26.01.2023 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 82 / Tagesordnungspunkt 18

Stefan RouenhoffCDU/CSU - Handelsabkommen EU-Lateinamerika (Mercosur)

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor knapp zwei Monaten haben wir im Bundestag eine wichtige handelspolitische Weichenstellung vorgenommen: Wir haben CETA, das EU-Freihandelsabkommen mit Kanada, endlich ratifiziert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Mehr als sechs Jahre – sechs Jahre! – nach dessen vorläufigem Inkrafttreten hat der Bundestag dieses Abkommen ratifiziert.

Liebe Regierungsmitglieder, liebe Ampelkollegen, so viel Zeit bleibt Ihnen für die Ratifikation des EU-Mercosur-Assoziierungsabkommens nicht. Wenn Sie wirklich wollen, dass Europa auch künftig noch ein wirtschaftspolitisches Schwergewicht in der Welt ist und Industriearbeitsplätze mit hoher Wertschöpfung erhalten bleiben, wenn Sie wollen, dass das Wachstum der Weltwirtschaft nicht an uns vorbeigeht und wir nicht an Wohlstand verlieren, dann ergreifen Sie jetzt die Initiative!

(Beifall der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])

Stellen Sie die Weichen dafür, dass das EU-Abkommen mit den Mercosur-Staaten noch in diesem Jahr ratifiziert werden kann, bevor sich das Zeitfenster schließt!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und zeigen Sie, dass das neue Deutschlandtempo, von dem der Bundeskanzler ja immer so gerne spricht, nicht das Genehmigungstempo für Panzerlieferungen in die Ukraine ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Oh!)

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat in ihrem gestern veröffentlichten Jahreswirtschaftsbericht ausdrücklich die große geopolitische Bedeutung von Freihandelsabkommen der EU mit anderen Staaten hervorgehoben – Zitat –:

… eine breitere Aufstellung von Import- und Absatzmärkten reduziert bestehende Abhängigkeiten und trägt zur Resilienz bei. Bilaterale EU-Handelsabkommen sind hierfür ein zentraler Baustein; sie sollten … zügig abgeschlossen werden …

Und weiter heißt es:

Dies gilt aus Sicht der Bundesregierung insbesondere in Hinblick auf Partner in Lateinamerika …

Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Minister, ich bin froh, diese Sätze in einem Jahreswirtschaftsbericht zu lesen, der unter Federführung des grün geführten Bundeswirtschaftsministeriums erstellt wurde.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Es geschehen noch Zeichen und Wunder!)

Man kann wirklich nur hoffen, dass sich diese Erkenntnis auch in der grünen Bundestagsfraktion durchsetzt, dies also nicht bloß hohlen Phrasen sind.

Warum sage ich das? Keine Geringere als die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Dröge – ich sehe sie heute gar nicht hier –,

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Freihandelsgegnerin!)

erklärte noch vor anderthalb Jahren – Zitat –:

Das EUMercosur-Handelsabkommen muss dringend neu verhandelt werden!

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Unglaublich!)

Nur so kann der Schutz von Mensch und Natur gewährleistet werden.

Die von der EU-Kommission geplanten Zusatzvereinbarungen zum Klimaschutz können die Mängel nicht beheben.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, welchen Weg wollen Sie als Regierungsfraktion eigentlich gehen? Wollen Sie der EU-Kommission jetzt wirklich die Rote Karte zeigen und für Neuverhandlungen eintreten, wie es Ihre Fraktionsvorsitzende fordert?

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Ja! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Unrealistisch!)

Und haben Sie darüber schon mal mit den EU-Mitgliedstaaten gesprochen, die mittlerweile die Nase wirklich gestrichen voll haben von deutschen Alleingängen in der Handelspolitik?

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Frankreich! Österreich! Luxemburg!)

Allen hier, glaube ich – auch den Linken hier im Haus –, sollte klar sein: Wer Neu- oder Nachverhandlungen einfordert, der öffnet die Büchse der Pandora, weckt Begehrlichkeiten und gefährdet das gesamte Assoziierungsabkommen mit den Mercosur-Staaten. Und das kann definitiv nicht im deutschen Interesse sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, auch wenn es oft gar nicht zur Sprache kommt: Das EU-Mercosur-Abkommen sieht schon heute auch im Klima- und Umweltbereich weit mehr als eine Betonierung des Status quo vor. So enthält das Kapitel zu Handel und nachhaltiger Entwicklung unter anderem Vereinbarungen zum Washingtoner Artenschutzübereinkommen und zur Biodiversitätskonvention, für die es bisher überhaupt gar keine vertragliche Grundlage zwischen der EU und den Mercosur-Staaten gegeben hat.

Klar ist: Wir müssen Themen wie Klimaschutz, den Erhalt der Regenwälder und andere Nachhaltigkeitsaspekte mit unseren lateinamerikanischen Partnern weiter vorantreiben; daran besteht überhaupt gar kein Zweifel.

(Zuruf des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE])

Aber mein Appell an die Ampel, insbesondere an die Grünenfraktion, lautet: Keinem dieser Ziele ist auch nur im Ansatz gedient, wenn Sie den Bogen überspannen. Denn auch andere Staaten klopfen mittlerweile lautstark an die Tür der Mercosur-Staaten und werben für eine Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen, gerade im vergangenen Jahr China. China möchte mit Uruguay ein Freihandelsabkommen abschließen.

Ich sage an dieser Stelle – der Blick geht noch mal in Richtung des Wirtschaftsministers und der Ampelfraktionen –: Zeigen Sie, dass Sie die Zeichen der Zeit wirklich erkannt haben! Übernehmen Sie eine Führungsrolle in der europäischen Handelspolitik! Das kann das Wirtschaftsministerium in Brüssel, wenn es gewillt ist. Und nehmen Sie sich unseren Antrag zu Herzen! Machen Sie gemeinsam mit der schwedischen und spanischen Ratspräsidentschaft in diesem Jahr den Weg frei für die Ratifikation des Abkommens!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Sebastian Roloff.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Reinhard Houben [FDP]: Jetzt ist doch genug Zeit, den Minister zu loben!)

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Electoral Period 20
Session 82
Agenda Item Handelsabkommen EU-Lateinamerika (Mercosur)
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