Gabriele KatzmarekSPD - Regierungserklärung zum Jahreswirtschaftsbericht 2023, Jahresgutachten des Sachverständigenrates
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Nachbar besitzt ein altes Häuschen. Er hatte mir vor geraumer Zeit berichtet, dass er es gerne sanieren möchte: Dämmen, neue Heizung, PV‑Anlage auf dem Dach und Ähnliches.
(Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU]: Lohnt sich nicht, wegen der Erbschaftsteuer!)
Aber leider tut sich nichts. Es geht nicht so schnell voran, wie er sich das vorgestellt hat; denn Handwerker sind auf Monate hin ausgebucht, wichtiges Material fehlt. Und deshalb geht es nicht voran.
Was hat mein Nachbar nun mit dem Jahreswirtschaftsbericht, der vorliegt, zu tun? Ich finde, sehr viel. Denn ihm geht es nicht anders als vielen Menschen in Deutschland, Menschen, die im privaten Bereich etwas reparieren oder umbauen wollen. Aber auch Industriebetriebe, Dienstleistung und das Handwerk spüren deutlich: Fachkräfte und auch Material fehlen. Von daher will ich mich auf diese zwei Aspekte aus dem Jahreswirtschaftsbericht konzentrieren.
Es wurde heute schon in mehreren Reden darüber berichtet, wie viele Arbeitskräfte fehlen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer sagt: Aktuell sind 2 Millionen Arbeitsplätze unbesetzt. Das ist ein Verlust an Wertschöpfung von fast 100 Milliarden Euro für unsere Volkswirtschaft. – Wenn wir da nicht gegensteuern, wird uns auch die Transformation der Wirtschaft nicht gelingen. Deshalb werden wir als Ampel handeln, und wir handeln, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir haben uns als Ampel darauf verständigt, dass eines der obersten Ziele die Bekämpfung des Fachkräftemangels bzw. des Arbeitskräftemangels ist. Das wird einer der wesentlichen Indikatoren sein.
Bundesminister Hubertus Heil hat in der letzten Woche bereits die Fachkräftestrategie vorgestellt. Da sind mir drei Punkte besonders wichtig, die ich noch mal nennen will:
Erstens. Wir müssen – das darf nicht untergehen – dafür Sorge tragen, dass junge Menschen im dualen System oder in der Hochschule ausgebildet werden. Noch immer gibt es Jugendliche, die auf der Strecke bleiben. Das geht gar nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und da sind auch die Unternehmen gefordert.
Zweitens. Wir müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiterqualifizieren; das wurde heute auch schon mehrmals gesagt. Denn nur dann kann der Wandel gelingen, und nur dann werden die gigantischen Herausforderungen, die bei der Veränderung der Arbeitswelt anstehen, nicht zum Problem für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Auch da sind wir auf einem guten Weg und werden weitermachen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Drittens. Wir brauchen Zuwanderung aus dem Ausland.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: In den Arbeitsmarkt hinein vor allem!)
Die Modernisierung der Einwanderung von Arbeitskräften nach Deutschland ist ein Muss. Eine gute Integration ist eine wesentliche Aufgabe. Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen nicht nur hierherkommen, um zu arbeiten, sondern hier auch bleiben, und zwar, weil sie gerne mit ihren Familien hier leben wollen. Auch da sind wir auf einem guten Weg. Gemeinsam machen wir so Deutschland zum Fachkräfteland.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Gerne würde ich noch etwas zu der Frage des globalen Handels sagen; denn das ist der zweite wichtige Punkt. Wir hören tagtäglich Berichte, dass wichtige Medikamente nicht zur Verfügung stehen, etwa Kindermedizin oder Medikamente für die Krebsbehandlung. Auch dort haben wir Nachholbedarf, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir brauchen Versorgungssicherheit in wesentlichen Bereichen, eigene stabile Produktion in Deutschland und in Europa. Auch dort sind wir auf einem guten Weg. Wir haben bereits verschiedene Maßnahmen beschlossen, und wir werden weiter daran arbeiten. Denn es kann nicht sein, dass Menschen in diesem Land heute vor den Apotheken stehen und nicht wissen, ob sie Medikamente bekommen oder nicht.
Gelingt es uns – Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss –, diese zwei Punkte, die ich kurz angesprochen habe, anzugehen, Veränderungen vorzunehmen und die richtigen Weichen zu stellen – ich bin davon überzeugt, dass wir es machen können und dass wir auf dem richtigen Weg sind –, wird mein Nachbar sein Haus umbauen können. Ich glaube, dass wir dann auch die notwendigen Produkte, die uns jetzt fehlen, insbesondere in der Medizin, auch in Zukunft immer ausreichend zur Verfügung haben werden.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Jens Spahn [CDU/CSU]: Sie glauben das? – Gegenruf der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD]: Ich weiß es!)
Nächster Redner: der fraktionslose Abgeordnete Robert Farle.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550344 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 82 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung zum Jahreswirtschaftsbericht 2023, Jahresgutachten des Sachverständigenrates |