26.01.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 82 / Tagesordnungspunkt 17

Stephan MayerCDU/CSU - Illegale Einwanderung

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Idee der AfD, außerhalb der Europäischen Union Flüchtlingszentren zu etablieren, hat ja auf den ersten Blick durchaus Charme.

(Julian Pahlke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)

Man muss auch ganz ehrlich sagen: Die Idee ist überhaupt nicht neu. Dänemark hat schon in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts derartige Flüchtlingszentren über das UNO-Flüchtlingshilfswerk gefordert. Der damalige SPD-Bundesinnenminister Schily hat im Jahr 2004 Flüchtlingszentren in Marokko und in Libyen gefordert.

(Nina Warken [CDU/CSU]: Genau!)

Der Migrationspakt der Europäischen Kommission vom September 2020 sieht derartige exterritoriale Flüchtlingszentren vor. Eigentlich ist es also ein alter Gassenhauer.

Warum scheitern diese Flüchtlingszentren auf außereuropäischem oder Außer-EU-Territorium? Aus meiner Sicht aus zwei Gründen. Zum einen finden Sie partout keine Länder, die bereit sind, diese Flüchtlingszentren auf ihrem Territorium zu etablieren. Und zum anderen ist überhaupt nicht klar und aus meiner Sicht auch überhaupt nicht klärbar, nach welchem Rechtsregime die Verfahren durchgeführt werden sollen. Sollen dann Beamte oder Mitarbeiter des Bundesverwaltungsamtes in einem Land in Afrika nach deutschem Recht oder nach englischem – jetzt nicht mehr –, italienischem oder spanischem Recht urteilen? Welche Rechtsbehelfsmöglichkeiten gibt es dann für abgelehnte Asylbewerber?

(Zuruf des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD])

Also, auf den ersten Blick mit einem gewissen Charme, auf den zweiten Blick ein alter Gassenhauer und vollkommen unrealistisch.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Was ich, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, aber weitaus schlimmer finde als den Antrag der AfD – und das besorgt mich wirklich zutiefst –, ist das komplette Untätigsein der jetzigen Bundesregierung in der europäischen Migrationspolitik. Wir stecken wieder in einer durchaus handfesten Flüchtlingskrise. Die Zahlen der humanitären Migration im letzten Jahr waren so hoch wie noch nie zuvor, höher als 2015 und 2016. Von der Bundesinnenministerin hört man aber nur, es gebe keine Flüchtlingskrise.

(Zuruf des Abg. Gunther Krichbaum [CDU/CSU])

Wo sind die Initiativen der Bundesregierung auf europäischer Ebene, wenn es darum geht, Registrierzentren nicht im nichteuropäischen Ausland, sondern an der europäischen Grenze zu etablieren? Wo sind die Initiativen der Bundesregierung, der Bundesinnenministerin, wenn es darum geht, einen europäischen Verteilmechanismus zu etablieren? Wo sind die Initiativen der Bundesregierung, wenn es darum geht, auch mal andere Länder dazu zu bringen, eine gemeinsame europäische Asylpolitik voranzutreiben?

Dass die Bundesinnenministerin und die Bundesregierung vollkommen untätig sind auf europäischer Ebene, ist wirklich etwas, was ich als ein eklatantes Versagen brandmarken muss,

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir sind total isoliert.

Es kommt mir so vor wie bei dem Witz: Zwei sitzen im Auto und hören den Verkehrsfunk, und dort heißt es: Na ja, zwischen den Anschlussstellen A und B fährt ein Geisterfahrer. Sagt der eine zum anderen: Was, ein Geisterfahrer? 100 Geisterfahrer!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir sind mittlerweile in der Europäischen Union komplett isoliert, mit Ausnahme eines Landes, das noch an unserer Seite steht – das muss man der Ehrlichkeit halber sagen –, und das ist Luxemburg. Luxemburg vertritt noch die gleiche Politik in der europäischen Migrations- und Flüchtlingspolitik wie Deutschland. Ansonsten sind von Schweden bis Griechenland und Zypern alle auf einer vollkommen anderen Linie.

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.

Und das ist etwas, wo man wirklich nur an die Bundesregierung appellieren kann: Wachen Sie endlich auf, und machen Sie endlich eine aktive Flüchtlingspolitik –

Herr Kollege Mayer.

– im Sinne der deutschen Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der CDU/CSU – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Stephan, sehr gut herausgearbeitet!)

Vielen Dank, Herr Kollege Mayer. – Letzter Redner des heutigen Tages ist der Kollege Helge Lindh, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7550524
Wahlperiode 20
Sitzung 82
Tagesordnungspunkt Illegale Einwanderung
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