26.01.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 82 / Tagesordnungspunkt 7

Marja-Liisa VöllersSPD - Berufliche Bildung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vorab: Wie so oft bei Ihren Anträgen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union und von der Linken, sprechen Sie heute ein durchaus wichtiges Thema an, nämlich das Thema der beruflichen Bildung. Klar, der demografische Wandel und die Verschiebung bei der Ausbildungswahl – von Auszubildenden hin zu mehr Hochschulabsolventinnen und ‑absolventen – haben in den letzten Jahren eine große Herausforderung für unsere Handwerksbetriebe und auch unsere Industrie gebracht.

Es gab vorgestern aber auch gute Nachrichten. Eine Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung hat gezeigt, dass sich mehr und mehr Abiturientinnen und Abiturienten wieder für eine duale Ausbildung entscheiden. Ganz überraschend kommt das zumindest für mich nicht. Bei mir im Wahlkreis, in Schaumburg und in Nienburg, ist die Berufsorientierung in Gesprächen mit Schulen, Gewerkschaften und meinen Betrieben, die ich als Abgeordnete besuche, immer ein sehr großes Thema. Ich persönlich wiederhole dabei immer: Es braucht eine ergebnisoffene Berufsorientierung, um eine gleichwertige Wahrnehmung von beruflicher und akademischer Bildung bei unseren jungen Leuten zu erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Stephan Albani [CDU/CSU]: Genau!)

Das war früher – das muss man leider sagen; aber ich als Lehrerin darf das sagen – an den Gymnasien immer ein kleines Problem, und ich lobe die Kolleginnen und Kollegen an den Gymnasien, die dort mittlerweile sehr ergebnisoffen beraten und unterrichten. Das zeigt, dass dieses Umdenken in den Schulen, bei den Lehrkräften und – auch die dürfen wir in dieser Debatte nicht vergessen – den Eltern der jungen Menschen angekommen ist. Oft ist es eben das Elternhaus, das die Entscheidungsfindung mit prägt. Wichtig ist, dass unter Abiturientinnen und Abiturienten ein Studium eben nicht mehr als einziger Weg zu einem erfolgreichen Berufsleben wahrgenommen wird. Ausbildung ist endlich wieder eine Alternative.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, als Lehrerin, die Schülerinnen und Schüler jahrelang im Praktikum begleiten durfte, weiß ich, wie wichtig die Frage der Berufsorientierung und des späteren Berufslebens für junge Leute ist. Daher bin ich so glücklich, dass oben auf den Tribünen so viele Schülerinnen und Schüler sitzen, unter anderem auch zwei zehnte Klassen aus der Schule, an der ich unterrichten durfte, aus der IGS Schaumburg.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zurück zu den beiden Anträgen. Neu ist das alles nicht.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Aber machen!)

Als stellvertretende Vorsitzende der Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ kann ich sagen: Wir haben das Thema in der letzten Wahlperiode mit vielen Kolleginnen und Kollegen, aber eben auch mit Sachverständigen sehr lange intensiv debattiert. Von daher ist es ein bisschen verkürzt, zu sagen: Wir fokussieren uns jetzt auf Digitalisierung. – Im Antrag der CDU/CSU werden klassische Buzzwords verwendet, wie: Verknüpfung von „Lernplattformen“, „Anwendungen von Künstlicher Intelligenz“ etc. pp. Das alles klingt ganz nett. Aber ich glaube, es führt nicht zum Ziel; denn am Ende des Tages geht es darum, dass wir über Wertschätzung sprechen, und Wertschätzung beginnt in der Gesellschaft: bei uns allen, die wir hier sitzen, in unseren Familien, bei den Lehrkräften, bei den Schülerinnen und Schülern. Das ist essentiell wichtig, damit wir eine breite Debatte in der Gesellschaft führen können und Kinder und Jugendliche frei von Druck und gesellschaftlichen Normen ihre Berufsentscheidungen fällen.

Wir brauchen viele Menschen in diesem Land, von Akademikerinnen und Akademikern bis hin zu Menschen mit beruflicher Bildung. Ich habe den größten Respekt vor den Menschen, die tagtäglich auf Häuser krabbeln und Dachdeckerarbeiten leisten. Für mich – ich könnte das nicht – bedarf es da einer großen Wertschätzung. Wir müssen endlich besser darüber sprechen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])

Auch das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Ergebnis unserer Enquete-Kommission. In ihrem Bericht steht nämlich explizit: Am Ende entscheiden sich junge Leute bei ihrer Berufsorientierung insbesondere aufgrund des Austauschs in der Familie und in der Peergroup, also mit ihren Altersgenossinnen und ‑genossen. Da müssen wir ran.

Wir als Ampel haben schon viele Dinge auf den Weg gebracht. Kollegin Rosenthal und Kollegin Reinalter haben vieles davon schon angesprochen, sei es die Weiterentwicklung der Nationalen Weiterbildungsstrategie, sei es die Exzellenzinitiative Berufliche Bildung. Sie sehen, die Ampel arbeitet. Wir gehen es gemeinsam an.

Frau Kollegin!

Ich komme zum Schluss. – Wir als SPD-Fraktion werden den Anträgen nicht zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Ihr müsst hier mal eine konstruktive Haltung an den Tag legen, nicht nur immer so ein Oppositionsgebaren!)

Die Kollegin Dr. Ingeborg Gräßle redet für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7550454
Wahlperiode 20
Sitzung 82
Tagesordnungspunkt Berufliche Bildung
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