26.01.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 82 / Tagesordnungspunkt 14

Anke HennigSPD - Queere Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich wirklich sehr, dass wir heute die erste queerpolitische Debatte dieser Legislaturperiode führen. Der Anlass dafür ist kein erfreulicher. Erfreulich wäre es gewesen, wenn ich hier im Plenum beispielsweise über das Selbstbestimmungsgesetz und die damit verbundene Abschaffung des Transsexuellengesetzes hätte sprechen können.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie des Abg. Jürgen Lenders [FDP])

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Die Linke, euer Antrag enthält viele Wahrheiten, über die gesprochen werden sollte und muss. Und genau das passiert ja auch gerade. Denn es ist richtig, dass wir auch endlich mehr über die Personen sprechen, die im Nationalsozialismus aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität verfolgt wurden. Dies muss ein selbstverständlicher Teil unserer Erinnerungskultur sein.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Allerdings frage ich mich, warum Sie ausgerechnet heute einen solchen Antrag einbringen. Schließlich gedenken wir morgen der Opfer des Nationalsozialismus – und in diesem Jahr auch ganz bewusst der queeren Opfer.

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion der Linken?

Ja.

Vielen Dank. – Liebe Kollegin, Sie haben eine Frage gestellt, die ich gerne schon in meiner Rede beantwortet hätte, wenn ich genug Redezeit gehabt hätte: Warum heute, warum jetzt?

Ich glaube, morgen werden wir zuhören; und das ist auch gut so. Wir werden morgen konfrontiert werden mit vielen Geschichten, mit vielen Erfahrungen, mit Gefühlen, und wir werden danach erst mal sprachlos und stumm sein und das verarbeiten müssen. Ich finde aber, unsere Aufgabe ist nicht nur das Zuhören. Zuhören ist total wichtig, aber ich finde, es ist auch wichtig, miteinander zu sprechen, einfach auszuhandeln, was wir als Parlament tun können, um uns den vergessenen Opfern des NS und vor allem auch den vergessenen Opfern der Nach-NS-Zeit zuzuwenden und ihnen Genugtuung zu geben. Das finde ich einfach wichtig, und das können wir natürlich nur in einer Debatte.

Heute ist ein Auftakt. Wir gehen in die Ausschussberatungen, und ich hoffe, dass wir da nach diesen vielen wirklich mutmachenden Reden aus den demokratischen Fraktionen was Gutes gemeinsam zustande kriegen. Wenn wir das damit angestoßen haben, ist alles prima.

(Beifall bei der LINKEN)

Das war keine Frage, und ich brauche nicht zu antworten. Ich nehme das aber zur Kenntnis, und ich finde es großartig, wie du gerade geantwortet hast.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Frau Kollegin, bevor Sie weiterreden: Es sollte nicht einreißen, dass man seine Redezeit künstlich verlängert, indem man sich zu einer Zwischenfrage meldet und dann keine Zwischenfrage stellt.

(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Sie hat mich angesprochen! – Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Bemerkungen sind zulässig!)

– Ja, ja. Also noch einmal: Nach dieser Devise könnten jetzt alle Ihre Kolleginnen und Kollegen aufstehen und weitere Zwischenfragen stellen, damit Die Linke dann 30 Minuten reden kann – oder wir alle. Das ist nicht der Sinn der Veranstaltung.

(Jessica Tatti [DIE LINKE]: Die Geschäftsordnung gibt es her!)

Frau Kollegin, Sie haben jetzt das Wort und können fortfahren in Ihrer Rede.

Dieser Tag des Gedenkens sollte aus meiner Sicht von uns allen ganz bewusst begangen und gedacht werden.

Dass wir explizit die trans*, inter* und nicht-binären Opfer des nationalsozialistischen Regimes in den Vordergrund stellen, ist gerade in diesem Jahr umso bedeutender, da wir als Ampelkoalition derzeit mit Hochdruck daran arbeiten, das unwürdige Transsexuellengesetz abzuschaffen. Denn gerade in diesem Gesetz sind und waren Praktiken verankert, die an die Methoden der Nationalsozialisten erinnern. Dieses Gesetz muss weg!

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich bin sehr froh, dass die queere Community in unserer heutigen Gesellschaft bewusster wahrgenommen wird und dadurch eine größere Anerkennung erfährt. Aber auch das kann nur ein erster Schritt sein. Das haben wir gerade durch die unsägliche Rede von Herrn Brandner lernen müssen.

Wir machen uns auf den Weg. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie alle, uns dabei zu unterstützen und uns gemeinsam für die Rechte, für die Menschenrechte queerer Menschen einzusetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7550495
Wahlperiode 20
Sitzung 82
Tagesordnungspunkt Queere Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung
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