26.01.2023 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 82 / Tagesordnungspunkt 9

Thomas SeitzAfD - Änderung des Strafgesetzbuches

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden über fünf Anträge der Linken aus der Mottenkiste des Sozialismus, voller Ideologie und mit vielfacher Überschneidung.

(Clara Bünger [DIE LINKE]: Mehr haben Sie nicht zu bieten? Das ist ja lächerlich!)

Sie fordern Straffreiheit für die Beförderungserschleichung, also das Fahren ohne Fahrschein,

(Stephan Brandner [AfD]: Schwarzfahren!)

was zu einem guten Teil die Finanzierung des öffentlichen Personenverkehrs zerstören würde, mit der Folge von noch mehr Subventionen aus Steuermitteln. Die Finanzierung der Verkehrsbetriebe hängt eben auch davon ab, dass die Strafbarkeit des Schwarzfahrens abschreckt, was allein ein erhöhtes Beförderungsentgelt nicht bewirken kann.

Die Begründung, dass ein Täter durch das Einsteigen ohne Fahrschein in Bus oder Bahn keine kriminelle Energie entfalte, weil er keine Schutzvorrichtung überwinde, ist absurd. Denn mit dieser Begründung könnte man viele zu Recht strafbare Sachverhalte straflos stellen.

Auch die Behauptung, Strafbarkeit und erhöhtes Beförderungsentgelt führten zu einer Doppelbestrafung, ist Unsinn. Vielmehr ist das Nebeneinander von Strafe und zivilrechtlichen Folgen ein grundsätzliches Prinzip unserer Rechtsordnung.

(Beifall bei der AfD)

Das gesamte Antragskonvolut ist durchzogen vom ideologischen Konstrukt einer Armutsbestrafung, die es in Deutschland nicht gibt. Vielmehr gilt Artikel 3 Absatz 1: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“

(Clara Bünger [DIE LINKE]: Offenbar ja nicht!)

Denn auch Menschen, die ärmer sind als die große Masse, unterliegen dem Gesetz und sind wie alle Bürger gehalten, sich an das Gesetz zu halten, und die meisten von ihnen tun es auch – und zwar selbstverständlich.

Das ist der Punkt, der mich an Ihren Anträgen am meisten stört. Ihre Politik reduziert Menschen, die es ohnehin schwer genug im Leben haben, auf ein Schicksal als armes Opfer, das aufgrund gesellschaftlicher Umstände gar nicht anders kann, als Straftaten zu begehen. Das ist eine unglaubliche Verhöhnung all der kleinen Leute in Deutschland, die jeden Tag hart arbeiten,

(Clara Bünger [DIE LINKE]: Sie erzählen einen Quatsch!)

um gerade so mit dem Existenzminimum über die Runden zu kommen, aber trotzdem die Regeln des Zusammenlebens einhalten.

(Beifall bei der AfD)

Es reicht Ihnen nicht, dass man gerade den kleinen Leuten das Leben mit der jahrelangen illegalen Migration und den Folgeproblemen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt ohnehin schon schwer genug gemacht hat.

(Zuruf der Abg. Clara Bünger [DIE LINKE])

Nein, Sie greifen auch noch die Würde der Menschen an, denen es wehtut, unser Recht einzuhalten, die es aber trotzdem tun. Sie legen die Axt an die Rechtsordnung und ihre Akzeptanz.

Auch im Gesetzentwurf zum sogenannten Containern geht es nur um Scheinprobleme.

(Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Ja, klar!)

Immerhin haben Sie erkannt, dass man wegen einer Detailfrage nicht die Dogmatik des Sachen- und Strafrechts auf den Kopf stellt, und fordern nur ein Absehen von Verfolgung bei Geringwertigkeit. Nur, eine solche Regelung zur Art und Weise der Strafverfolgung gehört nicht in das StGB. Auch in der StPO sind solche Einzelfallregelungen fremd. Das gehört richtigerweise in die Richtlinien für das Strafverfahren, und einen entsprechenden Antrag – das wurde gesagt – gibt es schon aus Hamburg. Minister Buschmann hat sich ausdrücklich dafür ausgesprochen, und es spricht auch nichts gegen diese Änderung, außer dass sie überflüssig ist, weil dies ohnehin schon der gängigen Praxis entspricht.

(Clara Bünger [DIE LINKE]: Das ist Quatsch!)

Ein weiterer Antrag verlangt die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe, was beweist, dass Sie das System der Geldstrafe nicht verstehen. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist das notwendige Druckmittel, das der Geldstrafe Durchsetzungskraft verleiht. Es gibt gute Gründe gegen die Geldstrafe; aber dann müssen Sie Alternativen benennen.

In einem Punkt berührt Ihr Antrag allerdings ein tatsächliches Problem, nämlich die Festsetzung der Tagessatzhöhe. Das Problem betrifft aber weniger von Grundsicherung lebende Menschen als weite Teile der arbeitenden Bevölkerung einschließlich eines Großteils der Mittelschicht, deren Lebensstandard rapide im Sinken begriffen ist und denen oftmals trotz Vollerwerbstätigkeit nur wenig mehr Geld zur Verfügung steht als Transferempfängern; aber in der Tagessatzhöhe spiegelt sich das nicht wider. Hier muss in der Tat nachgebessert werden. Aber das funktioniert mit Sicherheit nicht mit den von Ihnen als Normalfall verlangten Finanzermittlungen.

Ich bin sicher, keiner von Ihnen hat eine Ahnung, was es mit der Anfrage bei der BaFin auf sich hat. Der Antrag ist nur eine DIN-A4-Seite lang und auch nicht schwer. Aber die BaFin-Anfrage ist nur der Anfang der Finanzermittlungen, nicht der Abschluss. Die Staatsanwaltschaft erhält von der BaFin nur eine Auflistung aller aktuellen und früheren Bankverbindungen einer Person als Kontoinhaber oder auch als Verfügungsberechtigter. Wenn die Liste eingeht, muss der Staatsanwalt bei jeder einzelnen Bank nachfragen. Meist reicht dafür ein einfaches Schreiben, in dem die Einholung eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses bei Ablehnung freiwilliger Auskunftserteilung in Aussicht gestellt wird, und nur selten muss man tatsächlich die entsprechenden Beschlüsse erwirken. Anhand der Kontoauszüge kann man dann bei Werktätigen meist tatsächlich einen Überblick über Einkommen und Wohnkosten erhalten.

Aber die Ausforschung der finanziellen Verhältnisse stellt einen solchen Eingriff dar, der hier bei diesen geringen Geldstrafen völlig überzogen und unverhältnismäßig ist. Gerade bei den Delikten, über die wir heute reden, geht es meistens lediglich um den Bereich von 10 bis 30 Tagessätzen. Und natürlich ist ein solcher Aufwand als reguläre Ermittlungsmaßnahme personell unmöglich zu leisten, nicht bei den Staatsanwaltschaften, nicht bei der BaFin, nicht bei den Banken.

(Zuruf von der SPD: Da hat man Sie doch rausgeschmissen, oder?)

Mit dem vierten Antrag wollen Sie im Strafprozessrecht die Prozesskostenhilfe einführen und den Anwendungsbereich der notwendigen Verteidigung, also umgangssprachlich: Pflichtverteidigung, ausweiten. Soweit dabei auf das Antragserfordernis abgestellt wird, genügt der Hinweis, dass dies nicht das Ob der Pflichtverteidigerbestellung betrifft, sondern nur das Wann.

Im Übrigen geht es Ihnen ganz offensichtlich um eine ABM-Maßnahme für Anwälte. Wie ein tragfähiges Konzept aussehen soll, das nicht auf ein Ausbluten des Steuerzahlers hinausläuft, ist mir rätselhaft, insbesondere im Lichte der Unschuldsvermutung.

(Clara Bünger [DIE LINKE]: Eine Verteidigung ist konstitutiv für den Rechtsstaat!)

Wer im Zivilrecht PKH erhält, ist zwar von Gerichtskosten und den Kosten des eigenen Anwalts befreit, muss aber bei einer Niederlage die Kosten des Gegners tragen. Das schützt vor Missbrauch. Und genau deshalb wird im Zivilrecht bei der PKH die Erfolgsaussicht geprüft, weil es nicht die Aufgabe des Steuerzahlers ist, eine mutwillige Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu finanzieren.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Im fünften Antrag soll ein Unternehmensstrafrecht eingeführt werden und wieder einmal die Armutsbestrafung abgeschafft werden. Ein Unternehmensstrafrecht hat unsere Fraktion bereits in der letzten WP abgelehnt, und ich sehe keinen Grund für eine Neubewertung.

Und zum Thema Armutsbestrafung. Sie retten die Menschen nicht vor Armut. Ihre linke Ideologie verursacht vielmehr Armut und stellt eine Bedrohung für die rechtsstaatliche Ordnung dar.

Gerade heute tut es weh, über solche Anträge zu reden. Unser Mitgefühl gilt den Opfern des gestrigen Anschlags im Regionalzug von Kiel nach Hamburg: Ein 16-jähriges Mädchen, ein 19-jähriger junger Mann wurden ermordet; mehrere Verletzte. Darüber hätte debattiert werden sollen, über diese Messermorde und ihre Hintergründe, und nicht über linken Unsinn oder queere Befindlichkeiten.

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie denn als Aktuelle Stunde angemeldet, Herr Seitz?)

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist der Kollege Stephan Thomae, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

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Electoral Period 20
Session 82
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