch die Privatwirtschaft im vergangenen Jahr 14 Prozent Gas eingespart haben und weil die Verbraucher und die Unternehmer in diesem Land eine enorme Anpassungsfähigkeit gezeigt haben. All denen möchte ich wirklich meinen ausdrücklichen Respekt aussprechen. Respekt, dass Sie in dieser Zeit so verantwortungsvoll gehandelt haben!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Zeiten sind für Unternehmen in Deutschland nicht einfach, und das hat nicht nur außen- und geopolitische Gründe. Einige Indikatoren werden auch im Jahreswirtschaftsbericht genannt, und sie zeigen: Deutschland ist spitze: spitze bei den Strom- und Energiekosten, spitze bei der Steuerbelastung, bei den Arbeitskosten, bei den Lohnnebenkosten und vor allem bei den Regulierungskosten. Die Ampel macht Deutschland zum Spitzenreiter – nur leider in den falschen Rankings. Alleine im ersten Ampeljahr sind die Bürokratiekosten laut Normenkontrollrat, den Sie ja auch noch degradiert haben, enorm gestiegen.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: 63 Prozent!)
Ihre Aufgabe ist es deshalb, Deutschland strukturell wieder wettbewerbsfähig zu machen und die Wirtschaft auf Wachstumskurs zu bringen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Um der „Ära des schrumpfenden Wohlstands“, wie die KfW es beschreibt, zu entgehen, braucht es nun ein klassisches Rezept: Angebotspolitik. Die Zutaten dafür sind eine Arbeitskräftepolitik, die Einwanderung in den Arbeitsmarkt, nicht aber in Sozialsysteme befördert, eine Steuerpolitik, die im Wettbewerb mit anderen Volkswirtschaften bestehen kann, eine Deregulierung der Bürokratie, die Deutschland zu einer der agilsten Wirtschaften Europas macht, und eine Handelspolitik, die bestehende Partnerschaften intensiviert und offen für neue ist.
All das brauchen wir pragmatisch und jetzt. Dazu braucht es nicht noch eine weitere Strategie, dazu braucht es nicht den dauernden Streit, sondern dazu braucht es Handeln. Elfmal haben Sie unserem Gesetzentwurf zu CETA nicht zugestimmt, haben Sie diesen geschoben, bis Sie endlich über Ihren Schatten gesprungen sind.
(Reinhard Houben [FDP]: Wir nur fünfmal!)
Zaudern und Zögern: Was im Kanzleramt die Leopards waren, das sind im Wirtschaftsministerium die Freihandelsabkommen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das BIP bleibt der zentrale Indikator.
(Reinhard Houben [FDP]: Richtig!)
Und wenn Sie schon neue Indikatoren im Jahreswirtschaftsbericht einführen, dann bitte solche, die die Wirksamkeit einer solchen Angebotspolitik messen, beispielsweise: Wie steht es um den Bürokratieabbau? Wie steht es um die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren? Solche Indikatoren, die die Unternehmenswirklichkeit deutlich machen, wären gefragt. Und sie würden zeigen, ob Sie es tatsächlich verstanden haben, dass wir eine wirtschaftspolitische Zeitenwende brauchen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Gabriele Katzmarek.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550343 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 82 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung zum Jahreswirtschaftsbericht 2023, Jahresgutachten des Sachverständigenrates |