Thomas JarzombekCDU/CSU - Innovation und Technologie, Fortschrittsbericht 2021
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist wichtig, zu sagen: Wir reden heute über den Bericht über die Innovationsprogramme 2021. Das ist sozusagen der Abschlussbericht der alten Bundesregierung.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Dieser Bericht ist, wenn ich das so sagen darf, Frau Staatssekretärin, ein großes Kompliment an das Team von Peter Altmaier; denn Sie beschreiben die Dinge, die gemacht wurden, alle positiv,
(Beifall bei der CDU/CSU)
und ich habe auch in dieser Debatte von niemandem gehört, dass ein großes Programm vorgelegt werden soll, um das bestehende zu verändern.
Aber nichts ist so gut, dass man es nicht noch verbessern kann. Innovation ist einfach superwichtig, gerade im Mittelstand; denn die Innovationsausgaben von heute sind unsere Jobs, sind unser Wohlstand in fünf und in zehn Jahren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich habe neun Punkte aufgeschrieben, die eigentlich Sie in Ihrem Aktionsprogramm hätten aufschreiben können:
Der erste Punkt ist Zuverlässigkeit. Mittelständler brauchen Zuverlässigkeit, Start-ups auch, eigentlich alle in dieser Welt. Das ZIM-Programm – das will ich sagen, weil darüber geredet wurde – ist nach Corona unglaublich gut aus den Puschen gekommen. Im Oktober nach der Bundestagswahl waren die Mittel ausgegeben. Ich hätte gerne gehört, was Sie gesagt hätten, wenn wir direkt nach der Wahl als Geschenk für Ihre Koalitionsverhandlungen hier außerplanmäßige Ausgaben gemacht hätten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Gerald Ullrich [FDP]: Danke!)
Der Punkt ist, dass Sie das Programm zehn Monate haben liegen lassen. Nachdem Sie im Dezember die Regierung übernommen haben, hat es noch eine Ewigkeit gedauert.
Ich nehme ein zweites Beispiel: die Industrielle Gemeinschaftsforschung, IGF. Die Frage, wie hier Dinge verändert werden, hat alle ziemlich in Atem gehalten. Lange herrschte Unklarheit über die Förderstrukturen. Ein ganz aktuelles Beispiel ist das Programm INVEST, der Zuschuss für Wagniskapital.
(Zuruf der Abg. Dr. Anna Christmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Frau Kollegin Christmann, ich zitiere aus zwei Presseartikeln: „Start-up-Szene schockiert durch Kürzungen in der Invest-Förderung“ oder: „Der Gründerszene geht das Geld aus“, schreibt das „Handelsblatt“.
(Nina Warken [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
So ist das aktuell. Unsicherheit ist schlecht, Zuverlässigkeit ist gut.
(Beifall der Abg. Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU])
Punkt zwei: Bürokratie. Für mittelständische Unternehmen ist diese ganze Antragsbürokratie eine Pest. Ich glaube, es könnte ein gutes Werk sein, die Vielzahl der Programme, die es gibt, ein Stück weit zu konzentrieren. Dazu gehört auch, die Projektträger nicht weiter aufzublähen; sondern dafür zu sorgen, wie zuletzt bei AIF, einfache Anträge zu formulieren, die für Mittelständler zugänglich sind.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der dritte Punkt ist die Forschungszulage; es wundert mich, dass heute noch keiner darüber gesprochen hat. Die Forschungszulage ist ein großes Vorhaben, das insbesondere auch der damalige Finanzminister Scholz umgesetzt hat. 2,5 Milliarden Euro sollten als steuerliche Forschungsförderung in diesem Jahr ausgezahlt werden. Letzte Woche hat das ZEW allerdings geschrieben, dass gerade mal 10 Prozent dieser Mittel ausgezahlt werden. Das heißt: Von 2,5 Milliarden Euro mittelstandsfreundlicher steuerlicher Forschungsförderung sind 90 Prozent nicht abgerufen worden. Ich kann nur sagen: Gucken Sie sich mal an, wie die Webseite beim BMF geschrieben ist. Das ist ein solches Kauderwelsch, dass es kein Wunder ist, dass niemand versteht, wie das Programm funktioniert.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vierter Punkt: die Finanzierung. Wir haben ja in der letzten Woche schon über das Thema Start-ups geredet. 5 Milliarden Euro, die Sie bisher nicht nutzen, liegen brach. Wo sind allein die 3 Milliarden Euro aus diesen Separately Managed Accounts? Wo ist das Konzept? Wir haben beantragt, 1 Milliarde Euro für Biotech bereitzustellen. Das wäre sinnvoll; das sehen auch viele in der Industrie so. Und wir sehen: BioNTech ist ein erfolgreiches Unternehmen.
Aber da kommen wir zum nächsten Punkt, Nummer fünf: Daten. Der Datenschutz ist ein riesiges Innovationsproblem, gerade in der Gesundheitswirtschaft. BioNTech hat erklärt, dass es künftig Studien und Krebsforschung verstärkt in London betreiben wird, und das damit begründet, dass es schwierig ist, die Patientendaten hier zu verarbeiten. BioNTech formuliert es positiv: dass die Datenverarbeitung in London besser geht. Das ist ein Alarmzeichen; „Capital“ und „Stern“ schreiben sehr deutlich dazu.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sechster Punkt ist die vorkommerzielle Beschaffung. Wir müssen neue Wege in der Innovationsförderung gehen. Die Förderprogramme sind immer bürokratielastig. Die Investitionen sind eher für Start-ups geeignet. Wichtig ist, Dinge zu beschaffen, zu bestellen, einen Markt zu schaffen. Gerade im militärischen Bereich gibt es ein Riesenpotenzial. Wir haben zu Raketen und Quantencomputern ein Programm gemacht; ich sehe aber keine neuen Programme. Daran müssen Sie arbeiten.
Siebter Punkt ist die Governance in der Ausführung. Ich nehme mal das Thema DATI, die Transferagentur; die Forschungsministerin beehrt uns heute nicht dazu. Das Thema liegt ewig brach, und es kommt nichts. Wir brauchen eine Initiative, um die Exzellenz aus der Forschung in exzellente Produkte und Dienstleistungen zu überführen.
Der achte Punkt ist der Fachkräftemangel, der überall zuschlägt. Im Fachkräfteeinwanderungsgesetz findet man zum Thema „Fachkräfte in der Forschung“ super wenig.
Der letzte und neunte Punkt, aber vielleicht der wichtigste, ist der Gründergeist. Schülerfirmen – das haben wir gerade genannt – sind ein tolles Beispiel. Lassen Sie uns hier gemeinsam eine Initiative starten. Wir als Union sind dabei.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dr. Holger Becker hat nun für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7550444 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 82 |
Tagesordnungspunkt | Innovation und Technologie, Fortschrittsbericht 2021 |